Johannes Rehefeldt to Arnold Kerner; 1622, March 05
Author: | Johannes Rehefeldt | |
Recipient: | Arnold Kerner | |
Date: | 1622, March 5 | |
Place: | Erfurt |
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Pages: | 3 | |
Language: | German |
Editor: | Edited by Julian Paulus |
Source: | Leipzig, University Library, Ms. 0356, f. 43-44 |
Quote as: | https://www.theatrum-paracelsicum.com/index.php?curid=7477 |
Names: | Balthasar Walther; Esaias Stiefel |
Edition
[f. 43r] Großgünstiger Herr vndt Hertzliebster Freundt, als Brueder, daß Jch bi dahero auff etliche seine freundbrüederliche Briefflein Mich nicht resolvieret, ist nicht auß Vergessenheit, oder andern vhrsachen, sondern dahero entstanden, weill Jch meiner Zusage mich erinnernde den Qvaternarium Qvaestionum novellarum in dem lieben Nahmen Gottes, nach dem Testimonio 1. Scripturae, 2. Ecclesiae, 3. Conscientiae & Experientiae, zu Examinieren, vohrgenommen, in ein Tractätlein vngefehr von 12 bogen verfaßett, daßselbige nebenn einem Schreiben meinem Großgünstigen Herren, vnd Hertzliebsten Freunde sub censuram, in gutem freundlichem Vertrauwen, zuzufertigen, vnd also auff ein mahl Jede Pünctlein nach meiner wenigkeit, vnd dem Vermögen so Gott darreichet, zubeantwortten, entschloßen. Darüber ist Mir nun die Zeit von wochen zu wochen dermassen verfloßen, das Jch meine Jntentionem mitt nichten ins werck habe versetzen können.
Des ob Jch gleich darmit, so viel müglich gewesen, vnd rej gravitas hatt leiden wollen, geeilet, seind doch praeter omne animj mej Notum & opinionem, so viel Verhindernissen (welche vielmehr tentationes, als occupationes zunennen) Darbey mitt eingeschlichen, daß allererst, Vngefehr fur 14 tage dz wercklein absolvieret worden.
Jnterea ist Mir deß Herren letzte Missiv, neben H[errn] Waltherj Packetlein zur Hand geliefert, so Mich meiner Promiss nochmahls erinnert, dehme Jch denn, zu schüldiger Nachfolge, wer nachgesetzet hette, wen nicht für eins, specialior pars nur allein mundieret, generalior aber noch sub lima mehrer zum andern, der Postbote sich zu sehr beschwerrett, ein solch convolütlein ohne vbermeßigen sold mit sich zunehmen. wolle demnach mein Großgünstiger Herr Silentium meum & moram meam mir großgünstig verzeihen, in liebe vnd Christlicher gedult aufnehmen, vnd deßelbigen bey erster vorfallender fuhr oder dergleichen commoditet, erwarten.
Damitt Jch Jhm aber kürtzlich vnterdeßen, vnd mitt 4 wortten entdecke, waß Mich die Schrift, die Concordants der reinen Evangelischen Kirchen, vnd mein gewissen, noch zur Zeit in Problematum nostrorum Qvaternionum, zuschließe heist, vnd worin Jch H[errn] E.S.T. [Esaiam Stiefelum] beypflichten könne vnd möge, will Jch solches schlecht vnd einfeltig herbey setzen. Nemblich
1. Ob gleich ein Christ in Regeneratione seinem euserlichen Menschen, geistlicher weise abgestorben, scilicet, qvo ad Efficaciam in Spiritualibus: lebet er Dennoch noch in Jhm selber, in seiner euserlichen Region, qvo ad Essentiam & efficaciam in merè naturalibus, alsda ist Studieren, Künstlen, eßen, drincken, schlaffen, wachen, arbeiten, Kinder zeugen etc.: Derowegen ist ein solcher nur aus Adams Vnart, vnd nicht zugleich auß menschlicher Substantia, in seiner Jnstavration außgangen, Vndt warttet noch auf seines Leibes erlösung.
