Corpus Paracelsisticum, v. 2, ed. Wilhelm Kühlmann and Joachim Telle, Tübingen: Max Niemeyer 2004, 380-381
Otto Truchsess von Waldburg (25. Februar 1514 — 2. April 1573 in Rom), Bischof von Augsburg seit 1543; studierte seit 1524 in Tübingen, dann - vor allem die Rechte - unter anderem in Dôle, Padua (1531), Bologna (1535, Promotion zum Dr. iur.) und Pavia (enge Kontakte mit dem berühmten Juristen Andrea Alciati). Als Inhaber mehrerer deutscher und italienischer Pfründen trat er Kaiser Karl V. nahe und wurde in Rom zum päpstlichen Kämmerer erhoben. Streng altkirchlich gesinnt, wurde T. 1543 zum Nachfolger des Augsburger Bischofs Christoph von Stadion geweiht und ein Jahr später zum Kardinal ernannt, versuchte seitdem, oft im Bunde mit Albrecht V. von Bayern, die reformatorischen Entwicklungen aufzuhalten. Die Gründung und finanzielle Sicherung der Dillinger Universität (eröffnet 1554) spielten dabei eine wichtige, seit 1563 von den Jesuiten wahrgenommene Rolle und wurde begleitet von der energischen Förderung des katholischen Schrifttums (s. Duhr, 1886: Werkliste). Nicht zuletzt unter dem Eindruck finanzieller Bedrängnisse und Konflikte mit dem Domkapitel, auch hervorgerufen durch eine üppige Förderung der Künste und seine persönliche Sammlerleidenschaft, siedelte T. 1559 nach Rom über und kehrte von da an nur zeitweise in sein Bistum zurück, um die Tridentinischen Reformen durchzusetzen (Reformsynode 1567). - Toxites verband mit dem energisch-frommen Katholiken T. die Erinnerung an eine studentische Dienst- und Arbeitsbeziehung. Das erwähnte Huldigungsgedicht auf T.' Wahl zum Bischof (von Schmidt, 1888, nicht gefunden, auch von uns trotz weitläufiger Suche nicht ermittelt, jedoch Inhaltsskizze und Textproben bei Ellinger, 1929, S. 186), gedruckt bei Gelegenheit des Reichstags von Speyer (1544), wird in Dankbarkeit der Förderung gedacht haben, die Toxites während der italienischen Studienzeit als Famulus T.' (Pavia 1535) erfahren hatte und die später auch zur Verleihung des Titels eines Poeta coronatus durch Karl V. beitrug.
Über T.' naturkundliche Interessen ließ sich Sicheres bisher nicht ermitteln. Ferguson (1906, S. 353) berichtet, daß der Lothringische Mediziner Nicolas Guibert (ca. 1547 - ca. 1620) für T. Paracelsica ins Lateinische übersetzt habe; ähnlich auch Halleux (1995), S. 16 und 26. Diese Nachrichten können sich auf einen Bericht von Guibert stützen, der im Rückblick auf seinen Aufenthalt in Italien und auf seine mittlerweile aufgegebenen, ja dezidiert abgelehnten alchemischen und paracelsistischen Studien erklärte, daß er sich auf Kosten und im Auftrag von T. um die lateinischen Übersetzungen von Schriften des Paracelsus gekümmert habe: »Et cum suis Labyrinthis et experientiae falsis illecebris me inescasset impostorum Maximus Paracelsus, hujusque libros multos Germánicos mihi accumulassem, ac sumptibus et liberalitate Illustrissimi Othonis Truchses Cardmalis Augustani in latinam linguam verti curavissem, tandem jam principia quaedam sanitatis sentire eoepi.« So Guibert in: De interitu Alchymiae Metallorum Transmutatoriae Tractatus Aliquot multiplici eruditione referti. Tulli (Toul) 1614, hier im Anhang (gesonderte Paginierung): Apologia in Sophistam Libauium, Alchymiae refutatae furentem calumniatorem, quae loco Praefationis in eosdem tractatus esse possit, hier S. 22. Den Hinweis auf diese Stelle verdanken wir einer freundlichen Mitteilung von Herrn Dr. Didier Kahn (Paris). Zeugnisse der Guibertschen Übersetzungen, wenn sie denn zustande gekommen sind, konnten nicht ermittelt werden. Zu Guibert s. Kahn (Thèse 1998, revidierte Druckfassung, demnächst, bei Droz, Genf, erscheinend: s. Register).
Lit.: Bernhard Duhr: Die Quellen zu einer Biographie des Kardinals O. Tr. v. W., in: Historisches Jahrbuch der Görresgesellschaft 7 (1886), S. 177-209; ADB 24, Bd. 24 (1887), S. 634-640 (Stauffer); Bernhard Duhr: Die Quellen zu einer Biographie des Kardinals O. Tr. v. W., in: Historisches Jahrbuch der Görresgesellschaft 7 (1886), S. 177-209; ders.: Reformbestrebungen des Kardinals O. Tr. v. W., in: ebd., S. 369- 391; Schmidt (1888), S.4, 33 f.; Thomas Specht: Geschichte der Universität Dillingen (1549-1804) und der mit ihr verbundenen Lehr- und Erziehungsanstalten. 2 Bde. Freiburg i. Brg. 1902, bes. Bd. 1, S. 3-69; Bernhard Schwarz: Kardinal O. Tr. v. W, Fürstbischof von Augsburg. Sein Leben und Wirken bis zur Wahl als Fürstbischof von Augsburg (1514-1543). Hildesheim 1923 (Geschichtliche Darstellungen und Quellen, 5); Baader (1943), S.240 u. ö.; Schottenloher (1953), passim (s. Register); Friedrich Zoepfl: Bücher aus dem Besitz des Kardinalerzbischofs Otto Truchseß von Waldburg, in: Jahrbuch des Historischen Vereins Dillingen an der Donau 52 (1949), S. 213-219; ders.: Kardinal O. Tr. v. W., in: Schwäbische Lebensbilder 4 (1955), S. 204-248; Zoepfl (1969), S. 173-446; Noes M. Overbeeke: Cardinal O. Tr. v. W. and his role as dealer for Albrecht Vof Bavaria (1568-73), in: Journal of the history of collections 2 (1994), S. 173-179; Gatz (1996), S. 707-710 (Peter Rummel).