Difference between revisions of "Texte/Sudhoff/Biographisch-Literarisches zur Heilkunde am Niederrhein (1898)"

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(Created page with "<div style="color:#ff0000;">'''Karl Sudhoff'''</div> '''Biographisch-Literarisches zur Heilkunde am Niederrhein vom 12. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts''' <div style="margin-left:1cm;">Sudhoff, Karl (1853–1938): Biographisch-Literarisches zur Heilkunde am Niederrhein vom 12. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts. In: Historische Studien und Skizzen zu Naturwissenschaft, Industrie und Medizin am Niederrhein. Der 70. Versammlung der deutschen Naturforscher und Ärzte gew...")
 
 
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<span style="background-color:#92d050;">[S.&nbsp;25*]</span> Wenn der Historiker die geschichtliche Entwickelung der Arzneikunde am untern Laufe des Rheins überschaut, so blinken ihm aus dem Schatten der Jahrhunderte drei Namen entgegen, wie Malsteine aus des Ufers Grün: Hildegard von Bingen, Günther von Andernach, Hermann von Neuenahr.
{{Pagemark|pag|25*}} Wenn der Historiker die geschichtliche Entwickelung der Arzneikunde am untern Laufe des Rheins überschaut, so blinken ihm aus dem Schatten der Jahrhunderte drei Namen entgegen, wie Malsteine aus des Ufers Grün: Hildegard von Bingen, Günther von Andernach, Hermann von Neuenahr.


Geboren 1099 zu Böckelheim an der Nahe aus ritterlichem Geschlecht, hat St. Hildegard 31 Jahre in dem von ihr gegründeten Kloster auf dem Rupertsberge bei Bingen als begeisterte Seherin, als geistliche Beraterin von Kaisern und Fürsten, als segenspendende Helferin weit und breit verehrt, gewaltet — eine seltene Frau. Die zweifellos von ihr verfasste „Physica s. Hildegardis“ ist ein ehrwürdiges Denkmal des Standes der Natur- und Heilkunde am Rhein in der Mitte des 12. Jahrhunderts. Keine geistlose Kompilation aus Schriften des Altertums, sondern eigene Arbeit im Latein ihrer Tage abgefasst, aber zahlreiches Deutsche einstreuend, stellt diese „Physica“ eine aus der täglichen Erfahrung und der Überlieferung des Volkes geschöpfte Arzneimittellehre dar, die wie die Volksmedizin aller Zeiten auch von allerhand mystischem Krimskrams nicht frei ist, sich aber doch einer praktischen Nüchternheit befleissigt. Mit ganz wenigen Ausnahmen sind alle besprochenen Mittel heimischen Ursprungs; als Kompendium der deutschen Volksmedizin in so früher Zeit ist sie von unschätzbarem Werte, nicht minder als erster erhaltener Versuch einer vaterländischen Naturforschung und als Denkmal einer in vielerlei Betracht staunenswerten Naturerkenntnis. (Gedr. 1533 und 1544 zu Strassburg, Fol.°: ein Auszug von F. A. Reuss, Wirceburgi 1835.8°; Vollst, nach einem Pariser Codex v. Daremberg mit Prolegom. von Reuss. Paris 1856; Migne Patrolog. Tom. CXCVII. recus. Paris 1882; deutsch von J. Berendes, Pharm. Post 1896/97, Wien, Sonderabdr. 110 SS. 8°). Weit weniger Bedeutung kann der auch „Causae et Curae“ genannte „Liber compositae medicinae de aegritudinum causis, signis et curis“ unserer Hildegard beanspruchen, der nur ganz auszugsweise nach dem einzigen erhaltenen Kopenhagener Codex von geistlicher Seite 1882 veröffentlicht worden ist (Analecta sacra spicil. Solesm. parata ed. J. Bap. Card. Pitra Tom. VIII. Typ. sacr. mont. Casin. gr. 8. S. 468 -482).
Geboren 1099 zu Böckelheim an der Nahe aus ritterlichem Geschlecht, hat St. Hildegard 31 Jahre in dem von ihr gegründeten Kloster auf dem Rupertsberge bei Bingen als begeisterte Seherin, als geistliche Beraterin von Kaisern und Fürsten, als segenspendende Helferin weit und breit verehrt, gewaltet — eine seltene Frau. Die zweifellos von ihr verfasste „Physica s. Hildegardis“ ist ein ehrwürdiges Denkmal des Standes der Natur- und Heilkunde am Rhein in der Mitte des 12. Jahrhunderts. Keine geistlose Kompilation aus Schriften des Altertums, sondern eigene Arbeit im Latein ihrer Tage abgefasst, aber zahlreiches Deutsche einstreuend, stellt diese „Physica“ eine aus der täglichen Erfahrung und der Überlieferung des Volkes geschöpfte Arzneimittellehre dar, die wie die Volksmedizin aller Zeiten auch von allerhand mystischem Krimskrams nicht frei ist, sich aber doch einer praktischen Nüchternheit befleissigt. Mit ganz wenigen Ausnahmen sind alle besprochenen Mittel heimischen Ursprungs; als Kompendium der deutschen Volksmedizin in so früher Zeit ist sie von unschätzbarem Werte, nicht minder als erster erhaltener Versuch einer vaterländischen Naturforschung und als Denkmal einer in vielerlei Betracht staunenswerten Naturerkenntnis. (Gedr. 1533 und 1544 zu Strassburg, Fol.°: ein Auszug von F. A. Reuss, Wirceburgi 1835.8°; Vollst, nach einem Pariser Codex v. Daremberg mit Prolegom. von Reuss. Paris 1856; Migne Patrolog. Tom. CXCVII. recus. Paris 1882; deutsch von J. Berendes, Pharm. Post 1896/97, Wien, Sonderabdr. 110 SS. 8°). Weit weniger Bedeutung kann der auch „Causae et Curae“ genannte „Liber compositae medicinae de aegritudinum causis, signis et curis“ unserer Hildegard beanspruchen, der nur ganz auszugsweise nach dem einzigen erhaltenen Kopenhagener Codex von geistlicher Seite 1882 veröffentlicht worden ist (Analecta sacra spicil. Solesm. parata ed. J. Bap. Card. Pitra Tom. VIII. Typ. sacr. mont. Casin. gr. 8. S. 468 -482).


Wesentlich auf altüberlieferter klassischer Medizin oder deren arabistisch- salemitanischer Überarbeitung beruhend und nur spärlich untermischt mit volkstümlicher nordisch-germanischer Heilkunde sind einige mittelniederdeutsche Arzneibücher, welche von gelehrten Mönchen für Laienbrüder verfasst sind und sprachlich zum Teil in den engeren Bezirk unserer niederrheinischen <span style="background-color:#92d050;">[S.&nbsp;26*]</span> Medizin zu weisen scheinen. Als solche mittelniederdeutsche Arzneibücher sind hier besonders zu nennen: „De dudesche Arstedie“ in 186 (200) Kapiteln (Hdschr. Nr. 980 in Gotha; vgl. K. Regels Gothaer Programme von 1872 und 73; Jahrb. des Ver. für niederd. Sprachf. 1878 S. 5—26, 1879 S. 61—108), das hiermit vielfach wörtlich übereinstimmende, bisher nur aus den Belegen im mittelniederdeutschen Wörterbuch bekannte, Rostocker Arzneibuch, das Utrechter Arzneibuch, (von J. H. Gallée im selben Jahrb. 1889 S. 105—149 zum Abdruck gebracht), die Wolfenbütteler Arzneischrift (Wolfenb. Cod. 23, 3, siehe ebenda 1878 S. 5 ff.) und auch die mittelniederdeutschen Uebersetzungen der Practica des angeblichen Meisters Bartholomäus von Salerno (Josef Haupt in den Wiener Akademieschriften 71. Bd. S. 451—566 und die Ausgabe des Freiherrn von Oefele).
Wesentlich auf altüberlieferter klassischer Medizin oder deren arabistisch- salemitanischer Überarbeitung beruhend und nur spärlich untermischt mit volkstümlicher nordisch-germanischer Heilkunde sind einige mittelniederdeutsche Arzneibücher, welche von gelehrten Mönchen für Laienbrüder verfasst sind und sprachlich zum Teil in den engeren Bezirk unserer niederrheinischen {{Pagemark|pag|26*}} Medizin zu weisen scheinen. Als solche mittelniederdeutsche Arzneibücher sind hier besonders zu nennen: „De dudesche Arstedie“ in 186 (200) Kapiteln (Hdschr. Nr. 980 in Gotha; vgl. K. Regels Gothaer Programme von 1872 und 73; Jahrb. des Ver. für niederd. Sprachf. 1878 S. 5—26, 1879 S. 61—108), das hiermit vielfach wörtlich übereinstimmende, bisher nur aus den Belegen im mittelniederdeutschen Wörterbuch bekannte, Rostocker Arzneibuch, das Utrechter Arzneibuch, (von J. H. Gallée im selben Jahrb. 1889 S. 105—149 zum Abdruck gebracht), die Wolfenbütteler Arzneischrift (Wolfenb. Cod. 23, 3, siehe ebenda 1878 S. 5 ff.) und auch die mittelniederdeutschen Uebersetzungen der Practica des angeblichen Meisters Bartholomäus von Salerno (Josef Haupt in den Wiener Akademieschriften 71. Bd. S. 451—566 und die Ausgabe des Freiherrn von Oefele).


Einige auf dem gleichen Boden der altüberlieferte klassische Heilkunde mit heimischer Volksheilkunde verbindenden Mönchsmedizin erwachsene arzneiliche Kenntnisse verrät auch der Mönch vom Siebengebirge, der in Köln geborene Caesarius von Heisterbach (1176—25. Sept. 1240), wenn er z. B. in seinen Homilien von vier Arten des Aussatzes und der Einteilung der Arzneimittel in abführende und kräftigende spricht. Er hat uns auch die Nachricht von einem „Arzte hiesiger Gegend“ aufbewahrt, der sich durch gallentreibende Arzneimittel gesundheitshalber einige Fieberanfälle hervorrufen wollte und dann ein ganzes Jahr am Fieber litt, das ihn fast ums Leben brachte (Annalen, Köln Hft. 9, S. 35—35; Homil, ed. Horn III, 127). Auch berichtet er von einem Priester und Arzte Peter in Köln, der ein Hospital samt Kapelle stiftete (Dial. X. 56).
Einige auf dem gleichen Boden der altüberlieferte klassische Heilkunde mit heimischer Volksheilkunde verbindenden Mönchsmedizin erwachsene arzneiliche Kenntnisse verrät auch der Mönch vom Siebengebirge, der in Köln geborene Caesarius von Heisterbach (1176—25. Sept. 1240), wenn er z. B. in seinen Homilien von vier Arten des Aussatzes und der Einteilung der Arzneimittel in abführende und kräftigende spricht. Er hat uns auch die Nachricht von einem „Arzte hiesiger Gegend“ aufbewahrt, der sich durch gallentreibende Arzneimittel gesundheitshalber einige Fieberanfälle hervorrufen wollte und dann ein ganzes Jahr am Fieber litt, das ihn fast ums Leben brachte (Annalen, Köln Hft. 9, S. 35—35; Homil, ed. Horn III, 127). Auch berichtet er von einem Priester und Arzte Peter in Köln, der ein Hospital samt Kapelle stiftete (Dial. X. 56).
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Der grosse Aristoteliker Albert Graf zu Bollstädt (1193—1280) gehört dem ganzen Deutschland an; was er durch seine Erneuerung der naturwissenschaftlichen Denkweise des Stagiriten geleistet hat, kam der ganzen Welt des Mittelalters zu gute. Der Zug des Herzens, der ihn immer wieder nach Köln zurückführte, wo er auch sein reich gesegnetes Leben beschloss, gibt uns aber das Recht, Albert den Grossen zu den niederrheinischen Gelehrten zu rechnen; sein naturwissenschaftlicher Sinn, den unser Botaniker oben schon in’s rechte Licht gesetzt hat (S. 24 f.), kam auch der Heilkunde zu statten, zu deren direkter Förderung er nichts Nennenswertes beigetragen hat. Die Schrift „De secretis mulierum“ ist ihm untergeschoben.
Der grosse Aristoteliker Albert Graf zu Bollstädt (1193—1280) gehört dem ganzen Deutschland an; was er durch seine Erneuerung der naturwissenschaftlichen Denkweise des Stagiriten geleistet hat, kam der ganzen Welt des Mittelalters zu gute. Der Zug des Herzens, der ihn immer wieder nach Köln zurückführte, wo er auch sein reich gesegnetes Leben beschloss, gibt uns aber das Recht, Albert den Grossen zu den niederrheinischen Gelehrten zu rechnen; sein naturwissenschaftlicher Sinn, den unser Botaniker oben schon in’s rechte Licht gesetzt hat (S. 24 f.), kam auch der Heilkunde zu statten, zu deren direkter Förderung er nichts Nennenswertes beigetragen hat. Die Schrift „De secretis mulierum“ ist ihm untergeschoben.


Das wissenschaftliche Leben am unteren Rheinlauf wurde im ausgehenden Mittelalter von der 1388 gegründeten und anfangs glänzend gedeihenden Kölner Universität beherrscht, wenn das auch für die Heilkunde im Einzelnen nur schwer nachweisbar ist, da die Zahl der in der Kölner Matrikel genannten Studierenden der Medicin eine fast verschwindend geringe ist (in den ersten 76 Jahren nur 103 unter 13052 Immatrikulirten), noch geringer die Zahl der <span style="background-color:#92d050;">[S.&nbsp;27*]</span> nachweislich aus unserm Bezirke stammenden. Doch studierten Söhne unserer Herzogtümer auch auf anderen deutschen Hochschulen. So finden wir in der Erfurter Matrikel zwischen 1408 und 1455 sechs junge Leute „de Juliaco (Guliaco)“ und „de prope Juliaco“ und zwei „de Duren“; die Fakultät derselben ist freilich nicht genannt.
Das wissenschaftliche Leben am unteren Rheinlauf wurde im ausgehenden Mittelalter von der 1388 gegründeten und anfangs glänzend gedeihenden Kölner Universität beherrscht, wenn das auch für die Heilkunde im Einzelnen nur schwer nachweisbar ist, da die Zahl der in der Kölner Matrikel genannten Studierenden der Medicin eine fast verschwindend geringe ist (in den ersten 76 Jahren nur 103 unter 13052 Immatrikulirten), noch geringer die Zahl der {{Pagemark|pag|27*}} nachweislich aus unserm Bezirke stammenden. Doch studierten Söhne unserer Herzogtümer auch auf anderen deutschen Hochschulen. So finden wir in der Erfurter Matrikel zwischen 1408 und 1455 sechs junge Leute „de Juliaco (Guliaco)“ und „de prope Juliaco“ und zwei „de Duren“; die Fakultät derselben ist freilich nicht genannt.


