Paul Nagel to Arnold Kerner; 1621, June 30

From Theatrum Paracelsicum
Author: Paul Nagel
Recipient: Arnold Kerner
Date: 1621, June 30
Place: Torgau

Pages: 5
Language: German
Editor: Edited by Julian Paulus
Source: Leipzig, University Library, Ms. 0356, f. 31-33
Quote as: https://www.theatrum-paracelsicum.com/index.php?curid=7467
Names: Esaias Stiefel; Plaustrarius; Ezechiel Meth; Valentin Weigel; Jacob Böhme; Balthasar Walther; Bartholomaeus Brückner
Places: Erfurt

Edition

[f. 31r] S[alutem] & A[morem]. Ehrenvester GroßA[chtbarer] vndt Hochgelahrter H[err] vielgünstiger H[err] vnndt lieber wehrder freundt, deßelben beliebte schreiben sampt andern beylagen, seindt mir zu recht zukommen etc. Vernehme auff dißmal, dz der Herr HoffRahtt mitt meiner Person vber angedeüten dinngen weiter zu conferiren, vndt J. F. G. mitt mehren zu vnterrichten, Jhme furgesetzt. Jch meins theilß bin noch gantz vngeschicktt beides mitt dem H[errn]Hoffrahtt vndt J. F. G. zu conversiren, dan ich noch ichtt fortt kan, auch mich weder aus noch anzuziehen vermögens, will der wegen viell lieber in angedeüten dingen künfftig schrifftliche antwort vndt nachrichtung geben dan mich in eigener person selbsten darzu zubequemen, wie ich dann auch darzu keine sonderliche lust bey mir befinnde in betrachtung dz man ein ding, wie gutt es auch gemeinet leichtt müßbrauchen möge, welchs nicht zuverantworten; kan der wegen der H[err] Doctor in seinen schreiben, mir mein vnvermögenheitt furwenden, dz ich wegen leibsbeschwerung gar nichtt fort könne, welchs war ist, vndt keine lügen etc. Was der H[err] Hoffrahtt ferner in seinen schreiben meldett, man prophezeye aus prophezeyungen, vndt könne nichtt sehen aus welchen principijs man so große dinge auff gegenwertige Zeiten prognosticire etc. Drauff ist zu antworten, dz es war sey dz man prophez[eie] aus prophez[eiung] denn es müste ia erfüllet werden wz pet: actor: 3 von herwiderbringung aller dinge meldet, auch der dinge so Gott derw[egen] geredet durch den mundt aller seiner orpheten von anbein der weldt. Jtem dz zur letzten Zeitt werden viell dinge(?) kommen, vndt in schrifften der Propheten großen verstandt finnden. Jtem in apocal: 11. werden die beiden Zeügen wider lebendig vndt weißagen. Jtem ob der H[err] HoffR[ath] nicht gelesen im Jan: 7. & 12. wie dem vierten Thier dem Römischen Reich ein Ziel gesetzt wie lang es mitt Jhm werde wehren, wie es in den letzten Zeiten werde auffstehen alles zertreten, Zermalmen vnndt aufffreßen, biß es von Gott dem H[errn] gerichtett, vndt wirdt dz Reich dem heiligen volck des höchsten vnter den Himmel gegeben werden, so werden die Reich das H[errn] Christi sein vndt wirdt geprediget werden vom Reich in der gantzen weldt zum Zeugnüs allen Völckern etc. Dzselbe Reich wirdt auff kein ander Volck kommen sondern es wirdt alle Reich der weldt zermalmen. etc. Eben dises wirdt der H[err] HoffR[ath] auch aus der Apocalypsi verstanden haben, wie dz greüliche 7. köpffige 10hörnige Thier nicht biß ans ende der weldt, sondern biß auff eine gewiße Zeitt regieren werde do Jhn denn furgeschrieben die 4en Monden, die es nicht vberschreiten kan, Jtem die Zaal 666 etc. so dan wirdts gerichtett werden mitt den falschen propheten weil denn nun seine Zahl furhanden, vndt werden zur letztehn Zeitt drüber kommen vndt großen verstandt finnden, in die Bücher werden vnter den Firm[ament] des Himmelß eröffnet werden, wie soll denn die Zeitt solcher großen dinge verborgen bleiben?

