Samuel Mylius (gest. 1615)
From Theatrum Paracelsicum
Samuel Mylius (gest. 1615) war Laienarzt und Alchemist.
M. wurde vermutlich um 1550 geboren. Er war zwar ärztlich tätig, hatte nach eigener Aussage in einer Eingabe an ein Nürnberger Ratsmitglied (undatiert, um 1610) aber keinen universitären Abschluss. Seine Kunst habe er bei drei Doktoren der Medizin gelernt, nämlich ↗ David, ↗ Jeremias und ↗ Samuel Siderocrates; inzwischen blicke er auf eine 41jährige Praxis zurück. Er habe «vor 20 Jahren» (also um 1590) in Prag praktiziert und sei zwei Jahre lang Leibarzt von Ladislav Popel von Lobkowitz («der Romischen Kayserlichen Majestät gewesener Praesident») gewesen. Zu Beginn des Jahres 1600 heiratete M. die Tochter des Nürnberger Künstlers Friedrich Hilbrant und wohnte in Fürth, wo er als Arzt tätig war. Seine Versuche, in Nürnberg zu praktizieren oder auch dort das Bürgerrecht zu erlangen, wurden vom Rat abgelehnt. Im Bergbau beteiligte sich M. als Gewerke am Zinnseifenwerk Fichtelsee (1598/1600) sowie
gemeinsam mit dem Bergmann Jacob Herrgott an der Errichtung einer Schmelze in Münchberg (1600). 1608 hatte er offenbar hohe Schulden angehäuft, so dass für ihn in Nürnberg ein Haftbefehl vorlag. M. wurde Anfang Dezember 1615 in Fürth Beerdigt. Im Sterbebuch der Pfarrei Fürth St. Michael hielt man fest, dass er als „ein exul und calvinista“ bekannt war.
Werke: Vom Januar 1606 datiert ein Arcanum, vom dem es heißt: «H[err] Samuel Mylius Medicus betheuret mit hohen schwern, Kayser Rudolff habe [es] mit seiner eigen hanndt laborirt, auch seine laboranten den N: Franckhen von Franckenhaussen, vilmals laborirn lassen, vnd allmal gerecht erfunden» (ÖNB Wien, Cod. 11290, Bl. 75v, geschrieben November/Dezember 1620; ↗ Johann Franck von Franckenhausen). Auch ↗ Benedictus Figulus stand mit M. in Kontakt (UB Kassel, 8° Ms. chem. 25, Bl. 237v: Rezept mit dem Vermerk: «S[amuel] Myl[ius] H.»).
M. stand mit ↗ August Fürst zu Anhalt in Briefkontakt; in einem Schreiben von 1613 schmiedete der Fürst Fluchtpläne für den auf einer Galeere inhaftierten ↗ Adam Haslmayr, an denen M. offenbar mitwirken sollte.
↗ Karl Widemann trug M. um 1620/25 in sein Verzeichnis spagyrischer Mediziner ein: «Samuel Mÿlius. Medicus zue Furtt, 1 Meil von Nörnberg. In Medicina sein saur Saft so rott vnd Terpentin Milii».
Personen gleichen Namens: Agatha Teufel, Tochter von Peter Teufel aus Eppingen, war in 1. Ehe mit dem späteren Bürgermeister von Bretten, Martin Hechel (gest. um 1585) verheiratet; ihre 2. Ehe schloss sie mit am 2. Mai 1587 mit Samuel Mylius, Sohn des bereits verstorbenen Prediger Jonas Mylius in Heilbronn. Da M. Beziehungen zu Heilbronn hatte (Äußerungen im Schreiben an den Nürnberger Rat, Verbindungen zu den drei Ärzten Eisenmenger), könnte es sich hier um M. handeln.
Julian Paulus
Literatur:
Hans Bösch: Samuel Mylius, ein ärztlicher Charlatan des 16. bis 17. Jahrhunderts, in: Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit, Neue Folge, 29, n° 10 (1882), col. 264-269 (Google Books)
Julian Paulus: Alchemie und Paracelsismus um 1600: Siebzig Porträts, in: Analecta Paracelsica: Studien zum Nachleben Theophrast von Hohenheims im deutschen Kulturgebiet der frühen Neuzeit, ed. by Joachim Telle (Heidelberger Studien zur Naturkunde der frühen Neuzeit, 4), Stuttgart: Franz Steiner 1994, p. 335-386, esp. p. 370-371 (Academia.edu, free) (A)
Weitere Literatur:
Theodor Hampe: Nürnberger Ratsverlässe über Kunst und Künstler im Zeitalter der Spätgotik und Renaissance (1449) 1474–1618 (1633), vol. 2 (1571–1618 (1633)) (Quellenschriften für Kunstgeschichte und Kunsttechnik des Mittelalters und der Neuzeit: Neue Folge, 12), Wien and Leipzig: Karl Graeser and B.G. Teubner 1904, esp. p. 285, 318, 385, 386 (online, free)
Nikolaus Müller: Georg Schwartzerdt, der Bruder Melanchthons und Schultheiß zu Bretten; Festschrift zur Feier des 25jährigen Bestehens des Vereins für Reformationsgeschichte (Schriften des Vereins für Reformationsgeschichte, 96/97), Leipzig: Verein für Reformationsgeschichte 1908, esp. p. 275 (archive.org, free)
Egon Philipp: Das Medizinal- und Apothekenrecht in Nürnberg: Zu seiner Kenntnis von den Anfängen bis zur Gründung des Collegium pharmazeuticum (1632) (Quellen und Studien zur Geschichte der Pharmazie, 3), Frankfurt am Main: Govi 1962, esp. p. 90-95
Günther Hoppe: Zwischen Augsburg und Anhalt: Der rosenkreuzerische Briefwechsel des Augsburger Stadtarztes Carl Widemann mit dem Plötzkauer Fürsten August von Anhalt, in: Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben 70 (1997), p. 125-157 (online)
Klaus Rauh and Gerhard Lehrberger: Geländespuren und Geschichte des Goldbergbaues in der Münchberger Gneismasse und im Frankenwald, Oberfranken, in: Geologica Bavarica 102 (1997), p. 77-100 (online, free)
Theatrum Paracelsicum
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Brief-Datenbanken
Frühneuzeitliche Ärztebriefe des deutschsprachigen Raums (1500-1700): kein Eintrag (22. April 2024)
Paulus, ‘Alchemie und Paracelsismus um 1600’, in Analecta Paracelsica (1994), 370-371 (Biogramm)