In unseren alten Urkunden sind die Namen einer ganzen Reihe von Mitgliedern des heilenden Standes erhalten. Ein Arzt magister Donatus wird in einer Urkunde des Klosters Altenberg vom November 1250 genannt; er war Leibarzt des Erzbischofs Philipp I. (1167—1191) gewesen und hatte sich nach dem genannten bergischen Kloster zurückgezogen und diesem sein Wohnhaus in Köln geschenkt. Der Gedanke, dass Donatus, der also im 12. Jahrhundert gelebt hat, im Niederbergischen geboren war, liegt nahe (Lacomblet, Urkundenbuch II, 191). Im Totenbuch desselben Klosters wird unterm 6. September genannt „Magister Jacobus physicus, frater magistri Wilhelmi“; der Name ist von einer Hand des 14. Jahrhunderts eingetragen. Es scheint ein Bruder des grossen Kölner Malers „Meister Wilhelm“ gewesen zu sein, der etwa 1370—1380 auf der Höhe seines Schaffens stand; unser Arzt Magister Jacobus wird also gleichfalls in der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts gelebt haben und in engerer oder weiterer Beziehung zum bergischen Lande gestanden haben (Ztschr. des Berg. Gesch.-V. XXXI, 130). Im Verbrüderungs- und Totenbuche der Abtei München-Gladbach wird als am 9. März gestorben genannt „Wilhelmus de duren sacerdos et physicus (Ztschr. der Aach. Gesch.-V. II, 21); dieser Priester und Arzt Wilhelm von Düren gehört wohl auch noch in’s 14. Jahrhundert, ebenso ein „Meister Goedert van Anrath, Artsitter“, welchen eine Urkunde des Krefelder Franziskanessen- Klosters vom 8. März 1408 als verstorben erwähnt. Da ein Sohn desselben (Heineken) in der Urkunde erwähnt wird, gehörte dieser Meister Godert nicht dem geistlichen Stande an (Staatsarchiv, Düsseld. Ms. B. 168 fol. 58). Unterm Jahre 1412 lernen wir den ersten Leibarzt am klevischen Hofe kennen, „Magister Johannes de Conventis“. Nach der im Konzept erhaltenen Urkunde (Staats-Arch. Düsseld. A. II. Kleve-Mark Nr. 707; Ztschr. des B. G.-V. XXVI, 226) wird Meister Johann van Kloster für Herzog Adolf IV. von Kleve-Mark und seinen Hof mit freier Wohnung für sich und zwei famuli und 100 rhein. Gulden Jahrgehalt auf vierteljährige Kündigung angestellt.
In unseren alten Urkunden sind die Namen einer ganzen Reihe von Mitgliedern des heilenden Standes erhalten. Ein Arzt magister Donatus wird in einer Urkunde des Klosters Altenberg vom November 1250 genannt; er war Leibarzt des Erzbischofs Philipp I. (1167—1191) gewesen und hatte sich nach dem genannten bergischen Kloster zurückgezogen und diesem sein Wohnhaus in Köln geschenkt. Der Gedanke, dass Donatus, der also im 12. Jahrhundert gelebt hat, im Niederbergischen geboren war, liegt nahe (Lacomblet, Urkundenbuch II, 191). Im Totenbuch desselben Klosters wird unterm 6. September genannt „Magister Jacobus physicus, frater magistri Wilhelmi“; der Name ist von einer Hand des 14. Jahrhunderts eingetragen. Es scheint ein Bruder des grossen Kölner Malers „Meister Wilhelm“ gewesen zu sein, der etwa 1370—1380 auf der Höhe seines Schaffens stand; unser Arzt Magister Jacobus wird also gleichfalls in der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts gelebt haben und in engerer oder weiterer Beziehung zum bergischen Lande gestanden haben (Ztschr. des Berg. Gesch.-V. XXXI, 130). Im Verbrüderungs- und Totenbuche der Abtei München-Gladbach wird als am 9. März gestorben genannt „Wilhelmus de duren sacerdos et physicus (Ztschr. der Aach. Gesch.-V. II, 21); dieser Priester und Arzt Wilhelm von Düren gehört wohl auch noch in’s 14. Jahrhundert, ebenso ein „Meister Goedert van Anrath, Artsitter“, welchen eine Urkunde des Krefelder Franziskanessen- Klosters vom 8. März 1408 als verstorben erwähnt. Da ein Sohn desselben (Heineken) in der Urkunde erwähnt wird, gehörte dieser Meister Godert nicht dem geistlichen Stande an (Staatsarchiv, Düsseld. Ms. B. 168 fol. 58). Unterm Jahre 1412 lernen wir den ersten Leibarzt am klevischen Hofe kennen, „Magister Johannes de Conventis“. Nach der im Konzept erhaltenen Urkunde (Staats-Arch. Düsseld. A. II. Kleve-Mark Nr. 707; Ztschr. des B. G.-V. XXVI, 226) wird Meister Johann van Kloster für Herzog Adolf IV. von Kleve-Mark und seinen Hof mit freier Wohnung für sich und zwei famuli und 100 rhein. Gulden Jahrgehalt auf vierteljährige Kündigung angestellt.


Am 16. September 1432 resigniert Amplonius de Fago in artibus ac in medicina doctor, (Leibarzt Herzog Adolfs?), auf eine Präbende. Derselbe Herzog Adolf, der sich 1412 einen Leibarzt zulegte, veranlasste durch Uebereinkunft vom 6. Mai 1437 einen Meister Johann Vos (Vorss), sich auf 5 Jahre in Kleve als Apotheker niederzulassen (Z. d. B. G.-V. XXX, 180). Durch Urkunde vom 6. Nov. 1440 gewährte Herzog Gerhard von Jülich <span style="background-color:#92d050;">[S.&nbsp;28*]</span> seinem Hofastronomen Meister Gerarde van Syttart zur weiteren Vollendung seiner Kunst eine Beihilfe von 20 rhein. Gulden um „Doctoir in Medicinen zu werden“ (ib. XXIX, 160). Ob er als Doctor Gerhard von Sittard Leibarzt seines Herrn wurde, ist nicht überliefert. Im Juni 1460 besuchten „etliche Meisteren van medicinen“ aus Köln, auf Wunsch der Stadt, den Schwerkranken Grafen Gerhard zu Jülich-Blankenheim, und 1465 erbittet der Rat der Stadt Köln hinwiederum vom Herzog von Jülich den Peter von Coelne wontartzitt zo Gherisheim, obgleich man in Köln städtisch angestellte Wundärzte hatte, wie denn Johann von Hillesbach (angestellt 19. Nov. 1449), Reinhart von Monheim (ang. 15. Sept. 1457) und Hermann Karben von Markbruch (ang. 2. Aug. 1458) urkundlich als solche genannt werden (Annalen, Köln 50, 69). Der aus dem Bergischen erbetene Wundarzt Peter muss also einen grossen Ruf gehabt haben. Auch noch im Jahre 1491 (16. August) erbittet Philipp Graf zu Waldeck, Statthalter in Ravensberg, vom Herzog Wilhelm, er möge an „Meister petter zu geressheym“ schreiben lassen, dass er zu ihm komme, wenn der Herzog seiner entraten könne. Der Herzog schickte dem Grafen (Schreiben vom 21. Aug. 1491) „den peter unser wontarzte der von gerissheym“; derselbe stand also auch damals noch in hohem Ansehen als Meister seiner Kunst und in Diensten des Herzogs (Stsarch. Ddorf., Jül.-Berg. Litteralien B. II. 7). In der Zwischenzeit ist noch ein Wundarzt Peter im Dienste Wilhelms II. Herzogs von Berg nachweisbar, der mit dem Gerresheimer vielleicht nicht identisch ist. In einer Supplikation eines Neusser Bürgers an den Herzog vom 17. Nov. 1478 wird er „uwer gnaden wuntarztitt peter van Heylssbach“ genannt; er scheint den Bittsteller Heinrich Blarren in Neuss behandelt zu haben (Stsarch. Ddorf. Jül.-Berg. Litteral. M. 15). Da sich Herzog Wilhelm im Juni 1497 für Meister in Medizinen Dr. Mathias von Aachen, Probst zu St. Adalbert in Aachen, verwendet, um ihm eine Präbende zu verschaffen (Stsarch. Ddorf. J.-B. Litt. E, 5; vgl. Keussen, Köln. Matrikel S. 198, 13), dürfte derselbe wohl als Leibarzt oder in ähnlicher Stellung zum Hofe in Beziehung gestanden haben. Sicher war Doctor Dietrich von Dort recht Leibarzt der Herzogin Sibille, denn sie verwendet sich für dessen Sohn Cornelius von Dortrecht, als Sohn „ihres Meisters von Medicinen“ im Jahre 1503 (ebenda). Laut Urkunde vom 24. Dez. 1509 wird Matthys van Duyren (Matthias von Düren) von Herzog Wilhelm II. (IV.) von Jülich-Berg „zu unserm diener ind artzitter angenomen“, also zum Leibarzt ernannt (ebenda Ms. B. 29 I. fol. 49; Z. d. B. G.-V. XXXII, 136).
Am 16. September 1432 resigniert Amplonius de Fago in artibus ac in medicina doctor, (Leibarzt Herzog Adolfs?), auf eine Präbende. Derselbe Herzog Adolf, der sich 1412 einen Leibarzt zulegte, veranlasste durch Uebereinkunft vom 6. Mai 1437 einen Meister Johann Vos (Vorss), sich auf 5 Jahre in Kleve als Apotheker niederzulassen (Z. d. B. G.-V. XXX, 180). Durch Urkunde vom 6. Nov. 1440 gewährte Herzog Gerhard von Jülich {{Pagemark|pag|28*}} seinem Hofastronomen Meister Gerarde van Syttart zur weiteren Vollendung seiner Kunst eine Beihilfe von 20 rhein. Gulden um „Doctoir in Medicinen zu werden“ (ib. XXIX, 160). Ob er als Doctor Gerhard von Sittard Leibarzt seines Herrn wurde, ist nicht überliefert. Im Juni 1460 besuchten „etliche Meisteren van medicinen“ aus Köln, auf Wunsch der Stadt, den Schwerkranken Grafen Gerhard zu Jülich-Blankenheim, und 1465 erbittet der Rat der Stadt Köln hinwiederum vom Herzog von Jülich den Peter von Coelne wontartzitt zo Gherisheim, obgleich man in Köln städtisch angestellte Wundärzte hatte, wie denn Johann von Hillesbach (angestellt 19. Nov. 1449), Reinhart von Monheim (ang. 15. Sept. 1457) und Hermann Karben von Markbruch (ang. 2. Aug. 1458) urkundlich als solche genannt werden (Annalen, Köln 50, 69). Der aus dem Bergischen erbetene Wundarzt Peter muss also einen grossen Ruf gehabt haben. Auch noch im Jahre 1491 (16. August) erbittet Philipp Graf zu Waldeck, Statthalter in Ravensberg, vom Herzog Wilhelm, er möge an „Meister petter zu geressheym“ schreiben lassen, dass er zu ihm komme, wenn der Herzog seiner entraten könne. Der Herzog schickte dem Grafen (Schreiben vom 21. Aug. 1491) „den peter unser wontarzte der von gerissheym“; derselbe stand also auch damals noch in hohem Ansehen als Meister seiner Kunst und in Diensten des Herzogs (Stsarch. Ddorf., Jül.-Berg. Litteralien B. II. 7). In der Zwischenzeit ist noch ein Wundarzt Peter im Dienste Wilhelms II. Herzogs von Berg nachweisbar, der mit dem Gerresheimer vielleicht nicht identisch ist. In einer Supplikation eines Neusser Bürgers an den Herzog vom 17. Nov. 1478 wird er „uwer gnaden wuntarztitt peter van Heylssbach“ genannt; er scheint den Bittsteller Heinrich Blarren in Neuss behandelt zu haben (Stsarch. Ddorf. Jül.-Berg. Litteral. M. 15). Da sich Herzog Wilhelm im Juni 1497 für Meister in Medizinen Dr. Mathias von Aachen, Probst zu St. Adalbert in Aachen, verwendet, um ihm eine Präbende zu verschaffen (Stsarch. Ddorf. J.-B. Litt. E, 5; vgl. Keussen, Köln. Matrikel S. 198, 13), dürfte derselbe wohl als Leibarzt oder in ähnlicher Stellung zum Hofe in Beziehung gestanden haben. Sicher war Doctor Dietrich von Dort recht Leibarzt der Herzogin Sibille, denn sie verwendet sich für dessen Sohn Cornelius von Dortrecht, als Sohn „ihres Meisters von Medicinen“ im Jahre 1503 (ebenda). Laut Urkunde vom 24. Dez. 1509 wird Matthys van Duyren (Matthias von Düren) von Herzog Wilhelm II. (IV.) von Jülich-Berg „zu unserm diener ind artzitter angenomen“, also zum Leibarzt ernannt (ebenda Ms. B. 29 I. fol. 49; Z. d. B. G.-V. XXXII, 136).


Hiermit schliessen wir diese lange Reihe von urkundlich aufgefundenen Ärzten aus drei Jahrhunderten, die bis heute fast alle nur Namen geblieben sind, da es uns nicht gelang, ihnen durch anderweitige Nachrichten ein literarisches <span style="background-color:#92d050;">[S.&nbsp;29*]</span> Antlitz oder sonstwie Fleisch und Blut zu geben. Von der Schwelle des 16. Jahrhunderts ab beginnt sich dies Verhältnis langsam zu ändern.
Hiermit schliessen wir diese lange Reihe von urkundlich aufgefundenen Ärzten aus drei Jahrhunderten, die bis heute fast alle nur Namen geblieben sind, da es uns nicht gelang, ihnen durch anderweitige Nachrichten ein literarisches {{Pagemark|pag|29*}} Antlitz oder sonstwie Fleisch und Blut zu geben. Von der Schwelle des 16. Jahrhunderts ab beginnt sich dies Verhältnis langsam zu ändern.