2. Ob gleich ein Christ, vermöge der vnverneinlichen jnhabitation, nach seinem Jnnerlichen theill ein Tabernaculum Christi per fidem jnhabitantis jmmediatum, nach seinem Euserlichen aber ein mediatum ist, vnd also Christus in Kraft des H[eiligen] Geistes, im gantzen Menschen (Jedoch, nach itzgedachter maaße) wohnet, lebet, regieret, vnd alle actiones psirituales bonas, ad Animae nostrae aeternam salutem spectantes, wrickett: Jst vnd heißet doch darumb der Mensch, weder ab Jntra, noch ab Extra Christus: so können Jhm auch die operationes naturales mitt nichten zugeschrieben, vielweniger daß Jenige, waß ein Renatus verbricht, [f. 43v] Jn dem Cre[a]tura Vel Fide vel Vitâ extra Veram Christianismj metam schreitet, zugewiesen werden.
3. Ob gleich, Kraft der geistlichen Union, (qvae â parte Christj inseparabilis, â parte Christianj separabilis est) ein Regeneratus perfect ist, perfectione 1. Imputative in Justificatione coram DEo, 2. Jnchoativa passinâ in sacntificatione, so fern der H[eilige] G[eist] dem Seelen Geist des Menschens, den gandenschmuck seiner volkommenen gaben des glaubens der erkentniß, liebe, hoffnung, &c. anlegett: Kan Er doch in dieser weld, perfectâ Jnchiativâ activâ, sonderlich, nach dem euserlichen sichtlichen Menschen, omnj modo, tsou(?) et loco, nicht so perfect seyn, Jn dem Er des Jnnerlichen gnadenschmucks, in der liebe Christum Kraft des H[eiligen] Geistes gebrauchet, dz er nicht etwa in curriculo Christianismj einen fehltritt thete, in Confessione & Porfessione Fidej & Cognitionis, vel epercitio charitatis, si non in conspectu hominum, tamen in conspectu DEI, ein mänglein mitt vnterlauffen ließe, vnd also, ob zwar nicht vorsetziglich vnd mutthwillig; Jedoch vnversehens, aus Menschlicher Schwachheit, sündige vnd sündigen könne, non qvidem mortaliter (q[uam] Renatus) sed venialiter.
4. Ob gleich ein Christ, wie nach seiner Seelen, also nach seinem leibe, jmmortalis ist, morte sed aeternâ, Jst Er doch mortalis (q... ad externam partem) morte temporalj, sive fiat modo dissolutionis animae â corpore, ne momentaneae jmmutationes in glorioso Christj adventu, wie dieses das Tractätlein weitleuftig entdeckett.
Daraus kan der Herr mentem meam in diesen Stucklein vernehmen. Jst nun diesem der eigentliche sinn bewuster Persohn[1] in allen gemeß, will Jch gar gerne in numerô seiner discipulorum mich finden laßen: Den so weiß Jch dz sein dogma (in his articulis) 1. der einigen warheit Göttliches words nicht ungemeß, 2. der reinen lehre vieler Gottesgelehrten Männer Augspurgische vngefelschter Confession (wozu sich wollerwehnte Persohn, so Schriftlich, so mündlich, vnd, wie Jch wünsche vnd hoffe, hertzlich bekannt) meines behalts, nicht zuentgegen, 3. meiner Conscients nicht zuwieder ist. Solte aber sein dogma diesem contrarjiren, wollen so wird mich mein jnternum testominium heißen, das erste Geboth dem vierden vorzuziehen, vnd Gott mehr, als menschen zugehorchen. Auf diesem begebenden fall würde Er H.E.S.T.