Summa der H[err] Doctor wirdt auff solche obiect[iones] leichtt zu respondirenn vndt zu antworten wißen etc.

[f. 31v] Was nun hierauff dz iudicium H[errn] Stifelij vber etzliche Schrifften belangen thutt, so hab ich zwar wider den Herren nichts zu reden vndt whe dem der sich dem H[errn] widersetzen woltte. Wan aber Stifelius in seinen altten Namen aus eigenen affecten zur vnzeit vndt angebür eusserte, könte man etzliche fragen H[errn] Stifelio furhaltten; ob er nemblich, zuvor, do er eben so große dinge furgeben, niemalß geirret, ob seine furgeben alzeit gewiß erfolget? Nicht ohne ists dz Gott der Herr durch diesen Man große dinge gewürckett, auch ohn zweiffel noch würken werde, darfur dem lieben Gott einig lob vndt danck. Haldt aber dafur wie vorgemeldt, dz offt Stiefelius alß ein Mensch auch in etzlichen dingen irre, in sonderheidt wz aus eigenen affecten, oder auch aus den Seelen geist entspringet denn welcher M[ensch] ist doch gewesen vnter allen heiligen, der niemalß geirret. Also weiß ich nichtt ob einen wahren Geisten im geiste Gottes lebendt nicht vergönnet in göttlichen Lichte die natur vndt wunderwerck Gottes zu seinem preiß, lob vndt ehr, zu betrachten. Muß denn der von der natur redet, so balde in natur vndt Creatur geist ersoffen sein? vndt soll keinen H[eiligen] geist Gottes haben. Bekennen sie doch selbsten, die natur werde zu seiner Zeitt, den Kindern Gottes mitt Jhren geheimnüßen bloß vndt entdecktt stehen etc. So schreibtt Stifelius auch weiter von sich vndt bekennett, die Elementa vnd Creaturen, wehren stumme tode dinge etc. soltte nun Gott der H[err] solche stumme tode dinge geschaffen haben durch seine Weißheitt vndt All[mächtige] wort? glaub ich nichtt. Der königliche prop[het] Dauidt meldet, wie die Himmel erzelen die ehre Gottes etc. Ψ[alm] 9. Ja er vermanet alle Element vndt Creaturn den Höchsten zu loben, soltte er denn mitt stummen toden dingen also reden? Verum sine mendacio: Loquitur Deus per astra, per Elementa & creaturas omnes etc. Alle Creaturen seindt lebendig vndt redent auf Jhre art, welche sprache die erleüchtete Seele wol verstehett. Jn meiner philosophia noua, hab ich nichtt zur Creatur gefuhrtt sondern angezeigt wie dieselbe zu Gott führe, vndt wz sie im Reich Christi vndt der natur zuverstehen gebe. Solchs aber mus Heidtnisch, Theo- phrastisch, Zauberisch sein. Jch mus hie betrachten wz H[err]n Stifelium zu solchen schreiben bewogen, dz erste ist dz prognosticon Plaustrarii nun ists an deme, dz viel fratzen, boßen vndt lügen in selben wer begriffen, insonderheitt do er auffgezogen kompt Fridericus sey der Löw aus dem walde, er sey der Man der den Adler anschreyet, er sey der Windt zur letzten Zeitt behaltten, er sey Moses, er sey Elias er werde die Kinder Js[raels] ausführen &c. seindt lauter lügen.