Über das Leben des Joh. Vochs de Colonia artium et medicinae doctor sind die Nachrichten noch zu dürftig, als dass ich ihn hier gänzlich übergehen dürfte. Vielleicht bestehen bei ihm doch noch weitere Beziehungen zum Niederrhein, nicht nur zur Stadt Köln. Als er seine Schrift „De pestilentia anni praesentis et eius cura“ schrieb, welche er im Jahre 1507 in Magdeburg bei Jac. Winter in 4° erscheinen liess und dem Kurfürsten Friedrich von Sachsen widmete, war er schon 40 Jahre in Köln als Arzt thätig, wo in den Jahren 1506 und 1507 die echte Pest herrschte (pestilentia legitima im Gegensatz zu einer anderwärts grassierenden caeca et notha pestilentia). In dieser Pestschrift wird auch die Syphilis abgehandelt („Carbunculi Franciae“ genannt), was in einer von Dryander 1537 besorgten neuen Auflage auch auf dem Titel zum Ausdruck gebracht wird „y . . et de diuturna peste morbi Gallici“. Er selbst nennt die Syphilis „inter chronicos longissima“ und verrät überhaupt eine gewisse Selbständigkeit des Urteils in seiner kulturhistorisch mehrfach interessanten Schrift. — Ein Peter Himmelberger (Coelimontius), geboren in den 80er Jahren des 15. Jahrhunderts, wird als Arzt in Wesel genannt. Heinrich von Emmerich, gelehrter Arzt und Kleriker am Niederrhein, war 1511 noch am Leben „apud Frisones“ und soll einiges in seinem Fache geschrieben haben, das nicht gedruckt worden zu sein scheint.
Über das Leben des Joh. Vochs de Colonia artium et medicinae doctor sind die Nachrichten noch zu dürftig, als dass ich ihn hier gänzlich übergehen dürfte. Vielleicht bestehen bei ihm doch noch weitere Beziehungen zum Niederrhein, nicht nur zur Stadt Köln. Als er seine Schrift „De pestilentia anni praesentis et eius cura“ schrieb, welche er im Jahre 1507 in Magdeburg bei Jac. Winter in 4° erscheinen liess und dem Kurfürsten Friedrich von Sachsen widmete, war er schon 40 Jahre in Köln als Arzt thätig, wo in den Jahren 1506 und 1507 die echte Pest herrschte (pestilentia legitima im Gegensatz zu einer anderwärts grassierenden caeca et notha pestilentia). In dieser Pestschrift wird auch die Syphilis abgehandelt („Carbunculi Franciae“ genannt), was in einer von Dryander 1537 besorgten neuen Auflage auch auf dem Titel zum Ausdruck gebracht wird „y . . et de diuturna peste morbi Gallici“. Er selbst nennt die Syphilis „inter chronicos longissima“ und verrät überhaupt eine gewisse Selbständigkeit des Urteils in seiner kulturhistorisch mehrfach interessanten Schrift. — Ein Peter Himmelberger (Coelimontius), geboren in den 80er Jahren des 15. Jahrhunderts, wird als Arzt in Wesel genannt. Heinrich von Emmerich, gelehrter Arzt und Kleriker am Niederrhein, war 1511 noch am Leben „apud Frisones“ und soll einiges in seinem Fache geschrieben haben, das nicht gedruckt worden zu sein scheint.


Graf Hermann von Neuenahr, Domprobst und Kanzler der Kölner Universität (1491—1530), der Freund vorwärtsstrebender Gelehrten, kann in seiner ganzen Persönlichkeit hier nicht geschildert werden (s. auch oben S. 25), er muss aber als Verfasser einer Schrift über den englischen Schweiss genannt werden, welche im Oktober 1527 in Köln bei Joh. Soter erschien (14. Bll. 4°) und ihm den sonderbaren Namen „Hermannus de Sudatorio“ eintrug. Diese Schrift „De novo hactenusque Germaniae inaudito morbo ἱδροπυρετοῦ, hoc est sudatoris febri, quem uulgo sudorem britannicum vocant“ bringt in ihrem zweiten Teile eine Abhandlung über dasselbe Thema von Simon Riquinus (Montebur) aus Trier, über den der grosse Erasmus ein recht günstiges Urteil gefällt hat, während die Schrift selbst nichts Hervorragendes bietet. Riquinus soll Arzt in Köln gewesen sein, war aber damals jedenfalls am klevischen Hofe, wohl als Leibarzt, angestellt, denn er spricht selbst von „aula nostra Clivensis in qua nunc versor“, sendet Grüsse von Konrad von Heresbach (damals Prinzenerzieher am Hofe Herzog Johannes III.) und datirt seine Schrift am 10. September 1527 „ex Benroda in agro Juliacensi“. Graf Hermann von Neuenahr gab auch des Flavius Vegetius Schrift „Artis veterinariae sive mulo-medicinae libri IV“ in Basel bei Joh. Faber Emmeus zum erstenmale heraus (4°). Ein Zeitgenosse desselben war der gleichfalls zu Anfang dieser <span style="background-color:#92d050;">[S.&nbsp;30*]</span> Studie genannte Johann Günther von Andernach, eine der hervorragendsten medizinischen Gelehrtengestalten jener Tage (1487—1574); wenn auch am Rheine geboren und am Rheine gestorben, fällt sein Leben und Wirken wenig in den Rahmen dieser Arbeit, als dass näher auf ihn eingegangen werden könnte.
Graf Hermann von Neuenahr, Domprobst und Kanzler der Kölner Universität (1491—1530), der Freund vorwärtsstrebender Gelehrten, kann in seiner ganzen Persönlichkeit hier nicht geschildert werden (s. auch oben S. 25), er muss aber als Verfasser einer Schrift über den englischen Schweiss genannt werden, welche im Oktober 1527 in Köln bei Joh. Soter erschien (14. Bll. 4°) und ihm den sonderbaren Namen „Hermannus de Sudatorio“ eintrug. Diese Schrift „De novo hactenusque Germaniae inaudito morbo ἱδροπυρετοῦ, hoc est sudatoris febri, quem uulgo sudorem britannicum vocant“ bringt in ihrem zweiten Teile eine Abhandlung über dasselbe Thema von Simon Riquinus (Montebur) aus Trier, über den der grosse Erasmus ein recht günstiges Urteil gefällt hat, während die Schrift selbst nichts Hervorragendes bietet. Riquinus soll Arzt in Köln gewesen sein, war aber damals jedenfalls am klevischen Hofe, wohl als Leibarzt, angestellt, denn er spricht selbst von „aula nostra Clivensis in qua nunc versor“, sendet Grüsse von Konrad von Heresbach (damals Prinzenerzieher am Hofe Herzog Johannes III.) und datirt seine Schrift am 10. September 1527 „ex Benroda in agro Juliacensi“. Graf Hermann von Neuenahr gab auch des Flavius Vegetius Schrift „Artis veterinariae sive mulo-medicinae libri IV“ in Basel bei Joh. Faber Emmeus zum erstenmale heraus (4°). Ein Zeitgenosse desselben war der gleichfalls zu Anfang dieser {{Pagemark|pag|30*}} Studie genannte Johann Günther von Andernach, eine der hervorragendsten medizinischen Gelehrtengestalten jener Tage (1487—1574); wenn auch am Rheine geboren und am Rheine gestorben, fällt sein Leben und Wirken wenig in den Rahmen dieser Arbeit, als dass näher auf ihn eingegangen werden könnte.


Gerardus Bucoldianus, zu Bocholt im Münster’schen geboren, war Arzt und Philologe, hat 1529 eine satirische Rede „pro ebrietate“ gehalten und weilte 1535 in Bologna; in die Heimat zurückgekehrt liess er eine „Brevis enarratio de puella, quae sine cibo et potu per aliquot annos in pago Roed egit“ bei Rob. Stephanus in Paris 1542. 8° und gleichzeitig in Speyer deutsch erscheinen: „Von dem Meydlin welche ohne essen und trinken lebt“; das Schriftchen ist bis ins 17. Jahrhundert mehrfach wieder gedruckt worden. Weyer erklärt in seinem Buche vom angeblichen Fasten die Sache für Schwindel (1577). Thomas Segerus (Zegerius) Clivensis, in der Stadt Kleve geboren und von seinem gelehrten Vater zu Hause erzogen, studierte in Süddeutschland Mathematik und Medizin, erwarb den medizinischen Doktortitel und war zuletzt Prof. der Mathematik in Marburg (s. oben S. 5). Im Jahre 1530 widmete ihm Gerhard Geldenhauer aus Nymwegen seine historia Batavica (Strassburg bei Christ. Egenolph). Wilhelm Insulanus Menapius aus Grevenbroich, der 1547 als Probst bei St. Adalbert in Aachen gestorben ist und Kardinalsekretär in Rom bei Sadolet gewesen war, hat in Italien studiert und sich unter Nicolo Leoniceno (1428—1524) mit Medizin beschäftigt. Als medizinische Schriften desselben werden genannt „Ratio victus salubris“ Basel (Cnatanders Erben 8°) und Köln (mit Mars. Ficini de tripl. vita 4°) 1540 und ein „Encomion febris quartanae. Adjecta est quartanae febris curandae ratio“ Basel, Oporinus 1542. 8°. Weit bedeutender ist Johannes Caesarius Juliacensis, art. et medicinae doctor (s. oben S. 5.). Dieser in Jülich um 1460 geborene gelehrte Humanist hätte wohl einmal eine eingehende monographische Würdigung verdient. Er studierte in Deventer unter Alexander Hegius Humaniora und in Paris die Medizin und lebte später in Köln, wie es heisst auch praktisch der Heilkunde beflissen, in strengem Coelibat, soll aber um 1543, des Luthertums verdächtig, zum Grafen von Neuenahr haben fliehen müssen. Hochbetagt schloss er in Köln 1551 sein bewegtes und arbeitsreiches Leben. Neben manchem andern gab er nach Art der damaligen philologischen Mediziner des C. Plinius secundus naturalis historia heraus (ab innumeris mendis castigavit) mit Argumenten und Scholien versehen, Colon. apud Cervicornum 1524, ebenso desselben „De medicina piscium Lib. II,“ Strassburg 1554. Des weiteren veröffentlichte er „In Cornelium Celsum castigationes“, Hagenau 1528 und in neuer Bearbeitung des Nicolo Bertuccio († 1342) „compendium sive collectorium artis medicae“, Köln, Melchior Novesianus 1537. 4°.
Gerardus Bucoldianus, zu Bocholt im Münster’schen geboren, war Arzt und Philologe, hat 1529 eine satirische Rede „pro ebrietate“ gehalten und weilte 1535 in Bologna; in die Heimat zurückgekehrt liess er eine „Brevis enarratio de puella, quae sine cibo et potu per aliquot annos in pago Roed egit“ bei Rob. Stephanus in Paris 1542. 8° und gleichzeitig in Speyer deutsch erscheinen: „Von dem Meydlin welche ohne essen und trinken lebt“; das Schriftchen ist bis ins 17. Jahrhundert mehrfach wieder gedruckt worden. Weyer erklärt in seinem Buche vom angeblichen Fasten die Sache für Schwindel (1577). Thomas Segerus (Zegerius) Clivensis, in der Stadt Kleve geboren und von seinem gelehrten Vater zu Hause erzogen, studierte in Süddeutschland Mathematik und Medizin, erwarb den medizinischen Doktortitel und war zuletzt Prof. der Mathematik in Marburg (s. oben S. 5). Im Jahre 1530 widmete ihm Gerhard Geldenhauer aus Nymwegen seine historia Batavica (Strassburg bei Christ. Egenolph). Wilhelm Insulanus Menapius aus Grevenbroich, der 1547 als Probst bei St. Adalbert in Aachen gestorben ist und Kardinalsekretär in Rom bei Sadolet gewesen war, hat in Italien studiert und sich unter Nicolo Leoniceno (1428—1524) mit Medizin beschäftigt. Als medizinische Schriften desselben werden genannt „Ratio victus salubris“ Basel (Cnatanders Erben 8°) und Köln (mit Mars. Ficini de tripl. vita 4°) 1540 und ein „Encomion febris quartanae. Adjecta est quartanae febris curandae ratio“ Basel, Oporinus 1542. 8°. Weit bedeutender ist Johannes Caesarius Juliacensis, art. et medicinae doctor (s. oben S. 5.). Dieser in Jülich um 1460 geborene gelehrte Humanist hätte wohl einmal eine eingehende monographische Würdigung verdient. Er studierte in Deventer unter Alexander Hegius Humaniora und in Paris die Medizin und lebte später in Köln, wie es heisst auch praktisch der Heilkunde beflissen, in strengem Coelibat, soll aber um 1543, des Luthertums verdächtig, zum Grafen von Neuenahr haben fliehen müssen. Hochbetagt schloss er in Köln 1551 sein bewegtes und arbeitsreiches Leben. Neben manchem andern gab er nach Art der damaligen philologischen Mediziner des C. Plinius secundus naturalis historia heraus (ab innumeris mendis castigavit) mit Argumenten und Scholien versehen, Colon. apud Cervicornum 1524, ebenso desselben „De medicina piscium Lib. II,“ Strassburg 1554. Des weiteren veröffentlichte er „In Cornelium Celsum castigationes“, Hagenau 1528 und in neuer Bearbeitung des Nicolo Bertuccio († 1342) „compendium sive collectorium artis medicae“, Köln, Melchior Novesianus 1537. 4°.


<span style="background-color:#92d050;">[S.&nbsp;31*]</span> Als Weseler Ärzte werden in der Mitte des 16. Jahrhunderts genannt Dr. med. Joh. von Bertt und Heinrich von Lynner; letzterer ein Freund des berühmten Düsseldorfer Rektors Joh. Monheim, wohnte „in der Goldstrasse neben dem guten Schwert“. In Wesel geboren ist Laurentius Hiel, der 1555 in Rostock doktorierte und 1559 in Jena Professor der Medizin wurde, aber schon am 16. September 1566 mit Frau und Kindern an der Pest starb. Er schrieb eine „Disputatio de morbo gallico“, Jena 1558. 4° und eine „Epitome historiae animalium quadrupedum“. Dr. med. Johannes Pellemontanus, d. h. Johann von Velbert, in der Werdener Abtei erzogen, musste wegen seines Uebertrittes zum neuen Glauben nach Lüneburg fliehen, wo er „animae corporisque medicus war“. Er soll 1541 an seinen heimatlichen Herrn Herzog Wilhelm von Jülich-Kleve-Berg ein Handschreiben über die Notwendigkeit einer Kirchenreformation geschrieben haben.
{{Pagemark|pag|31*}} Als Weseler Ärzte werden in der Mitte des 16. Jahrhunderts genannt Dr. med. Joh. von Bertt und Heinrich von Lynner; letzterer ein Freund des berühmten Düsseldorfer Rektors Joh. Monheim, wohnte „in der Goldstrasse neben dem guten Schwert“. In Wesel geboren ist Laurentius Hiel, der 1555 in Rostock doktorierte und 1559 in Jena Professor der Medizin wurde, aber schon am 16. September 1566 mit Frau und Kindern an der Pest starb. Er schrieb eine „Disputatio de morbo gallico“, Jena 1558. 4° und eine „Epitome historiae animalium quadrupedum“. Dr. med. Johannes Pellemontanus, d. h. Johann von Velbert, in der Werdener Abtei erzogen, musste wegen seines Uebertrittes zum neuen Glauben nach Lüneburg fliehen, wo er „animae corporisque medicus war“. Er soll 1541 an seinen heimatlichen Herrn Herzog Wilhelm von Jülich-Kleve-Berg ein Handschreiben über die Notwendigkeit einer Kirchenreformation geschrieben haben.


