Texte/Sudhoff/Theophrast v. Hohenheims Syphilisschriften (1902)

From Theatrum Paracelsicum
Karl Sudhoff

Theophrast v. Hohenheims Syphilisschriften (1902)

[S. 1899] Schon vor seiner Berufung nach Basel hat Hohenheim Schriften verfasst, doch nichts über Syphilis. Auch in Basel finden sich nur Erwähnungen nebenher, keine selbständige Abhandlung über diese Krankheit. In der „Bertheonea“, welche in die letzten Baseler Monate zurückgeht, ist der in Aussicht genommene Abschnitt über den Morbus gallicus nicht zur Ausarbeitung gelangt: ein kurzer Entwurf dazu scheint in dem kursorischen Traktat ..Chirurgiae liber tertius de morbo gallico“ erhalten. Zum ersten Male hat er in Kolmar seine Gesamtanschauungen über die vielgestaltige „neue Krankheit“ in den 10 Büchern „von Blatern, Lähme, Beulen, Löchern und Zittrachten der Franzosen“ dargelegt: aber da ihn die Hoffnung trog, dies Werk durch die Mitwirkung eines einflussreichen Mannes in der Kolmarer Stadtverwaltung gedruckt zu sehen, hat er diese Ausarbeitung später gänzlich ignoriert und systematisch das ganze Gebiet in einer Reihe von Monographien zur Darstellung gebracht. Zunächst beschäftigte ihn die Guajackur, über welche sieh schon eine kleine Niederschrift aus der Zelt des Wegganges aus Basel vorfindet, „De Xylohebeno“ betitelt; eine populäre Guajacschrift gab er 1529 in Nürnberg zum Druck, welcher er sofort eine polemische Darstellung der gesamten wirren Syphilistherapie jener Tage anschloss: „Von der französischen Krankheit, drei Bücher“, die er auch „Von Imposturen“ benennt und noch zu Ende November 1529 in Druck gab. Zwei andere Syphilisschriften, die S Bücher „Von Ursprung und Herkommen der Franzosen“ und der chirurgische Teil des . Spitalbuches“ sollten gleichfalls noch 1530 in Nürnberg erscheinen, aber der Einspruch der Leipziger medizinischen Fakultät vereitelte dies Vorhaben. Doch sind diese Schriften handschriftlich überliefert und einige 30 Jahre später von seinem Schüler Adam v. Bodenstein veröffentlicht worden, der auch die Kolmarer Schrift auffand und publizierte. Hohenheims Syphilisschriftstellerei war damit zum Abschluss gekommen, wenigstens vorläufig. Vielleicht hätte er die Lues im Amberger „Büchlein vom Mercurio“ gestreift, wenn es zur Vollendung gekommen wäre. Jedenfalls kennen wir aus späteren Jahren von Schriften Hohenheims über die Franzosenkrankheit nur noch das 3. Buch der „grossen Wundarznei“, welches er 7 Jahre später im Juni 1537 zu Mährisch-Kromau auszuarbeiten begann; doch bricht das Ueberlieferte zu Beginn der Darlegungen über die Therapie der Syphilis ab. — Alles in allem bietet dieses reiche Schriftenmaterial Hohenheims über die Weltkrankheit Syphilis eine Tiefe der Erkenntnis vom Wesen dieser proteusartigen „Geschlechtspest“ und eine Fülle des Selbstbeobachteten, wie sie für jene Zeit ganz einzig dasteht.

(Schluss folgt.)