Biographies/Agatha Streicher
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Corpus Paracelsisticum, v. 2, ed. Wilhelm Kühlmann and Joachim Telle, Tübingen: Max Niemeyer 2004, 457-458
Agatha Streicherin] Agatha Streicher (um 1520 - April 1581): Angehörige der Schwenckfeldianerfamilie Streicher in Ulm (K. Schwenckfeld starb 1561 im Streicherschen Haus). In der Historiographie oft als eine »Kurpfuscherin« verkannt (so z.B. Senfelder, 1898, S.53; NDB, Bd. 3, 1957, S. 403 [G. Eis]; Sachs, 1997, S. 233). - Im Jahr 1561 schwor Agatha S. (im Unterschied zu ihrem Bruder J. A. Streicher) dem Ulmer Rat, den Kranken »nach irer besten verstandnus [zu] raten und [zu] helfen«, insbesondere aber nicht gegen Interessen Ulmer Apotheker zu verstoßen. Die Tatsache, daß S. mithin »eine öffentlich anerkannte Praxis als geschworene Ärztin« ausübte, wurde zu Recht als ein im 16. Jahrhundert >sehr seltenen Fall beurteilt (Sporhan-Krempel, 1960, S. 55). Jedenfalls genoß S. ob ihrer Medizin einiges Ansehen und besaß 1576 »von villen Fürsten vnnd Herrn Testimonia Irer Artzney« (Der [...] Majestät Maximiliani Abscheiden, 1576, ed. Becker, 1877, S. 313). Eine »kaiserliche Leibärztin« war S. freilich nicht (anders Dieterich, 2001, S. 65).
Es wurde vermutet, hinter der ärztlichen Karriere S.s habe ein »gewaltiger Lehrmeister«, nämlich Paracelsus gestanden (Sporhan-Krempel, 1960, S. 55) bzw. behauptet, Hohenheims Lehre habe auf S. einen »tiefen Eindruck« gemacht (Dieterich, 2001, S. 66). Indes fehlt dieser weitgreifenden Meinung, in S.s Medizin habe Paracelsischer Einfluß eine Rolle gespielt, aller Anhalt: Ihren Verordnungen etwa am Krankenlager Maximilians II. mangeln paracelsistische Züge (siehe Senfelder, 1898, S. 62, 63), und selbst ein unerbittlich-scharfer Gegner S.s wie der Antiparacelsist Crato zählte S. in seinem Bericht über ihre therapeutische Praxis (Brief an Johannes Sambucus, Regensburg, 20. Oktober 1576, ed. Becker, 1877, S. 338-343) nicht zur Paracelsischen Schule. Auch die Medizin von Agatha S.s älterem Bruder, dem Arzt Johann Augustin S. (geb. vor 1522, gest. 22. Januar 1565), zeigt sich von Paracelsus unberührt (Vermeer, 1970, S. 6).
Trotz ihrer >Schwenckfelderei< wurde S. vom Ulmer Rat bei der Behandlung hochgestellter Personen unterstützt (etwa bei der Cur eines Bruders des Bischofs von Mainz, 1574; Sporhan-Krempel, 1960, S. 58). Belangvoll ist vor allem der Umstand, daß auch Marquard von Hattstein (Bischof von Speyer; spätestens seit 1572 ein Anhänger Schwenckfelds; siehe Nr. 51 : Biogramm) zu ihren Patienten gehörte, der wiederum spätestens seit 1573 mit Toxites Verbindungen unterhielt und zu dessen Dedikationsadressaten gehörte (siehe Nr. 51, 63).
Der vorliegende Brief dokumentiert aus anderwärtigen Quellen nicht bekannte Beziehungen zwischen Toxites und S., weist also auf partielle Konvergenzen zwischen dem von Toxites repräsentierten Paracelsismus am Oberrhein und der Medizin einer schwenckfeldischen Außenseiterin. Sie beruhten wohl nicht nur auf Informationen Toxites' nahestehender Schwenckfelder (M. von Hattstein, S. Siderocrates), sondern wohl auch auf einer näheren Bekanntschaft (»Nun kenn ich [Toxites] sie dermassen das«...), doch entziehen sie sich einer näheren Kenntnis.
Toxites' Brief erinnert daran, daß S. einen noch prominenteren Patienten als K. Schwenckfeld besaß: Kaiser Maximilian II. Nach Mielke (1977, S. 315) wurde S. 1576 auf Empfehlung Marquard von Hattsteins an Maximilians Krankenlager nach Regensburg gerufen. Hingegen hielt Sporhan-Krempel (1960, S. 58 f.; ohne genauen Nachweis) dazu fest: »Der Kaiser litt [...] schwer am Zipperlein oder an der Gicht und kam sehr krank [...] nach Regensburg. Seine Umgebung suchte Rat und Hilfe für sein Leiden. Da lobte der Landvogt von Schwaben, Georg Ilsung, dem Kaiser die Heilkunst der Agatha Streicher. Auch der ebenfalls anwesende Propst von Trient, Franz von Prinkenstein, stimmte ihm bei. Graf Günther von Schwarzburg rühmte, sie [S.] habe ihm [...] von derselben Krankheit [geholfen], an welcher der Kaiser litt. Daraufhin ließ Max II. nach Ulm schreiben und um Entsendung Agathas nach Regensburg bitten«, und bald wurde sie auf Kosten des Ulmer Rats auf einem Schiff im September 1576 nach Regensburg gebracht (ebd., S. 59). Nun waren zwar gelegentlich Paracelsisten in Maximilians Gesichtsfeld getreten (siehe CP, Bd. 1, Nr. 12: Biogramm), namentlich in Gestalt des Adam von Bodenstein (siehe ebd., Nr. 12, Nr. 18) und M. Toxites (Sudhoff, 1894, Nr. 118: Widmung der Archidoxa Hohenheims an Maximilian, Straßburg, 28. Januar 1570). Indes spielten weder bei der Entscheidung, S.s ärztliche Hilfe zu beanspruchen, noch bei den therapeutischen Maßnahmen S.s spezifisch paracelsistische Überlegungen eine Rolle.