Unter Johann III, Wilhelm IV und Joh. Wilh. I aus dem Klevischen Hause (1521 —1609) waren die 3 niederrheinischen Herzogtümer in einer Hand vereinigt ; mit der Blüte des Landes war auch eine gewisse Blüte der medizinischen Wissenschaft verknüpft, wenigstens treffen wir in dieser Zeit auch einige bedeutende Männer unseres ärztlichen Standes am fürstlichen Hofe zu Kleve und Düsseldorf.
Unter Johann III, Wilhelm IV und Joh. Wilh. I aus dem Klevischen Hause (1521 —1609) waren die 3 niederrheinischen Herzogtümer in einer Hand vereinigt ; mit der Blüte des Landes war auch eine gewisse Blüte der medizinischen Wissenschaft verknüpft, wenigstens treffen wir in dieser Zeit auch einige bedeutende Männer unseres ärztlichen Standes am fürstlichen Hofe zu Kleve und Düsseldorf.


Am 1. August 1554 wurde durch ein von Jülich datirtes Dekret (Staatsarch., Düsseld. Caus. Mont. B. 34. IV.; Beitr. z. Gesch. des N.-Rh. VI S. 188). Johann Lythodius als Leibarzt Herzogs Wilhelms angestellt mit 130 Thalern Jahrgehalt, 12 Thalern für seine Herberge, Hofkleidung, Futter für ein Pferd und Unterhalt für einen Diener. Herzog Wilhelms Schwester Anna, geb. 1515 und seit 1540 Gemahlin Heinrichs VIII. von England, hatte einen Leibarzt aus der Heimath, als welcher 1549 Dr. Cornelius Sifried von Xanten überliefert ist (Z. des B. G.-V. 144). Urkundlich bekannt ist auch durch Aufzeichnungen Konrads von Heresbach der Name der Hebamme, welche der Herzogin Maria von Österreich, Gemahlin Wilhelms IV., in ihren schweren Stunden bei der Geburt der 3 Töchter Marie Eleonore, Anna und Magdalena (1550—1553) beistand: „obstetrix fuit Sophia Hambacensis ... Sophie Hambachen ... Figge ab Hambach.“ — Ob Hermann Cruserius, der in Kampen geboren, zuerst Griechisch und Medizin, später Jura studirte und den juristischen Doktor erwarb, Leibarzt bei Herzog Wilhelm gewesen ist, konnte ich nicht feststellen, jedenfalls war er herzoglicher Rat und ist 1573 in Königsberg gestorben, als er seinen Herm zur Vermählung der Prinzessin Maria Eleonore mit dem Brandenburger begleitet hatte. Als philosophischer Mediziner gab er verschiedene Schriften des Galen und Hippokrates übersetzt und kommentirt heraus z. B. Galen s „de pulsibus liber ad tirones“ und die 16 Bücher über den Puls, Paris 1532. 4°. „De marcore s. marasmo, senili“, <span style="background-color:#92d050;">[S.&nbsp;32*]</span> Paris 1534. 4°, des Hippokrates Lib. I, III und VI „De epidemus“ Paris 1534, Fol.° und des Galenos Kommentar hierzu und zu Κατ ιατρειον Venedig 1545. 4°. In der Grossen Baseler Galen-Ausgabe Frobens fanden seine Bearbeitungen Aufnahme und noch 1570 erschien in Basel bei Oporin sein Kommentar zur Hippokratischen Schrift „De salubri diaeta“; auch des Plutarch sämtliche Schriften hat er lateinisch herausgegeben.
Am 1. August 1554 wurde durch ein von Jülich datirtes Dekret (Staatsarch., Düsseld. Caus. Mont. B. 34. IV.; Beitr. z. Gesch. des N.-Rh. VI S. 188). Johann Lythodius als Leibarzt Herzogs Wilhelms angestellt mit 130 Thalern Jahrgehalt, 12 Thalern für seine Herberge, Hofkleidung, Futter für ein Pferd und Unterhalt für einen Diener. Herzog Wilhelms Schwester Anna, geb. 1515 und seit 1540 Gemahlin Heinrichs VIII. von England, hatte einen Leibarzt aus der Heimath, als welcher 1549 Dr. Cornelius Sifried von Xanten überliefert ist (Z. des B. G.-V. 144). Urkundlich bekannt ist auch durch Aufzeichnungen Konrads von Heresbach der Name der Hebamme, welche der Herzogin Maria von Österreich, Gemahlin Wilhelms IV., in ihren schweren Stunden bei der Geburt der 3 Töchter Marie Eleonore, Anna und Magdalena (1550—1553) beistand: „obstetrix fuit Sophia Hambacensis ... Sophie Hambachen ... Figge ab Hambach.“ — Ob Hermann Cruserius, der in Kampen geboren, zuerst Griechisch und Medizin, später Jura studirte und den juristischen Doktor erwarb, Leibarzt bei Herzog Wilhelm gewesen ist, konnte ich nicht feststellen, jedenfalls war er herzoglicher Rat und ist 1573 in Königsberg gestorben, als er seinen Herm zur Vermählung der Prinzessin Maria Eleonore mit dem Brandenburger begleitet hatte. Als philosophischer Mediziner gab er verschiedene Schriften des Galen und Hippokrates übersetzt und kommentirt heraus z. B. Galen s „de pulsibus liber ad tirones“ und die 16 Bücher über den Puls, Paris 1532. 4°. „De marcore s. marasmo, senili“, {{Pagemark|pag|32*}} Paris 1534. 4°, des Hippokrates Lib. I, III und VI „De epidemus“ Paris 1534, Fol.° und des Galenos Kommentar hierzu und zu Κατ ιατρειον Venedig 1545. 4°. In der Grossen Baseler Galen-Ausgabe Frobens fanden seine Bearbeitungen Aufnahme und noch 1570 erschien in Basel bei Oporin sein Kommentar zur Hippokratischen Schrift „De salubri diaeta“; auch des Plutarch sämtliche Schriften hat er lateinisch herausgegeben.


Doch kommen wir endlich zu dem grössten der heilkundigen Männer, die am Kleve-Düsseldorfer Hofe weilten, zu Johann Weyer, der sich mit seiner mutigen und genialen Bekämpfung des Hexenwahnes in finsterer Zeit einen unverwelklichen Lorberkranz errungen hat: allezeit wird sein Name als eines der verdienstreichsten Lichtbringer der Menschheit genannt werden. Geboren Ende 1515 zu Grave an der Maas, genoss er früh die Unterweisung einer der interessantesten Persönlichkeiten dieser an eigenartigen Männern so reichen Epoche, des grossen Agrippa von Nettesheim, dem unsere deutsche Gelehrtenwelt schon lange eine seiner würdige monographische Bearbeitung schuldet (1486—1535). Bei ihm verweilte Weyer 1532 und 1533 in Bonn. Er hielt sich dann mehrere Jahre in Frankreich auf, namentlich in Paris, und kehrte etwa 1539 in seine Heimat zurück, wo er 1545—1550 das Stadtarztamt in Arnheim bekleidete. Im Jahre 1550 wurde er Leibarzt bei Herzog Wilhelm dem Reichen, dem er fast bis an sein Lebensende (24. Febr. 1588) in Heimat und Fremde seine Dienste geweiht hat. In den letzten Jahren wurde er von den Arbeiten und Sorgen des Hofdienstes grossenteils entlastet, als sein Sohn Galenus (1547—1619) am 31. October 1578 zum herzoglichen Leibarzt mit dem Wohnsitze in Düsseldorf ernannt wurde, in welcher Stellung er auch bei Johann Wilhelm I. bis zu dessen Tode verblieben ist. Ein anderer Sohn, Heinrich Weyer, war gleichfalls Arzt und Dr. med. von Bologna (1564). Derselbe praktizierte zuerst in Lemgo und später in Köln; seit 1570 wirkte er als kurfürstlicher Leibarzt in Koblenz und Trier. Als er 1565 in Köln an der Universität Vorlesungen hielt, kam er wegen seiner Hinneigung zum Ramismus mit der Fakultät in Konflikt. Er war mit einer Tochter des gleich noch zu erwähnenden Kölner Arztes Dr. Johann Bachoven von Echt (Margarethe) vermählt und starb bei einem Besuche in Köln am 16. Sept. 1591. Er hat über die von seinem Vater in Westfalen studierte Trichinose einen Brief an den von Lemgo her ihm befreundeten Dr. Heinich Smet von Leda geschrieben, der samt dem ins Lateinische übersetzten Traktat des Vaters in Smets bekannte „Miscellanea medica“ (Frankfurt 1611 gr. 8°) Aufnahme fand. „De endemico intra Westphalos affectu“, geschrieben in Koblenz am 1. Mai 1570.
Doch kommen wir endlich zu dem grössten der heilkundigen Männer, die am Kleve-Düsseldorfer Hofe weilten, zu Johann Weyer, der sich mit seiner mutigen und genialen Bekämpfung des Hexenwahnes in finsterer Zeit einen unverwelklichen Lorberkranz errungen hat: allezeit wird sein Name als eines der verdienstreichsten Lichtbringer der Menschheit genannt werden. Geboren Ende 1515 zu Grave an der Maas, genoss er früh die Unterweisung einer der interessantesten Persönlichkeiten dieser an eigenartigen Männern so reichen Epoche, des grossen Agrippa von Nettesheim, dem unsere deutsche Gelehrtenwelt schon lange eine seiner würdige monographische Bearbeitung schuldet (1486—1535). Bei ihm verweilte Weyer 1532 und 1533 in Bonn. Er hielt sich dann mehrere Jahre in Frankreich auf, namentlich in Paris, und kehrte etwa 1539 in seine Heimat zurück, wo er 1545—1550 das Stadtarztamt in Arnheim bekleidete. Im Jahre 1550 wurde er Leibarzt bei Herzog Wilhelm dem Reichen, dem er fast bis an sein Lebensende (24. Febr. 1588) in Heimat und Fremde seine Dienste geweiht hat. In den letzten Jahren wurde er von den Arbeiten und Sorgen des Hofdienstes grossenteils entlastet, als sein Sohn Galenus (1547—1619) am 31. October 1578 zum herzoglichen Leibarzt mit dem Wohnsitze in Düsseldorf ernannt wurde, in welcher Stellung er auch bei Johann Wilhelm I. bis zu dessen Tode verblieben ist. Ein anderer Sohn, Heinrich Weyer, war gleichfalls Arzt und Dr. med. von Bologna (1564). Derselbe praktizierte zuerst in Lemgo und später in Köln; seit 1570 wirkte er als kurfürstlicher Leibarzt in Koblenz und Trier. Als er 1565 in Köln an der Universität Vorlesungen hielt, kam er wegen seiner Hinneigung zum Ramismus mit der Fakultät in Konflikt. Er war mit einer Tochter des gleich noch zu erwähnenden Kölner Arztes Dr. Johann Bachoven von Echt (Margarethe) vermählt und starb bei einem Besuche in Köln am 16. Sept. 1591. Er hat über die von seinem Vater in Westfalen studierte Trichinose einen Brief an den von Lemgo her ihm befreundeten Dr. Heinich Smet von Leda geschrieben, der samt dem ins Lateinische übersetzten Traktat des Vaters in Smets bekannte „Miscellanea medica“ (Frankfurt 1611 gr. 8°) Aufnahme fand. „De endemico intra Westphalos affectu“, geschrieben in Koblenz am 1. Mai 1570.


Die Höhe des geistigen Schaffens des Vaters Johann Weyer bezeichnet dessen Hauptwerk „De Praestigiis daemonum“, an dem er sein <span style="background-color:#92d050;">[S.&nbsp;33*]</span> ganzes Leben lang weitergearbeitet hat, es von 1563 bis 1583 in 6 Auflagen, alle bei Oporinus in Basel erschienen, zu immer grösserer Vollkommenheit zu bringen beflissen. Auch in eigener deutscher Übersetzung hat er es erscheinen lassen (1567 o. O.), um seine reformatorischen menschenfreundlichen Gedanken in immer weitere Kreise zu tragen. Was er mit diesem Werke Unsterbliches geleistet hat, kann hier nicht weiter dargelegt werden; weitere Ausführungen sind auch vollkommen entbehrlich seit Professor Karl Binz’ trefflicher Weyermonographie (Bonn 1885 u. Berlin 1896), welche in der Bibliothek keines niederrheinischen Geschichtsfreundes fehlen darf; es sei also ausdrücklich darauf verwiesen. Man möge dort auch über die weiteren verwandten Schriften Weyers „De Lamiis“, „De commentitiis jejuneis“, „De ira morbo“, den „Liber apologeticus“ und die „Pseudomonarchia daemonum“ alles Nähere einsehen. Vom juristischen Standpunkte aus hat unser niederrheinischer Historiker Dr. H. Eschbach das Lebenswerk Weyers trefflich beleuchtet; seine Monographie ist im 1. Hefte der Beiträge zur Geschichte des Niederrheines (S. 57—174) Düsseldorf 1886 erschienen.
Die Höhe des geistigen Schaffens des Vaters Johann Weyer bezeichnet dessen Hauptwerk „De Praestigiis daemonum“, an dem er sein {{Pagemark|pag|33*}} ganzes Leben lang weitergearbeitet hat, es von 1563 bis 1583 in 6 Auflagen, alle bei Oporinus in Basel erschienen, zu immer grösserer Vollkommenheit zu bringen beflissen. Auch in eigener deutscher Übersetzung hat er es erscheinen lassen (1567 o. O.), um seine reformatorischen menschenfreundlichen Gedanken in immer weitere Kreise zu tragen. Was er mit diesem Werke Unsterbliches geleistet hat, kann hier nicht weiter dargelegt werden; weitere Ausführungen sind auch vollkommen entbehrlich seit Professor Karl Binz’ trefflicher Weyermonographie (Bonn 1885 u. Berlin 1896), welche in der Bibliothek keines niederrheinischen Geschichtsfreundes fehlen darf; es sei also ausdrücklich darauf verwiesen. Man möge dort auch über die weiteren verwandten Schriften Weyers „De Lamiis“, „De commentitiis jejuneis“, „De ira morbo“, den „Liber apologeticus“ und die „Pseudomonarchia daemonum“ alles Nähere einsehen. Vom juristischen Standpunkte aus hat unser niederrheinischer Historiker Dr. H. Eschbach das Lebenswerk Weyers trefflich beleuchtet; seine Monographie ist im 1. Hefte der Beiträge zur Geschichte des Niederrheines (S. 57—174) Düsseldorf 1886 erschienen.