Das auch meine person in solch sein Judicium gerahten, seindt etzliche vrsachen, erst dz er vermeint man wolle durch solche schrifften Jhme einen anhang machen vndt die Leüte zu sich locken, sed errat & fallitur, die ienigen die zu mir kommen hab Jhc all zu Jhme gewiesen. Die ander vrsach ist, dz ich vnlangsten mitt zweyen von Erffurt, so Jhm anhengig, geredet, erst von der apologia H[err]n E[zechiel] Methts do ich ettwan gedachtt es würden sich etzliche gute Leütt an solch schreiben stoßen vndt wehre beßer es wehre zu rück blieben. Zum andern ist erwehnet worden ob es rechtt dz man alles, wz andere gelehrtt [f. 32r] verdamme, verwerffe, vndt dem Teuffel zu schriebe, ob diß der liebe des Nechsten zu wider? ob nichtt Ezech[iel] Mehtt erst viell Schrifften Weigelij colligirt, lieb vndt wehrdt gehaltten, do er doch ietzt bekundt er sey niemalß dem Weigel zugethan gewesen? Jch affirmirte es hette Weigelius viel gutes dinges geschrieben Er hette auch dz lob wz er gelehrett hette er auch gelebett. Jtem ich erwehnte dz in Schrifften Jacob Böhmens noch viel gute dinge wehren, so nicht gantz zu verwerffen etc. Diß alles wie ich vermercke ist dem Stifelio von gedachten personen referirt worden, vndt ist darzu kommen, dz Herr Balth[asar] Walther Gräff[licher] LeibMedicus des Jacob Böhmens schrifften H[err]n Stifelio gezeiget solche approbiret vndt gelobet, drüber Stifel[ius] hefftig erzürnet vndt H[err]n Bal[thasar] Wal[ther] davon abgemahnet. Draus verstehett nun der Herr Doctor die vrsach so H[err]n Stif[elium] zuschreiben bewogen, Dz er auch meine computation angreifft fur Närrisch, phantastisch vndt vngüldig verwürfft, hatt er auch vrsachen, erst weill er solche nichtt verstehet derer ich doch guten grundt habe, denn entweder eine Zahl ist commensurirt, oder durch den apocalyptischen Schlüßel, id est die Zahl Christi, eröffnett, wie ich in dem büchlein, do die 12 stunden des andern Tages vielfeltig computirt werden, beweisen vndt ausführen wil. Er gibett fur Plaustrarius hab den Neuen Reformatorem ausgerechnet dz es Fridericus sey, wie auch Nagel der gleichen rechnung habe. Wo hatt ers aber gelesen, dz Jch der gleichen ausgerechnet, worumb schreibett man nichtt warheitt? Zu endt setzt er solche computation lauffte wider die oberkeit, gereiche zum vnfride, man handele freundtlich, aber wer kan dises aus meiner computation erzwingen? Er gibtt ferner fur Gott der Herr offenbare sich nichtt mit dem Reich Christi in Zahlen sondern in seiner Breüdt etc. R[espondeo] ia, in seiner Braudt. Worumb ist aber dz Neue Jerusalem abgemeßen, vndt in Zahlen verfaßet? worumb sindt die Heiligen in die Zahl der 144000 geschloßen? was ist die Zaal 666? bedeütett sie nichtt dz Reich christi in dreyen seculis? Wz ist die Zahl 1260, ist sie nicht der beiden lebendigen Zeügen? Wz seindt die 42 Monadt, vndt woher kommen dise? wz seindt die 2300 Tage von morgen gegen abendt zu rechnen, do dz Heiligthumb wider wirdt geweihet werden. Wz seindt die 70 wochen? wz die 1290 vndt 1335 Tage? Seindt nichtt dises alles gewalttige Sigel, dorinn die grösten wunder vndt weißagungen verschloßen? Werden wir nichtt auch geheißen, so wir verstandt haben, die Zaal 666 zu computiren, weil weißheitt dorinen.

[f. 32v] Stifelius verstehett dise Zahlen nicht, kan sie auch nichtt vberlegen, so laße ers doch dem, welchen der verstandt dorinn gegeben, ins werck richten, denn es ist ia nicht einem alles gegeben, sondern es werden viel drüber kommen vndt großen verstandt finden#wie soltt ich denn alles verwerffen vndt verdammen, wohnet denn der geist G[ottes] mir in einem? &c. Mein jntent der Computation gelangett zu keinem andern ende denn die Zeiten zu prüfen, vndt zu forschen, auff welche Zeitt der geist gedeütett, vndt also dem vnwißenden zum besten furzustellen anders will ich dardurch nichts weder gesucht noch gemeint haben