Es wurde vermutet, hinter der ärztlichen Karriere S.s habe ein »gewaltiger Lehrmeister«, nämlich Paracelsus gestanden (Sporhan-Krempel, 1960, S. 55) bzw. behauptet, Hohenheims Lehre habe auf S. einen »tiefen Eindruck« gemacht (Dieterich, 2001, S. 66). Indes fehlt dieser weitgreifenden Meinung, in S.s Medizin habe Paracelsischer Einfluß eine Rolle gespielt, aller Anhalt: Ihren Verordnungen etwa am Krankenlager Maximilians II. mangeln paracelsistische Züge (siehe Senfelder, 1898, S. 62, 63), und selbst ein unerbittlich-scharfer Gegner S.s wie der Antiparacelsist Crato zählte S. in seinem Bericht über ihre therapeutische Praxis (Brief an Johannes Sambucus, Regensburg, 20. Oktober 1576, ed. Becker, 1877, S. 338-343) nicht zur Paracelsischen Schule. Auch die Medizin von Agatha S.s älterem Bruder, dem Arzt Johann Augustin S. (geb. vor 1522, gest. 22. Januar 1565), zeigt sich von Paracelsus unberührt (Vermeer, 1970, S. 6).
Trotz ihrer >Schwenckfelderei< wurde S. vom Ulmer Rat bei der Behandlung hochgestellter Personen unterstützt (etwa bei der Cur eines Bruders des Bischofs von Mainz, 1574; Sporhan-Krempel, 1960, S. 58). Belangvoll ist vor allem der Umstand, daß auch Marquard von Hattstein (Bischof von Speyer; spätestens seit 1572 ein Anhänger Schwenckfelds; siehe Nr. 51 : Biogramm) zu ihren Patienten gehörte, der wiederum spätestens seit 1573 mit Toxites Verbindungen unterhielt und zu dessen Dedikationsadressaten gehörte (siehe Nr. 51, 63).
Der vorliegende Brief dokumentiert aus anderwärtigen Quellen nicht bekannte Beziehungen zwischen Toxites und S., weist also auf partielle Konvergenzen zwischen dem von Toxites repräsentierten Paracelsismus am Oberrhein und der Medizin einer schwenckfeldischen Außenseiterin. Sie beruhten wohl nicht nur auf Informationen Toxites' nahestehender Schwenckfelder (M. von Hattstein, S. Siderocrates), sondern wohl auch auf einer näheren Bekanntschaft (»Nun kenn ich [Toxites] sie dermassen das«...), doch entziehen sie sich einer näheren Kenntnis.
Toxites' Brief erinnert daran, daß S. einen noch prominenteren Patienten als K. Schwenckfeld besaß: Kaiser Maximilian II. Nach Mielke (1977, S. 315) wurde S. 1576 auf Empfehlung Marquard von Hattsteins an Maximilians Krankenlager nach Regensburg gerufen. Hingegen hielt Sporhan-Krempel (1960, S. 58 f.; ohne genauen Nachweis) dazu fest: »Der Kaiser litt [...] schwer am Zipperlein oder an der Gicht und kam sehr krank [...] nach Regensburg. Seine Umgebung suchte Rat und Hilfe für sein Leiden. Da lobte der Landvogt von Schwaben, Georg Ilsung, dem Kaiser die Heilkunst der Agatha Streicher. Auch der ebenfalls anwesende Propst von Trient, Franz von Prinkenstein, stimmte ihm bei. Graf Günther von Schwarzburg rühmte, sie [S.] habe ihm [...] von derselben Krankheit [geholfen], an welcher der Kaiser litt. Daraufhin ließ Max II. nach Ulm schreiben und um Entsendung Agathas nach Regensburg bitten«, und bald wurde sie auf Kosten des Ulmer Rats auf einem Schiff im September 1576 nach Regensburg gebracht (ebd., S. 59). Nun waren zwar gelegentlich Paracelsisten in Maximilians Gesichtsfeld getreten (siehe CP, Bd. 1, Nr. 12: Biogramm), namentlich in Gestalt des Adam von Bodenstein (siehe ebd., Nr. 12, Nr. 18) und M. Toxites (Sudhoff, 1894, Nr. 118: Widmung der Archidoxa Hohenheims an Maximilian, Straßburg, 28. Januar 1570). Indes spielten weder bei der Entscheidung, S.s ärztliche Hilfe zu beanspruchen, noch bei den therapeutischen Maßnahmen S.s spezifisch paracelsistische Überlegungen eine Rolle.
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