Ein kurzer Hinweis auf Johann Weyers medizinische Schriften ist aber noch anzufügen. Der Liber I. seiner „Medicarum observationum rararum“ ist zuerst 1567 erschienen und 1657 bei Peter van den Berge (Montanus) in Amsterdam wieder aufgelegt worden als Vorläufer der im gleichen Verlag 1660 erschienenen „Opera omnia“ (über 1000 Quartseiten). In erweiterter Gestalt hatte Weyer selbst seine „Observationes“ 1580, 1583 und 1588 in Frankfurt a.M. bei Nicolaus Bassee deutsch erscheinen lassen. Auch hier zeigt er sich als Mann von gesundem Urteil, der zwar dem Galenos grosse Hochachtung entgegenbringt, aber doch einem gesunden Fortschritt huldigt und als nüchterner Beobachter dem einzelnen Krankheitsfalle objektiv gegenübersteht und auch „neuen“ oder für neu gehaltenen Krankheiten gegenüber nicht einfach mit alten Schlagworten wirtschaftet, sondern den Krankheitserscheinungen in ihrer Besonderheit gerecht zu werden sucht, auch durch Leichenöffnungen die Diagnose zu bewahrheiten gelegentlich unternimmt. Das trat schon in den „Praestigiis“ bei der Hysterie in die Erscheinung, nicht minder bei der treffenden Beschreibung des Skorbut in den „Observationes“, wo er das Löffelkraut (Cochlearia officinalis) als empirisches Heilmittel zum ersten Male empfiehlt. Das zeigt sich noch deutlicher bei den „Varen“ oder „laufenden Varen“, einer in Westfalen häufigen Krankheit, die er in ihrer Besonderheit erfasste und als Plage ganzer Familien auf ein mit der Nahrung aufgenommenes schädliches Agens zurückführt — die erste Schilderung der erst 300 Jahre später durch Virchow (1860) aufgeklärten Trichinenkrankheit. In seiner Abhandlung über die „Franzosen“ (Syphilis) empfiehlt er als erster <span style="background-color:#92d050;">[S.&nbsp;34*]</span> in Deutschland in späteren Stadien das vor ihm nur in Spanien (seit 1565) gekannte Lignum Sassafras.
Ein kurzer Hinweis auf Johann Weyers medizinische Schriften ist aber noch anzufügen. Der Liber I. seiner „Medicarum observationum rararum“ ist zuerst 1567 erschienen und 1657 bei Peter van den Berge (Montanus) in Amsterdam wieder aufgelegt worden als Vorläufer der im gleichen Verlag 1660 erschienenen „Opera omnia“ (über 1000 Quartseiten). In erweiterter Gestalt hatte Weyer selbst seine „Observationes“ 1580, 1583 und 1588 in Frankfurt a.M. bei Nicolaus Bassee deutsch erscheinen lassen. Auch hier zeigt er sich als Mann von gesundem Urteil, der zwar dem Galenos grosse Hochachtung entgegenbringt, aber doch einem gesunden Fortschritt huldigt und als nüchterner Beobachter dem einzelnen Krankheitsfalle objektiv gegenübersteht und auch „neuen“ oder für neu gehaltenen Krankheiten gegenüber nicht einfach mit alten Schlagworten wirtschaftet, sondern den Krankheitserscheinungen in ihrer Besonderheit gerecht zu werden sucht, auch durch Leichenöffnungen die Diagnose zu bewahrheiten gelegentlich unternimmt. Das trat schon in den „Praestigiis“ bei der Hysterie in die Erscheinung, nicht minder bei der treffenden Beschreibung des Skorbut in den „Observationes“, wo er das Löffelkraut (Cochlearia officinalis) als empirisches Heilmittel zum ersten Male empfiehlt. Das zeigt sich noch deutlicher bei den „Varen“ oder „laufenden Varen“, einer in Westfalen häufigen Krankheit, die er in ihrer Besonderheit erfasste und als Plage ganzer Familien auf ein mit der Nahrung aufgenommenes schädliches Agens zurückführt — die erste Schilderung der erst 300 Jahre später durch Virchow (1860) aufgeklärten Trichinenkrankheit. In seiner Abhandlung über die „Franzosen“ (Syphilis) empfiehlt er als erster {{Pagemark|pag|34*}} in Deutschland in späteren Stadien das vor ihm nur in Spanien (seit 1565) gekannte Lignum Sassafras.


Fügen wir hier gleich die Schilderung eines Freundes und Bundesgenossen Weyers an, des Dr. Johann Ewich, der sich zuerst voll und freimütig an seine Seite stellte in der Bekämpfung des Hexenwahnes durch einen Brief vom 1. Juni 1563 und später in einer besonderen Schrift „De Sagarum quas vulgo veneficas apellant, natura, arte viribus et factis“, Bremae 1584. Ewich ist um 1525 im damals Klevischen Frohnenbruch, Bürgermeisterei Hörstgen, im heutigen Kreise Mörs geboren. Er studierte zuerst in Deventer und Köln Philosophie und Rechtswissenschaft und ging darauf nach Süddeutschland, Frankreich und Italien, wo er sich besonders in Venedig und Padua dem Studium der Arzneikunde widmete und 1559 den medizinischen Doktortitel erwarb. In die Heimat zurückgekehrt, liess er sich zuerst in Hörstgen nieder, wo er sich auch vermählte; später ging er nach Duisburg und endlich, um religiösen Verfolgungen zu entgehen, nach Bremen. Der Bremer Rath übertrug ihm schon 1562 das Amt eines Stadtphysikus, welches er mit grossem Eifer und Pflichttreue versah. Seine Beobachtungen und Erfahrungen als Arzt eines grossen Gemeinwesens, namentlich zur Zeit der Epidemien, legte er in seinem Leitfaden der Gesundheitspolizei nieder: „De officio fidelis et prudentis magistratus tempore pestilentiae rempublicam a contagio praeservandi liberandique libri duo“ Neapoli Nemetum (Neustadt a. d. Haardt) ap. Math. Harnisch 1582. 8°. (in Bremen 1656 in 8° wieder aufgelegt und 1584 durch Gust. Moller in Mühlhausen deutsch als „Pestilenz-Ordnung“ herausgegeben. Auch hat er sich in einer besonderen Schrift nochmals mit der Pest beschäftigt: „Die Pestilenz ob sie eine anfällige Seuche sei und in wiefern ein Christenmensch weichen möge, zwei Fragen“, Basel 1582. 8°. Als man in Bremen im Jahre 1584 die lateinische Schule in ein Gymnasium illustre umwandelte, erhielt der auch um das städtische Schulwesen hochverdiente Johann Ewich die Professur der Medizin, welche er im Oktober 1584 als Einleitung zu einem Kolleg über des Hippokrates Buch „de natura humana“ mit einer Rede antrat, „in qua praeter brevem scholarum commendationem, agitur de vita antiquissimi scriptoris, Hippocratis, et nova Philippi Paracelsi medicina“ (1584, Bremen Arnold Wessel, 16 Bll. 4°). Er hat es wohl für nötig gefunden, sich bei dieser feierlichen Gelegenheit als waschechten Anhänger des Schulgalenismus zu dokumentieren und deshalb den grossen Einsiedler in der Manier des Erastus statt einer Widerlegung mit Schmähungen bedacht, die der Höhe des Parteifanatismus ein trauriges Zeichen sind. — Seiner Dozententhätigkeit hatte er sich nur kurze Zeit zu erfreuen, denn er starb schon am 7. Februar 1558. Sein Nachfolger im Stadtphysikat war gleichfalls ein niederrheinischer Arzt, Gerhard Baumann, geboren in Emmerich; derselbe scheint sich 1561 in <span style="background-color:#92d050;">[S.&nbsp;35*]</span> Wesel niedergelassen zu haben und dort 1570 als Stadtarzt angestellt worden zu sein. Es wird auch von ärztlicher Praxis im Braunschweigischen berichtet, jedenfalls wurde Baumann 1589 als Physikus nach Bremen berufen und bekleidete dies Amt bis zu seinem Tode am 6. April 1609. In den gesammelten „Consilia medica“, welche Joh. Phil. Brendel 1615 zu Frankfurt bei Palthen in 4° herausgab, findet sich als 59. ein Consilium Baumanns für einen an Skorbut leidenden Jüngling. Die Baumannschen Brustkuchen waren noch lange in Bremen berühmt.
Fügen wir hier gleich die Schilderung eines Freundes und Bundesgenossen Weyers an, des Dr. Johann Ewich, der sich zuerst voll und freimütig an seine Seite stellte in der Bekämpfung des Hexenwahnes durch einen Brief vom 1. Juni 1563 und später in einer besonderen Schrift „De Sagarum quas vulgo veneficas apellant, natura, arte viribus et factis“, Bremae 1584. Ewich ist um 1525 im damals Klevischen Frohnenbruch, Bürgermeisterei Hörstgen, im heutigen Kreise Mörs geboren. Er studierte zuerst in Deventer und Köln Philosophie und Rechtswissenschaft und ging darauf nach Süddeutschland, Frankreich und Italien, wo er sich besonders in Venedig und Padua dem Studium der Arzneikunde widmete und 1559 den medizinischen Doktortitel erwarb. In die Heimat zurückgekehrt, liess er sich zuerst in Hörstgen nieder, wo er sich auch vermählte; später ging er nach Duisburg und endlich, um religiösen Verfolgungen zu entgehen, nach Bremen. Der Bremer Rath übertrug ihm schon 1562 das Amt eines Stadtphysikus, welches er mit grossem Eifer und Pflichttreue versah. Seine Beobachtungen und Erfahrungen als Arzt eines grossen Gemeinwesens, namentlich zur Zeit der Epidemien, legte er in seinem Leitfaden der Gesundheitspolizei nieder: „De officio fidelis et prudentis magistratus tempore pestilentiae rempublicam a contagio praeservandi liberandique libri duo“ Neapoli Nemetum (Neustadt a. d. Haardt) ap. Math. Harnisch 1582. 8°. (in Bremen 1656 in 8° wieder aufgelegt und 1584 durch Gust. Moller in Mühlhausen deutsch als „Pestilenz-Ordnung“ herausgegeben. Auch hat er sich in einer besonderen Schrift nochmals mit der Pest beschäftigt: „Die Pestilenz ob sie eine anfällige Seuche sei und in wiefern ein Christenmensch weichen möge, zwei Fragen“, Basel 1582. 8°. Als man in Bremen im Jahre 1584 die lateinische Schule in ein Gymnasium illustre umwandelte, erhielt der auch um das städtische Schulwesen hochverdiente Johann Ewich die Professur der Medizin, welche er im Oktober 1584 als Einleitung zu einem Kolleg über des Hippokrates Buch „de natura humana“ mit einer Rede antrat, „in qua praeter brevem scholarum commendationem, agitur de vita antiquissimi scriptoris, Hippocratis, et nova Philippi Paracelsi medicina“ (1584, Bremen Arnold Wessel, 16 Bll. 4°). Er hat es wohl für nötig gefunden, sich bei dieser feierlichen Gelegenheit als waschechten Anhänger des Schulgalenismus zu dokumentieren und deshalb den grossen Einsiedler in der Manier des Erastus statt einer Widerlegung mit Schmähungen bedacht, die der Höhe des Parteifanatismus ein trauriges Zeichen sind. — Seiner Dozententhätigkeit hatte er sich nur kurze Zeit zu erfreuen, denn er starb schon am 7. Februar 1558. Sein Nachfolger im Stadtphysikat war gleichfalls ein niederrheinischer Arzt, Gerhard Baumann, geboren in Emmerich; derselbe scheint sich 1561 in {{Pagemark|pag|35*}} Wesel niedergelassen zu haben und dort 1570 als Stadtarzt angestellt worden zu sein. Es wird auch von ärztlicher Praxis im Braunschweigischen berichtet, jedenfalls wurde Baumann 1589 als Physikus nach Bremen berufen und bekleidete dies Amt bis zu seinem Tode am 6. April 1609. In den gesammelten „Consilia medica“, welche Joh. Phil. Brendel 1615 zu Frankfurt bei Palthen in 4° herausgab, findet sich als 59. ein Consilium Baumanns für einen an Skorbut leidenden Jüngling. Die Baumannschen Brustkuchen waren noch lange in Bremen berühmt.


In den scharfen Invectiven Ewichs gegen den Paracelsismus in seiner Habilitationsrede haben wir vielleicht einen Nachklang des Streites zu finden, den Ewichs ärztlicher Freundeskreis am Rhein mit einem pseudoparacelsischen Charlatan um 1565 auszufechten hatte, der sich Fedro von Rodach nannte, aus Oberdeutschland gekommen war und allerlei Kuren in Köln, Düsseldorf und Umgegend gemacht hatte, die ihn mit den eingesessenen galenischen Aerzten in Konflikt gebracht hatten. Zu seiner Vertheidigung schrieb Fedro eine „Verantwortung Auff etlich vnglimpff der Sophistischen Ärtzten und seiner Missgünner“, die am 20. November 1565 dem Erzbischof Friedrich von Köln gewidmet wurde und 1566 ohne Druckort in 4° erschien (18 Bll.), worin er die Defensionen Hohenheims nachäffte und einige spöttische Malicen gegen seine ärztlichen Feinde am Niederrhein einfliessen liess, sich aber doch in den Grenzen anständiger Polemik hielt. Seine Gegner brachte das Schriftchen erst recht in Harnisch. Sie liessen unter dem Titel „Thyrsus ὄναγος in tergum Ge. Fedronis“ ein Pamphlet 1566 s. l. (12 Bll. 4°) ausgehen, das in dieser an Derbheiten in der Polemik so gesegneten Zeit an Schmutz das Grösste leistet, was mir bis jetzt vor Augen gekommen ist. Und da werden, wenn auch nicht als Verfasser, (als solcher wird ein ungenannter Doktor iuris vorgeschoben) so doch als Mitstreiter ganz munter genannt die Herren Doktoren Johann Echt, Johann Weyer, Reiner Salenander und Bernhard Cronenburgius. Persönliche Empfindlichkeiten und prinzipielle Differenzen werden mit unsagbar plumpen persönlichen Invectiven gesühnt!
In den scharfen Invectiven Ewichs gegen den Paracelsismus in seiner Habilitationsrede haben wir vielleicht einen Nachklang des Streites zu finden, den Ewichs ärztlicher Freundeskreis am Rhein mit einem pseudoparacelsischen Charlatan um 1565 auszufechten hatte, der sich Fedro von Rodach nannte, aus Oberdeutschland gekommen war und allerlei Kuren in Köln, Düsseldorf und Umgegend gemacht hatte, die ihn mit den eingesessenen galenischen Aerzten in Konflikt gebracht hatten. Zu seiner Vertheidigung schrieb Fedro eine „Verantwortung Auff etlich vnglimpff der Sophistischen Ärtzten und seiner Missgünner“, die am 20. November 1565 dem Erzbischof Friedrich von Köln gewidmet wurde und 1566 ohne Druckort in 4° erschien (18 Bll.), worin er die Defensionen Hohenheims nachäffte und einige spöttische Malicen gegen seine ärztlichen Feinde am Niederrhein einfliessen liess, sich aber doch in den Grenzen anständiger Polemik hielt. Seine Gegner brachte das Schriftchen erst recht in Harnisch. Sie liessen unter dem Titel „Thyrsus ὄναγος in tergum Ge. Fedronis“ ein Pamphlet 1566 s. l. (12 Bll. 4°) ausgehen, das in dieser an Derbheiten in der Polemik so gesegneten Zeit an Schmutz das Grösste leistet, was mir bis jetzt vor Augen gekommen ist. Und da werden, wenn auch nicht als Verfasser, (als solcher wird ein ungenannter Doktor iuris vorgeschoben) so doch als Mitstreiter ganz munter genannt die Herren Doktoren Johann Echt, Johann Weyer, Reiner Salenander und Bernhard Cronenburgius. Persönliche Empfindlichkeiten und prinzipielle Differenzen werden mit unsagbar plumpen persönlichen Invectiven gesühnt!