[2] mich auch günstig fur entschüldiget halten, dz Jch mich in solchen GlaubensArticlen von Jhm sonderte, sonderlich wen keine fernere Jnformation mit festern vndt beßren gründen der H[eiligen] Schrift erfolgen solte, der Jch doch gerne zu parieren nicht v...gemeint bin, wofern Sie, peracto examine, den stich vnd strich am Lapide Lydio verbi divini Sancto, hielte. Außerhalb diesen differentien in Glaubens sachen, halte Jch Jhn fur meinen Hertzlieben Freundt, deßen trewe Connversation vnd freundliche beywohnung, in Christlicher liebe, wie vor der Zeit zu vielen dingen hochnützlich gewesen: So ist auch sein sonderer wollgemeinter ernstlicher bestendiger Eyfer vmb Gott in Christo, mit rechtem Verstande, wieder das Vngöttliche wesen der weld, (bevorauß nach seiner Revocation) wir, instar stimulj gewesen, ad veram pietatem dicendam. Aber das halte Jch sein von Gott Jhm gegebenes donum nicht gering so fern es secundum sinceram verae fidej & charitatis normam, in vnstreflicher demuth vnd Sanfftmuth, nicht wieder Gottes wordt vnd vnser Glaubensbekentniß, gebrauchet wird Zum einigen lobe Vnsers Gottes in Christo Jesu: Vnd verErete Jhn bliig in dehnen dingen, die auf den Sohn Gottes, vnsern Erlöser vnd Sehlig macher gegründet, vnd mit der einigen warheit des words des zeugnißes vnvmbstoßlich vnd warhaftig vbereinkommen. Den gleich wir kein anderer grund vnserer Sehligkeit geleget werden kan, ohne der albereit geleget ist, welcher ist Christus 1 Cor: 3, 11: der daher alleine vns zur weißheit, gerechtigkeit, heiligung vnd erlösung von Gott gemacht 1 Cor: 1, 21: vnd vorgestellet ist: also bleibt auch billig die einige richtschnur vnsers glaubens vnd lebens, die Schrift, so von Jm, dem Salvatore & Jmmanuele nostro, zeuget, vnd auf Jhn allein weisett [f. 44r] Nemblich, das feste Prophetische word, daran wir recht thuen, so wir darauf achten, als ein licht, welches da scheinet in einem dunckelen ort, biß der tag anbreche, vnd der morgensterne aufgehe in vnsern hertzen, 2 Pet: 1, 19. Waß aber auf dieses Centrum veritatis nicht siehet, vnd aus dieser quell nicht entspringet, wird nicht vnbillig bey seit, vnd an seinen ort gesetzett, biß auf die Zukunft CHRISTI, der den verborgenen Menschen des Hertzens entdecken vnd offenbahren wirde.
Die vbrigen Pünctlein anbetreffend, de avreo seculo &c: will Jch mich auch mit ehestem, so gut Jch es verstehe, erkleren, vnd der vermahnung 1 Petr: 3, 15, gerne gehorchen, der da saget: Heiliget Gott den Herren, in ewren hertzen, seid aber allezeit bereit zur Verantworttung Jederman, der grund fordert der Hoffnung, die in euch ist, vnd das mitt Sanftmütigkeit vndt Furcht, vnd hab ein gutt gewissen, auf dz die, so von euch afterreden, als von Vbelthatern, zu schanden werden, dz Sie geschwecht haben ewren guten wandel in Christo.
Wofern der Herr seine Tractätlein de Febribus petechialibus noch nit vntergebracht, kan Er es bey vorfallender fuhr, ohnbeschwert, hehier fertigen: So soll an müglichen fleiß, ob es in drucke befördert werden könte, nicht mangeln. Biß dahero hatt es nicht seyn können, weil die Bibliopolae bald mehr mit den Müntz vnd Krieges wehsen, als andern guten sachen vmbgehen. Befehle Vns hiermit der gnaden vnd Liebe Gottes, in Christo Jesu, vnd Mich insonderheit in seine Christfreundliche Brüderliche affection. Erffurdt 5 Martji Anno 1622.
Des Herren Dienstw[illiger] Trewer Freundt
Johannes Rehefeldt Medicus ib[idem] Ord[inarius].
Der Herre wolle auf ein andermahll mich mit einem großen titul verschonen, vnd wie Jch mit Jhm, also Er mit mir freundbrüederlich, schlecht vnd gerecht, vmbgehen. wollen den weldtlindereichren(?) gebrauch laßen, die mügen sich damit ehren, solange es Jhnen gefellet: wir aber, als Kinder des lichts wollen vns der demuth Christi rühmen vnd zu seiner ehr gebrauchen. Jterum optimè vale, me ama, & DEO semper vive.
[f. 44v] Dem Ehrenvesten, GroßAchtbaren vnd Hochgelahrten Herrn Arnoldo Kernero, Med[icinae] Doct[ori] &c. meinem Großgünstigen Herrn, Vndt Hertzlieben Freundt etc.
Leipsig.