Wer mir ein anders zu mißet der mags verantworten. Mich wundert, dz man dz bandt der liebe zu erhaltten in den einigen geist, falsche trennung machtt. Jch wil dem H[err]n Doctorj die Hauptvrsach anzeigen warumb Stifelius niemalß mitt meiner computation hatt können einig sein, vndt ist dise, dz er seinen Discipulis, Jungern vndt Schülern oder Kindern geistlich von Jhme geboren, wie er bezeigt, gewiß furgeben, auch ohn Zweiffel noch bekrefftiget der millenarius des Reichs Christi, oder der Ruhne Tag der Kinder Gpttes werde vber die 300 Jahr zu erfüllung der 6000 Jahr noch gantzer tausendt Jahr auff Erden bestehen, denn es müste der 7 tag so wohl in 1000 Jahren erfüllet werden alß die andern 6 tage. Nun findet er in meiner Computation ein anders; vndt ich setze ferner man müße betrachten dz diser millenarius nicht ein schlechtt sondern mystische Zahl sey wie die andern. Man hab auch zu betrachten dz die 6 tage der weldt verkurtzt, vndt der 7. alß der Ruhtag in den 6 versetzt sey wirdt auch noch fur den ennde des 6 zu ende lauffen; denn man hab ferner zu betrachten, dz hinfurt keine Zeitt mehr sein werde sondern vnter der 7. posaun werde alles zum ende lauffen: Jtem man habe zu betrachten dz solcher Ruhtag in der kurtzen vndt halben Zeitt bestehe, welche der Einen Zeitt nichtt gleich sein kan. So werden wir in solcher halben Zeitt dz volkommen Altter Christi erlangen. Seindt darneben zubetrachten die geheimnüs des Reichs Christi in Altten Test[ament] so all in der Zahl 40 bestunden &c. Aus disen vrsachen kan Stifelius mitt mir nichtt concordiren. Summa die gantze apocalypsis wirdt durch Zahlen auffgeschloßen, vndt hette Stifelius die Zahlen recht computiren können, er hette sich selbsten beßer in die Zeitt richten können, dz sich nicht andere drüber beklaget.

{{Pagemark|fol|33r}] Vonn der Medicin die er beneben den Chymischen kunst auch gantz verwirfft, will ich ietzo nichts schreiben, der Herr Doctor wirds selsbten am besten verstehen. Doch soltte er zu vor eine prob tun, vndt mitt hend aufflegen Curiren.

Was er sonsten schrifftmeßiges setzt bliebtt innig war, denn kein Mensch auff Erden ist ohne den geist Gottes iemalß seelig worden, wirdt auch noch nicht ohne den selbigen zum seeligen leben gelangen. Jtem den most faßet man nichtt in altte schleüch; dz altte zerrißen kleidt flickett man nichtt mitt neuen lappen etc.

H[err]n Prückners schreiben vberschick ich hinwiderumb, hab dorinn nichts sonderliches finden können er ist auch schon so heiig worden, dz er vns mir(?) Seelen Menschen nemet vndt die sich Rottiren Nagelianer, heist dz die lieben des menschen, aber wie dem allen die liebe vertregtt alles, Jch will vndt muß alles mitt geduldt ertragen, ob ich schon von freunden vndt feinden(?) verlestert werde, werden(?) ob Gott wwill in kurtzer Zeitt durch den geist des frides vnd der einigkeitt vereiniget werden.

E. E. G. vntter deßen in schutz vnd schirm des Höchsten von hertzen empfehlende.

Torg[au] in eyll den 30 Junij 1621.

E. E. G. dienstgeflißner

Paull Nagel

Bitt diß schreiben niemandt zu zeigen friede zuerhaltten, Jch haß vnd verlfuch den vnrieden.

[f. 33v] Dem Ehrennvestenn GroßAchttbarnn Vnndt Hochgelahrtenn Herrnn Arnoldo Kernern, Philosophiae vnndt Medicinae Doctorj Excellentiss[imo] meinem großgünstigen Herren vndt liebenn wehrden Freunnde zu

Leiptzigk

Jnn der Nicoll straßen

[von anderer Hand:] rechnung der millenarii contra Stifelium