Johann Bachoven von Echt aus Geldern war Arzt in Köln und gab mit dem vom Niederrhein (1515) gebürtigen Professor Hubert Faber, dem Bernhard Dessenius von Kronenburg (1510—1574, früher Professor in Groningen) und dem der Paracelsischen Medizin geneigten Dr. Theodor Birckmann im Auftrage des Magistrats das „Dispensarium usuale pro pharmacopoeis inclytae reipub. Coloniensis“ heraus (Coloniae ap. haer. Arn. Birckmann 1565, 8°. 1 Bll. + 198 num Bll. 12 Bll.). Andere Schriften dieser gelehrten Männer übergehend (auch die zur Beurteilung Weyers vielleicht wichtige, angeblich zuerst 1541 erschienene Schrift Joh. Echts „De Scorbuto“), erwähne ich nur, dass als späten Nachklang des niederrheinischen medizinischen <span style="background-color:#92d050;">[S.&nbsp;36*]</span> Sektenstreites der auch in andern Schriften recht weitschweifige Dessenius einen mehr als 300 Seiten starken Quartanten 1573 bei Joh. Gymnicus in Köln erscheinen liess: „Medicinae veteris et rationalis adversus oberronis cuiusdam mendacissimi atque impudentissimi Georgii Fedronis ac universae Sectae Paracelsicae imposturas defensio“, worin der ganze Streit mit wissenschaftlicher Dialektik reich verbrämt zur Darstellung kommt, aber auch manches zur Personengeschichte unserer Gegend Interessante mitgeteilt wird. Weyer hat dem mitteldeutschen Charlatan, den die Gemeinde der Paracelsusjünger weit von sich wies, in mehrfacher Polemik mit Krankengeschichten in seinen „Praestigiis“ eine unverdiente Unsterblichkeit gesichert.
Johann Bachoven von Echt aus Geldern war Arzt in Köln und gab mit dem vom Niederrhein (1515) gebürtigen Professor Hubert Faber, dem Bernhard Dessenius von Kronenburg (1510—1574, früher Professor in Groningen) und dem der Paracelsischen Medizin geneigten Dr. Theodor Birckmann im Auftrage des Magistrats das „Dispensarium usuale pro pharmacopoeis inclytae reipub. Coloniensis“ heraus (Coloniae ap. haer. Arn. Birckmann 1565, 8°. 1 Bll. + 198 num Bll. 12 Bll.). Andere Schriften dieser gelehrten Männer übergehend (auch die zur Beurteilung Weyers vielleicht wichtige, angeblich zuerst 1541 erschienene Schrift Joh. Echts „De Scorbuto“), erwähne ich nur, dass als späten Nachklang des niederrheinischen medizinischen {{Pagemark|pag|36*}} Sektenstreites der auch in andern Schriften recht weitschweifige Dessenius einen mehr als 300 Seiten starken Quartanten 1573 bei Joh. Gymnicus in Köln erscheinen liess: „Medicinae veteris et rationalis adversus oberronis cuiusdam mendacissimi atque impudentissimi Georgii Fedronis ac universae Sectae Paracelsicae imposturas defensio“, worin der ganze Streit mit wissenschaftlicher Dialektik reich verbrämt zur Darstellung kommt, aber auch manches zur Personengeschichte unserer Gegend Interessante mitgeteilt wird. Weyer hat dem mitteldeutschen Charlatan, den die Gemeinde der Paracelsusjünger weit von sich wies, in mehrfacher Polemik mit Krankengeschichten in seinen „Praestigiis“ eine unverdiente Unsterblichkeit gesichert.


Doch einer seiner Gegner in der ärztlichen Praxis am Niederrhein verdient noch ein anerkennendes Wort, D. Reinerus Solenander (Sondermann), eine hervorragende ärztliche Gestalt in unsern Landen, die auch in die Zeitgeschichte mehrfach eingegriffen hat. Geboren 1525 zu Büderich oberhalb Wesel, studierte er 3 Jahre in Löwen, besuchte 7 Jahre die italienischen Hochschulen in Bologna, Pisa, Rom und Neapel und hielt sich dann noch mehrere Jahre in Frankreich auf. Derart vorzüglich wissenschaftlich vorgebildet, wurde er 1559 als Leibarzt an den Hof Herzog Wilhelms berufen, dem er über 30 Jahre seine Dienste weihte, ihn 1566 auf den Reichstag zu Augsburg begleitete (wo er mit Casp. Peucer Freundschaft schloss), auch die Hochzeitsfahrt nach Königsberg 1573 mitmachte und bei der herzoglichen Familie in grossem Ansehen stand, wie seine Berufung zur Pfalzgräfin Magdalene, der ohrenleidenden Tochter Herzog Wilhelms, im Jahre 1585 darthut. Die hierüber gewechselten Briefe verwahrt das Düsseldorfer Staatsarchiv (Guntrum’sche Sammlung 4). Sein Bericht über die letzte Krankheit Herzog Wilhelms vom 8. Januar 1592 ist in der Ztschr. d. berg. Gesch.- Vereins II. S. 172—176 veröffentlicht. Einen andern über den Zustand des Jungherzogs Joh. Wilhelm hat E. Pauls kürzlich ebenda mitgetheilt. Sondermann war dreimal vermählt und ist hochbetagt und allseitig hochverehrt am Tage vor Epiphanias 1601 in seiner Heimat Büderich gestorben und in Wesel begraben. Als man 1566 die Gründung der Universität Duisburg erwog, war Solenander zum Professor der Medizin ausersehen. Schon 1556 liess er eine „Apologia qua Julio Alexandrino respondetur pro Argenterio“ bei Leo Torrentinus in Florenz in 8° erscheinen und schrieb „De caloris fontium medicatorum causa eorumque temperatione Lib. II“, Lyon bei Gabianus 4° und gab endlich „Consiliorum medicinalium sectiones quinque“ gesammelt heraus (Frankfurt 1596 und Hanau 1609 Fol.°), deren erste schon 1558 bei Franz de Gabiano in Lyon mit des berühmten Johannes Montanus Consilien erschienen war. Hervorgehoben zu werden verdient, dass er der rezeptlichen Vielgeschäftigkeit seiner Tage zwar auch nicht ganz fremd <span style="background-color:#92d050;">[S.&nbsp;37*]</span> war, aber auch auf die Regelung der Diät seines fürstlichen Herrn ernstlich sein Augenmerk gerichtet hat.
Doch einer seiner Gegner in der ärztlichen Praxis am Niederrhein verdient noch ein anerkennendes Wort, D. Reinerus Solenander (Sondermann), eine hervorragende ärztliche Gestalt in unsern Landen, die auch in die Zeitgeschichte mehrfach eingegriffen hat. Geboren 1525 zu Büderich oberhalb Wesel, studierte er 3 Jahre in Löwen, besuchte 7 Jahre die italienischen Hochschulen in Bologna, Pisa, Rom und Neapel und hielt sich dann noch mehrere Jahre in Frankreich auf. Derart vorzüglich wissenschaftlich vorgebildet, wurde er 1559 als Leibarzt an den Hof Herzog Wilhelms berufen, dem er über 30 Jahre seine Dienste weihte, ihn 1566 auf den Reichstag zu Augsburg begleitete (wo er mit Casp. Peucer Freundschaft schloss), auch die Hochzeitsfahrt nach Königsberg 1573 mitmachte und bei der herzoglichen Familie in grossem Ansehen stand, wie seine Berufung zur Pfalzgräfin Magdalene, der ohrenleidenden Tochter Herzog Wilhelms, im Jahre 1585 darthut. Die hierüber gewechselten Briefe verwahrt das Düsseldorfer Staatsarchiv (Guntrum’sche Sammlung 4). Sein Bericht über die letzte Krankheit Herzog Wilhelms vom 8. Januar 1592 ist in der Ztschr. d. berg. Gesch.- Vereins II. S. 172—176 veröffentlicht. Einen andern über den Zustand des Jungherzogs Joh. Wilhelm hat E. Pauls kürzlich ebenda mitgetheilt. Sondermann war dreimal vermählt und ist hochbetagt und allseitig hochverehrt am Tage vor Epiphanias 1601 in seiner Heimat Büderich gestorben und in Wesel begraben. Als man 1566 die Gründung der Universität Duisburg erwog, war Solenander zum Professor der Medizin ausersehen. Schon 1556 liess er eine „Apologia qua Julio Alexandrino respondetur pro Argenterio“ bei Leo Torrentinus in Florenz in 8° erscheinen und schrieb „De caloris fontium medicatorum causa eorumque temperatione Lib. II“, Lyon bei Gabianus 4° und gab endlich „Consiliorum medicinalium sectiones quinque“ gesammelt heraus (Frankfurt 1596 und Hanau 1609 Fol.°), deren erste schon 1558 bei Franz de Gabiano in Lyon mit des berühmten Johannes Montanus Consilien erschienen war. Hervorgehoben zu werden verdient, dass er der rezeptlichen Vielgeschäftigkeit seiner Tage zwar auch nicht ganz fremd {{Pagemark|pag|37*}} war, aber auch auf die Regelung der Diät seines fürstlichen Herrn ernstlich sein Augenmerk gerichtet hat.


Als weitere Ärzte am Klevischen Hofe aus dem Ende des 16. Jahrhunderts sind zu nennen Dr. Lambert Wolf, der seit etwa 1585 zum Leibarzt bestellt wurde, und Dr. Heinrich Butter (Botter), im Holländischen geboren, der in Padua studierte, 1576—1578 in Marburg Professor war und später in Köln sich niederliess, wo er noch 1612 gelebt haben soll (Z. d. Berg. G.-Vereins II, 177; XXIII, 21). Als seine Schriften gelten eine „Epistola de expurgatione empyematis“ und ein Traktat „De Scorbuto“, die erst später 1621 und 1646 veröffentlicht wurden. Auch Petrus Quentenius, Weilerij Bedburensis med. Dr., hat Johann Wilhelm im Nov. 1599 behandelt; ein Dr. Johann Luncken oder Lankyn war dessen Leibarzt von 1597—1599, gehört aber schon mehr zu den Charlatanen, unter denen auch ein englischer Barbiersohn genannt wird, welcher aus Gold einen Trank bereitet haben soll, aber selbst nur für Reisen für den geisteskranken Fürsten nötig erklärte (Z. d. B. G.-V. XIII, 101). Man hat hinter diesem „Engländer“ und Goldkoch auch den in seinen spätem Lebensjahren stark sagenhaft gewordenen Leonhard Thurneysser suchen wollen, der 1591 in einem Kölner Kloster Unterkunft und am 9. Juli 1596 seinen Tod gefunden haben soll. Von einem Quacksalber Meester Heyndrick van Aken aus dem 16. Jahrhundert hat uns E. Pauls kürzlich Kunde gegeben (Z. d. B. G.-V. XXXII, 129—132). — Rühmend genannt werden muss dagegen der Leibwundarzt Wilhelm IV. Cosmas Slot (Slotanus), ein Schüler Vesals und selbst Lehrer des grössten chirurgischen Genies, das Deutschland im 16. Jahrhundert hervorbrachte. Dass ihn Solenander in seinen Consilien öffentlich „Compater charissime“ nennt, kennzeichnet seine geachtete Stellung am Hofe.
Als weitere Ärzte am Klevischen Hofe aus dem Ende des 16. Jahrhunderts sind zu nennen Dr. Lambert Wolf, der seit etwa 1585 zum Leibarzt bestellt wurde, und Dr. Heinrich Butter (Botter), im Holländischen geboren, der in Padua studierte, 1576—1578 in Marburg Professor war und später in Köln sich niederliess, wo er noch 1612 gelebt haben soll (Z. d. Berg. G.-Vereins II, 177; XXIII, 21). Als seine Schriften gelten eine „Epistola de expurgatione empyematis“ und ein Traktat „De Scorbuto“, die erst später 1621 und 1646 veröffentlicht wurden. Auch Petrus Quentenius, Weilerij Bedburensis med. Dr., hat Johann Wilhelm im Nov. 1599 behandelt; ein Dr. Johann Luncken oder Lankyn war dessen Leibarzt von 1597—1599, gehört aber schon mehr zu den Charlatanen, unter denen auch ein englischer Barbiersohn genannt wird, welcher aus Gold einen Trank bereitet haben soll, aber selbst nur für Reisen für den geisteskranken Fürsten nötig erklärte (Z. d. B. G.-V. XIII, 101). Man hat hinter diesem „Engländer“ und Goldkoch auch den in seinen spätem Lebensjahren stark sagenhaft gewordenen Leonhard Thurneysser suchen wollen, der 1591 in einem Kölner Kloster Unterkunft und am 9. Juli 1596 seinen Tod gefunden haben soll. Von einem Quacksalber Meester Heyndrick van Aken aus dem 16. Jahrhundert hat uns E. Pauls kürzlich Kunde gegeben (Z. d. B. G.-V. XXXII, 129—132). — Rühmend genannt werden muss dagegen der Leibwundarzt Wilhelm IV. Cosmas Slot (Slotanus), ein Schüler Vesals und selbst Lehrer des grössten chirurgischen Genies, das Deutschland im 16. Jahrhundert hervorbrachte. Dass ihn Solenander in seinen Consilien öffentlich „Compater charissime“ nennt, kennzeichnet seine geachtete Stellung am Hofe.


Ein Weseler Kind, Johann Varwichius (Warvich), geb. 1539, studierte auf Kosten seiner Vaterstadt zuerst die Artes, dann Medizin; er promovierte in Marburg 1569 (Disputatio de calculo ), war anfangs Arzt in Wesel, wurde aber später zu König Friedrich II. nach Kopenhagen berufen, als dessen Leibarzt er einen „Bericht wider die pestilentzialische Krankheit“ schrieb, der 1577 und 1624 in Kopenhagen gedruckt sein soll. Mehr Beachtung verdient Johann Kühn (Tolmerus), nach seinem Geburtsort Rheinbreidbach bei Bonn (1541) auch Breidbachius genannt, erzogen in Düsseldorf unter J. Monheim, für den er auch eine anonyme Verteidigung seines Katechismus schrieb (1561). Er studierte in Leipzig, Heidelberg und Italien (Dr. med. in Bologna), war 8 Jahre Professor der Medizin in Klagenfurt (Kärnten), und liess sich in Köln nieder, wo er einen grossen Ruf als Arzt sich erwarb. Vom Markgrafen Ernst von Brandenburg 1609 zum Leibarzt ernannt, blieb er doch in Köln wohnen, bis er am 1. Januar 1612 nach Wesel entweichen musste (wegen seines 1611 in Herborn erschienenen Gedichtes „De Deo Panaceo“), wo <span style="background-color:#92d050;">[S.&nbsp;38*]</span> er 1613 plötzlich starb. Früh der Dichtkunst beflissen, hat er alle seine Schriften in Versen verfasst: „Militia christiana“ (1560) „Zodiacus medicinae“ (Köln 1587 bei Gerh. Grevenbroich 8° .1. Bd. 928 SS.) „Naumachia hispanica et anglicana“ 1588.— Ein Solinger Wilhem Lauremberg, geb. 1547, starb als Prof, der Mathematik und Medizin in Rostock am 2. Februar 1612; er schrieb unter anderm eine „Dissertatio de febris malignae petechialis essentia, causis et signis“ Rostock 1605, 4° und eine „Diss. epistolica de curatione calculi vesicae“ die Joachim Morsius 1619 zu Leiden herausgab, 1619 in 8°.
Ein Weseler Kind, Johann Varwichius (Warvich), geb. 1539, studierte auf Kosten seiner Vaterstadt zuerst die Artes, dann Medizin; er promovierte in Marburg 1569 (Disputatio de calculo ), war anfangs Arzt in Wesel, wurde aber später zu König Friedrich II. nach Kopenhagen berufen, als dessen Leibarzt er einen „Bericht wider die pestilentzialische Krankheit“ schrieb, der 1577 und 1624 in Kopenhagen gedruckt sein soll. Mehr Beachtung verdient Johann Kühn (Tolmerus), nach seinem Geburtsort Rheinbreidbach bei Bonn (1541) auch Breidbachius genannt, erzogen in Düsseldorf unter J. Monheim, für den er auch eine anonyme Verteidigung seines Katechismus schrieb (1561). Er studierte in Leipzig, Heidelberg und Italien (Dr. med. in Bologna), war 8 Jahre Professor der Medizin in Klagenfurt (Kärnten), und liess sich in Köln nieder, wo er einen grossen Ruf als Arzt sich erwarb. Vom Markgrafen Ernst von Brandenburg 1609 zum Leibarzt ernannt, blieb er doch in Köln wohnen, bis er am 1. Januar 1612 nach Wesel entweichen musste (wegen seines 1611 in Herborn erschienenen Gedichtes „De Deo Panaceo“), wo {{Pagemark|pag|38*}} er 1613 plötzlich starb. Früh der Dichtkunst beflissen, hat er alle seine Schriften in Versen verfasst: „Militia christiana“ (1560) „Zodiacus medicinae“ (Köln 1587 bei Gerh. Grevenbroich 8° .1. Bd. 928 SS.) „Naumachia hispanica et anglicana“ 1588.— Ein Solinger Wilhem Lauremberg, geb. 1547, starb als Prof, der Mathematik und Medizin in Rostock am 2. Februar 1612; er schrieb unter anderm eine „Dissertatio de febris malignae petechialis essentia, causis et signis“ Rostock 1605, 4° und eine „Diss. epistolica de curatione calculi vesicae“ die Joachim Morsius 1619 zu Leiden herausgab, 1619 in 8°.


Auf der Schwelle zweier Jahrhunderte steht der grösste Sohn bergischen Landes aus jener Zeit, der grösste deutsche Chirurg des 17. Jahrhunderts: Wilhelm Fabricius (Fabry) von Hilden bei Düsseldorf; sein Beiname Hildanus hat das kleine bergische Städtchen in der ganzen Welt bekannt gemacht. Geboren am 25. Juni 1560 und schon früh widrigen Schicksalen preisgegeben, konnte er seinen brennenden Wunsch, Medizin zu studieren, nur langsam und auf Umwegen erreichen. 1576—1580 war er bei dem Wundarzt Dümgens in Neuss in der Lehre und trat dann bei dem schon oben genannten Leibwundarzt Cosmas Slot als Gehilfe ein, den er erst nach fünf Jahren verliess, um den berühmten Chirurgen Jean Griffon in Genf aufzusuchen; dort blieb er 3 Jahre und vermählte sich mit der Genferin Maria Colinet, die ihm in Beruf und Wandern eine treue Genossin wurde. Nach einer Reise durch Frankreich liess er sich 1588 in seiner Vaterstadt Hilden nieder ; seine Werke enthalten mancherlei Kasuistik aus dieser Hildener Zeit von lokalem Interesse. 1591 siedelte er nach Köln über, seiner weiteren medizinischen Ausbildung allzeit beflissen, und veröffentlichte dort seine Erstlingsschrift vom heissen und kalten Brand 1593, die viele Auflagen und Übersetzungen erlebte. Nach mancherlei Wanderungen und Hin- und Herzügen nach Genf, Lausanne, Köln, Lausanne, Peterlingen (Payerne), Lausanne liess er sich endlich 1614 dauernd in Bern nieder, wohin ihn der Rat als Stadtarzt gerufen hatte; er starb am 14. Februar 1634, weit und breit berühmt und mit Recht mit dem Ehrentitel „der deutsche Pare“ geziert. Auf allen Gebieten der Chirurgie hat er den Fortschritt angeregt oder selbst geschaffen, auch in der Geburtshülfe, in welcher er seine eigene Frau unterwiesen hat. Auch um die Technik der Operationen hat er grosse Verdienste und es ist nicht eitel Ruhmredigkeit, wenn er sagt, er habe fast alle Instrumente erfunden oder wenigstens verbessert. Alle seine Schriften kann ich hier nicht nennen; ich greife nur die bedeutendsten heraus: „de combustionibus“ Basel 1607, 8°; „Lithotomia vesicae“ Basel 1626 8°, und die Sammlung seiner Beobachtungen in sechs Centurien „Observationum et curationum chirurgicarum centuriae“ 1606—1641. Die wichtigste Schrift über ihn ist die von P. Müller im deutschen Archiv f. Gesch. der Med. 1883. Bd. III. Ein Freund des Fabricius, Dr. Daniel Daniels <span style="background-color:#92d050;">[S.&nbsp;39*]</span> aus Duisburg, war Arzt in seiner Vaterstadt (vgl. seine „Epistola de morsu canis rabidi“ in Fabric. Hildani obs. chir. cent. IV, obs. 88).
Auf der Schwelle zweier Jahrhunderte steht der grösste Sohn bergischen Landes aus jener Zeit, der grösste deutsche Chirurg des 17. Jahrhunderts: Wilhelm Fabricius (Fabry) von Hilden bei Düsseldorf; sein Beiname Hildanus hat das kleine bergische Städtchen in der ganzen Welt bekannt gemacht. Geboren am 25. Juni 1560 und schon früh widrigen Schicksalen preisgegeben, konnte er seinen brennenden Wunsch, Medizin zu studieren, nur langsam und auf Umwegen erreichen. 1576—1580 war er bei dem Wundarzt Dümgens in Neuss in der Lehre und trat dann bei dem schon oben genannten Leibwundarzt Cosmas Slot als Gehilfe ein, den er erst nach fünf Jahren verliess, um den berühmten Chirurgen Jean Griffon in Genf aufzusuchen; dort blieb er 3 Jahre und vermählte sich mit der Genferin Maria Colinet, die ihm in Beruf und Wandern eine treue Genossin wurde. Nach einer Reise durch Frankreich liess er sich 1588 in seiner Vaterstadt Hilden nieder ; seine Werke enthalten mancherlei Kasuistik aus dieser Hildener Zeit von lokalem Interesse. 1591 siedelte er nach Köln über, seiner weiteren medizinischen Ausbildung allzeit beflissen, und veröffentlichte dort seine Erstlingsschrift vom heissen und kalten Brand 1593, die viele Auflagen und Übersetzungen erlebte. Nach mancherlei Wanderungen und Hin- und Herzügen nach Genf, Lausanne, Köln, Lausanne, Peterlingen (Payerne), Lausanne liess er sich endlich 1614 dauernd in Bern nieder, wohin ihn der Rat als Stadtarzt gerufen hatte; er starb am 14. Februar 1634, weit und breit berühmt und mit Recht mit dem Ehrentitel „der deutsche Pare“ geziert. Auf allen Gebieten der Chirurgie hat er den Fortschritt angeregt oder selbst geschaffen, auch in der Geburtshülfe, in welcher er seine eigene Frau unterwiesen hat. Auch um die Technik der Operationen hat er grosse Verdienste und es ist nicht eitel Ruhmredigkeit, wenn er sagt, er habe fast alle Instrumente erfunden oder wenigstens verbessert. Alle seine Schriften kann ich hier nicht nennen; ich greife nur die bedeutendsten heraus: „de combustionibus“ Basel 1607, 8°; „Lithotomia vesicae“ Basel 1626 8°, und die Sammlung seiner Beobachtungen in sechs Centurien „Observationum et curationum chirurgicarum centuriae“ 1606—1641. Die wichtigste Schrift über ihn ist die von P. Müller im deutschen Archiv f. Gesch. der Med. 1883. Bd. III. Ein Freund des Fabricius, Dr. Daniel Daniels {{Pagemark|pag|39*}} aus Duisburg, war Arzt in seiner Vaterstadt (vgl. seine „Epistola de morsu canis rabidi“ in Fabric. Hildani obs. chir. cent. IV, obs. 88).


Zwei Ärzte, die den Namen Freitag führen, sind am Niederrhein geboren, aber nicht nachweisbar mit einander verwandt. Arnold Freitag aus Emmerich wurde im April 1589 Professor in Helmstädt und schon im November desselben Jahres Leibarzt des Herzogs Heinrich Julius von Braunschweig-Lüneburg und Erzbischofs von Halberstadt ; er starb am 5. September 1605. Seine Schriften sind: eine Übersetzung von „De esculentorum poculentorumque facultatibus“ des Balth. Pisanelli Herborn 1593 und 1620, eine „Mythologia ethica“, Antwerpen 1597, 4° und „Medicina animae“ Bremen 1614, 4°. (Sein Sohn ist Johann Heinrich Freitag, geb. 1596, der 1636 zu Halberstadt eine Schrift über den Flecktyphus in 8° erscheinen liess und im selben Jahre [s. l. Quedlinburg?] den „Catalogus testium veritatis chimiatricae“ herausgab.) Ein heftiger Gegner der Chemiatrie ist Johann Freitag geb. 1581 in Wesel, der in Helmstädt studierte und dort gleichfalls Professor und später verschiedentlich bischöflicher Leibarzt gewesen ist, z. B. 1614 in Osnabrück. Er wurde 1631 Professor in Groningen und starb daselbst 1641. Er war ein grosser Kampfhahn; schon seine erste Schrift, die „Noctes medicae sive de abusu medicinae“, welche er mit einer Dissertatio „De sanitatis et morborum natura“ und seinen „Poemata juvenilia“ 1619 in Frankfurt 4° erscheinen liess, ist scharfpolemisch, ebenso fast alles, was er weiter noch erscheinen liess ausser einer Schrift über die Pflichten des Apothekers (1633) und den Steinschnitt (1638). Unter dem Titel „Novae Sectae Sennerto-Paracelsicae recens in philosophiam et medicinam introductae . . . Detectio et solida refutatio“ stellte er zu Amsterdam 1637 in einem 1356 Seiten starken Bande alle Streitschriften zusammen, die er 1632—1636 in die Welt hatte gehen lassen, das ganze dialektische Rüstzeug, welches er für den letzten Ansturm der mittelalterlichen Scholastik gegen die damals in Blüte stehende chemische Medizin geschmiedet hatte, unerquicklich und ungeniessbar, wie jeder blos dialektische Streit über naturwissenschaftliche Dinge, die nur durch Beobachtung und Experiment entschieden werden können. Wenn wirklich die 1630 zu Frankfurt in 4° erschienene conciliatorische Sammelschrift „Aurora medicorum Galeno-Chymicorum seu de recta purgandi methodo“ von demselben Joh. Freitag herstammt, wofür ich bei der Durchsicht des Buches keinen Beweis finden konnte (er berichtet darin von Studien in Rostock), so wäre das nur ein Beweis dafür, wie die Übernahme der Professur in Groningen ihn zum einseitigen Parteimanne machte. Aller Kampf war freilich umsonst; denn seinem Gegner Daniel Sennert gehörte die Zukunft.
Zwei Ärzte, die den Namen Freitag führen, sind am Niederrhein geboren, aber nicht nachweisbar mit einander verwandt. Arnold Freitag aus Emmerich wurde im April 1589 Professor in Helmstädt und schon im November desselben Jahres Leibarzt des Herzogs Heinrich Julius von Braunschweig-Lüneburg und Erzbischofs von Halberstadt ; er starb am 5. September 1605. Seine Schriften sind: eine Übersetzung von „De esculentorum poculentorumque facultatibus“ des Balth. Pisanelli Herborn 1593 und 1620, eine „Mythologia ethica“, Antwerpen 1597, 4° und „Medicina animae“ Bremen 1614, 4°. (Sein Sohn ist Johann Heinrich Freitag, geb. 1596, der 1636 zu Halberstadt eine Schrift über den Flecktyphus in 8° erscheinen liess und im selben Jahre [s. l. Quedlinburg?] den „Catalogus testium veritatis chimiatricae“ herausgab.) Ein heftiger Gegner der Chemiatrie ist Johann Freitag geb. 1581 in Wesel, der in Helmstädt studierte und dort gleichfalls Professor und später verschiedentlich bischöflicher Leibarzt gewesen ist, z. B. 1614 in Osnabrück. Er wurde 1631 Professor in Groningen und starb daselbst 1641. Er war ein grosser Kampfhahn; schon seine erste Schrift, die „Noctes medicae sive de abusu medicinae“, welche er mit einer Dissertatio „De sanitatis et morborum natura“ und seinen „Poemata juvenilia“ 1619 in Frankfurt 4° erscheinen liess, ist scharfpolemisch, ebenso fast alles, was er weiter noch erscheinen liess ausser einer Schrift über die Pflichten des Apothekers (1633) und den Steinschnitt (1638). Unter dem Titel „Novae Sectae Sennerto-Paracelsicae recens in philosophiam et medicinam introductae . . . Detectio et solida refutatio“ stellte er zu Amsterdam 1637 in einem 1356 Seiten starken Bande alle Streitschriften zusammen, die er 1632—1636 in die Welt hatte gehen lassen, das ganze dialektische Rüstzeug, welches er für den letzten Ansturm der mittelalterlichen Scholastik gegen die damals in Blüte stehende chemische Medizin geschmiedet hatte, unerquicklich und ungeniessbar, wie jeder blos dialektische Streit über naturwissenschaftliche Dinge, die nur durch Beobachtung und Experiment entschieden werden können. Wenn wirklich die 1630 zu Frankfurt in 4° erschienene conciliatorische Sammelschrift „Aurora medicorum Galeno-Chymicorum seu de recta purgandi methodo“ von demselben Joh. Freitag herstammt, wofür ich bei der Durchsicht des Buches keinen Beweis finden konnte (er berichtet darin von Studien in Rostock), so wäre das nur ein Beweis dafür, wie die Übernahme der Professur in Groningen ihn zum einseitigen Parteimanne machte. Aller Kampf war freilich umsonst; denn seinem Gegner Daniel Sennert gehörte die Zukunft.


Wir sind so schon mitten in die Kämpfe des 17. Jahrhunderts hineingeraten, von welchem man in unserem niederrheinischen Bezirke nicht <span style="background-color:#92d050;">[S.&nbsp;40*]</span> viel bemerkt. Überhaupt ist hier das 17. Jahrhundert an bedeutenden Arzten weit ärmer als sein Vorgänger, namentlich da in unserem Berichte die einer besonderen Abhandlung überwiesenen Duisburger Professoren (seit 1655) von der Besprechung ausgeschlossen sind.
Wir sind so schon mitten in die Kämpfe des 17. Jahrhunderts hineingeraten, von welchem man in unserem niederrheinischen Bezirke nicht {{Pagemark|pag|40*}} viel bemerkt. Überhaupt ist hier das 17. Jahrhundert an bedeutenden Arzten weit ärmer als sein Vorgänger, namentlich da in unserem Berichte die einer besonderen Abhandlung überwiesenen Duisburger Professoren (seit 1655) von der Besprechung ausgeschlossen sind.


Ein Arzt in Siegburg, Dr. Christian Hansen, soll zugleich Scharfrichter und grausamer Hexenverfolger gewesen, aber 1636 von einer Hexe als Mitschuldiger genannt, selbst gefoltert und verbrannt worden sein. Der Kölner Universitätsprofessor Peter Holtzheim, aus Deventer gebürtig (sein gleichnamiger Vater, † 1651, soll gleichfalls Pfalz-Neuburgischer Leibarzt gewesen sein und in Köln gelebt haben), gestorben 30. Okt. 1659, war zugleich Leibarzt des Pfalzgrafen Wolfgang Wilhelm zu Düsseldorf, wie aus dem Titel seiner „Essentia Hellebori rediviva, secundo extracta, sive retificata, et aucta, in gratiam novorum huius patriae, et saeculi medicorum“, Coloniae 1623, 8° hervorgeht (die 1. Auflage dieser kleinen Schrift gegen Quacksalber, Charlatane und mediz. Aberglauben war 1616 erschienen) und noch aktenmässig im Düsseldorfer Staatsarchiv zu erweisen ist. Dort finden sich nämlich (Jül.- Berg. Landes Mag. Famil.-S. Nr. 71. C.) Briefe des Holtzemius an Wolfgang Wilhelm und dessen andern Leibarzt Dr. Joh. Andr. Maffeus aus den Jahren 1632—35 über den Gesundheitszustand der Pfalzgräfin, die sich eingebildet hatte, schwanger zu sein (Holtzheim hatte ihr ein Knäblein diagnosticiert) und an einem Fingerabscess litt. In einer Kabinettsrechnung vom Jahre 1638 (Jül.-Berg. Famil. S. 74) wird das Gehalt des Holtzemius mit 90 Kronthalern angegeben, während der in Düsseldorf ansässige, literarisch nicht weiter bekannte Maffeus 368 Reichsthaler und 96 Stüber, sowie 20 Malter Roggen und Gerste, 60 Malter Hafer und ein Fuder Wein erhielt, welche in Summa auf 250 Reichsthaler gerechnet werden. Holtzemius hat noch weiter geschrieben: Prognosticon vitae et mortis“, zum Theil in Versen, Köln bei Grevenbrochius 1605, eine Descriptio fontis medicati S. Antonii, vulgo Tillerborn dicti, prope Andernacum“ Köln bei Herm. Mylius 1620, 8°, er liess bei Birckmann 1627 das Dispensatorium Coloniense“ neu bearbeitet erscheinen und war als Visitator und Examinator der Apotheken thätig. Ein Brief an ihn findet sich in der 5. Centurie, Beobachtung 77 des Hildanus, mit welchem er befreundet war.
Ein Arzt in Siegburg, Dr. Christian Hansen, soll zugleich Scharfrichter und grausamer Hexenverfolger gewesen, aber 1636 von einer Hexe als Mitschuldiger genannt, selbst gefoltert und verbrannt worden sein. Der Kölner Universitätsprofessor Peter Holtzheim, aus Deventer gebürtig (sein gleichnamiger Vater, † 1651, soll gleichfalls Pfalz-Neuburgischer Leibarzt gewesen sein und in Köln gelebt haben), gestorben 30. Okt. 1659, war zugleich Leibarzt des Pfalzgrafen Wolfgang Wilhelm zu Düsseldorf, wie aus dem Titel seiner „Essentia Hellebori rediviva, secundo extracta, sive retificata, et aucta, in gratiam novorum huius patriae, et saeculi medicorum“, Coloniae 1623, 8° hervorgeht (die 1. Auflage dieser kleinen Schrift gegen Quacksalber, Charlatane und mediz. Aberglauben war 1616 erschienen) und noch aktenmässig im Düsseldorfer Staatsarchiv zu erweisen ist. Dort finden sich nämlich (Jül.- Berg. Landes Mag. Famil.-S. Nr. 71. C.) Briefe des Holtzemius an Wolfgang Wilhelm und dessen andern Leibarzt Dr. Joh. Andr. Maffeus aus den Jahren 1632—35 über den Gesundheitszustand der Pfalzgräfin, die sich eingebildet hatte, schwanger zu sein (Holtzheim hatte ihr ein Knäblein diagnosticiert) und an einem Fingerabscess litt. In einer Kabinettsrechnung vom Jahre 1638 (Jül.-Berg. Famil. S. 74) wird das Gehalt des Holtzemius mit 90 Kronthalern angegeben, während der in Düsseldorf ansässige, literarisch nicht weiter bekannte Maffeus 368 Reichsthaler und 96 Stüber, sowie 20 Malter Roggen und Gerste, 60 Malter Hafer und ein Fuder Wein erhielt, welche in Summa auf 250 Reichsthaler gerechnet werden. Holtzemius hat noch weiter geschrieben: Prognosticon vitae et mortis“, zum Theil in Versen, Köln bei Grevenbrochius 1605, eine Descriptio fontis medicati S. Antonii, vulgo Tillerborn dicti, prope Andernacum“ Köln bei Herm. Mylius 1620, 8°, er liess bei Birckmann 1627 das Dispensatorium Coloniense“ neu bearbeitet erscheinen und war als Visitator und Examinator der Apotheken thätig. Ein Brief an ihn findet sich in der 5. Centurie, Beobachtung 77 des Hildanus, mit welchem er befreundet war.
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Als Arzt Wolfgang Wilhelms wird in einem Briefe des Maffeus noch ein Doktor Schor genannt, den auch die Kabinettsrechung 1638 als Dr. Schorn aufführt, ohne sein Gehalt auszuwerfen. Wegen des kranken Fingers wird noch ein Doktor Engelmann (aus Köln?), der Sohn eines Wundarztes, und ein Dr. Olitorius (brieflich) zu Rate gezogen.
Als Arzt Wolfgang Wilhelms wird in einem Briefe des Maffeus noch ein Doktor Schor genannt, den auch die Kabinettsrechung 1638 als Dr. Schorn aufführt, ohne sein Gehalt auszuwerfen. Wegen des kranken Fingers wird noch ein Doktor Engelmann (aus Köln?), der Sohn eines Wundarztes, und ein Dr. Olitorius (brieflich) zu Rate gezogen.


Vier Arzte des Namens Keuchen begegnen uns zu Anfang des 17. Jahrhunderts. Zunächst ein Servatius Keuchenius Juliacensis, medicinae <span style="background-color:#92d050;">[S.&nbsp;41*]</span> Doctor, von dem nur bekannt ist, dass er 1591 in Herborn immatrikuliert war, sodann ein Petrus Keuchenius medicus, der, in Düsseldorf unter Fabricius Marcoduranus gebildet, in Basel Dr. med. wurde, sich in Wesel niederliess, später dort Bürgermeister wurde, 1624 in Xanten starb und in Rees begraben ist; ein Robert Keuchenius ist gleichfalls Arzt und Bürgermeister in Wesel gewesen (ein Gedicht von ihm findet sich in Solenanders Consilien), der Grossvater eines Professors Petrus Keuchenius, der 1662 eine Handschrift des Serenus Sammonicus aus grossväterlichem Besitze zu Amsterdam herausgab. Ob der von Haller genannte J. Keuchen, der 1614 in Basel eine Dissertation „De tertiana“ herausgab, vielleicht mit unserm ersten Peter Keuchen identisch ist, weiss ich nicht zu sagen.
Vier Arzte des Namens Keuchen begegnen uns zu Anfang des 17. Jahrhunderts. Zunächst ein Servatius Keuchenius Juliacensis, medicinae {{Pagemark|pag|41*}} Doctor, von dem nur bekannt ist, dass er 1591 in Herborn immatrikuliert war, sodann ein Petrus Keuchenius medicus, der, in Düsseldorf unter Fabricius Marcoduranus gebildet, in Basel Dr. med. wurde, sich in Wesel niederliess, später dort Bürgermeister wurde, 1624 in Xanten starb und in Rees begraben ist; ein Robert Keuchenius ist gleichfalls Arzt und Bürgermeister in Wesel gewesen (ein Gedicht von ihm findet sich in Solenanders Consilien), der Grossvater eines Professors Petrus Keuchenius, der 1662 eine Handschrift des Serenus Sammonicus aus grossväterlichem Besitze zu Amsterdam herausgab. Ob der von Haller genannte J. Keuchen, der 1614 in Basel eine Dissertation „De tertiana“ herausgab, vielleicht mit unserm ersten Peter Keuchen identisch ist, weiss ich nicht zu sagen.


Ein Düsseldorfer Kind, Dr. med. Joh. Winand von Redichoven, geboren 1591 als Sohn des herzogl. Sekretärs Sibert von Redichoven, war Arzt in Düsseldorf und starb schon 1631. Ein Enkel des grossen Gerhard Mercator hat sich einen Namen in der Wissenschaft gemacht: der in Wesel am 28. October 1590 geborene Gerhard de Neufville. Er wurde 1609 magister philosophiae in Leyden, 1610 Prof. extr. der Mathematik in Heidelberg, 1611 Prof, der Mathematik und Physik in Bremen, 1616 Dr. med. in Basel, 1624 Prof, der Medizin in Bremen und seit 1638 Stadtarzt daselbst, wo er am 28. Juli 1648 gestorben ist. Seine „Physiologia“ (Bremen 1645) und deren posthume Fortsetzung „Cosmologia“ (Bremen 1668) verdienen neben der Arithmetica von 1622 Beachtung; medizinisch hat er nur einige Kleinigkeiten geschrieben (s. oben S. 6). Auch der Name der berühmten Elberfelder Familie Teschenmacher begegnet uns in der Geschichte der Arzneikunde. Engelbert Teschenmacher, der Vater, war Arzt zuerst in Elberfeld, nachher in Deventer; Engelbert Teschenmacher, der Sohn, geboren 1608 in Elberfeld, studierte in Herborn, Köln und Leyden, wo er 1636 den Doctortitel erwarb. Am 19. August 1638 eröffnete er seine Lehrthätigkeit als Extraordinarius der Medizin in Deventer mit einer Rede „De dignitate et utilitate anatomiae“, 1644 wurde er Mathematikus und schrieb als solcher einige Kalender. Im September 1647 zum ordentlichen Prof, der Naturkunde ernannt, ist er in Deventer schon am 3. Juni 1649 gestorben (s. oben S. 5 f.) — Zwei Söhne des Pastors Johann Leunenschloss in Solingen († 21. Mai 1656) waren Mediziner, der eine Matthias war Arzt in Wesel, der andere Johann Leunenschloss wurde Professor der Medizin in Heidelberg. —Ein Neffe des grossen Düsseldorfer Rektors Johann Monheim, der am 7. September 1599 zu Köln geborene Franz Monheim, lernte in der väterlichen Apotheke die Pharmazie; seit 1619 studierte er Medizin in Köln, in Giessen und bei dem ihm verwandten Fabricius Hildanus in Bern, ging 1623 nach Italien und erwarb am 21. September den Doctorhut in Padua, wo er bis zum Jahre 1625 <span style="background-color:#92d050;">[S.&nbsp;42*]</span> verblieb. Im Juli dieses Jahres war er wieder in Düsseldorf und liess sich dann als Arzt in Wesel nieder, wo er am 25. Juli 1661 starb. Sein Bruder Gottschalk Monheim (1572—1630) war 1598—1611 Apotheker in Köln, später in Düsseldorf. Johannes Monheim war Apotheker in Wesel. Die Mutter Gottschalks und Franzens, Maria von Dulcken, war die Tochter des Kölner Wundarztes Bartholomäus von Dulcken. Eine ganze Reihe von Gliedern dieser Familie von Dülken waren Wundärzte in Elberfeld im 16. und 17. Jahrhundert, wie ich einer freundlichen Mitteilung des Historikers Herm Otto Schell entnehme: Euerhart von Dulck (1574), Heinrich von Dulcken (1614), Johann von Dulik (1625—1630) und sein Sohn Peter von Dullick (1625), Effertz vonn Dullick (1627 und 1628). An Ärzten werden gleichzeitig genannt ausser Teschenmacher Dr. Daniel Danielis aus Antwerpen, Dr. Engel Leuffer, Dr. Engelbert Holterhoff (1645), Dr. Eller, Dr. Rud. Kessner und Adolf Isaaci.
Ein Düsseldorfer Kind, Dr. med. Joh. Winand von Redichoven, geboren 1591 als Sohn des herzogl. Sekretärs Sibert von Redichoven, war Arzt in Düsseldorf und starb schon 1631. Ein Enkel des grossen Gerhard Mercator hat sich einen Namen in der Wissenschaft gemacht: der in Wesel am 28. October 1590 geborene Gerhard de Neufville. Er wurde 1609 magister philosophiae in Leyden, 1610 Prof. extr. der Mathematik in Heidelberg, 1611 Prof, der Mathematik und Physik in Bremen, 1616 Dr. med. in Basel, 1624 Prof, der Medizin in Bremen und seit 1638 Stadtarzt daselbst, wo er am 28. Juli 1648 gestorben ist. Seine „Physiologia“ (Bremen 1645) und deren posthume Fortsetzung „Cosmologia“ (Bremen 1668) verdienen neben der Arithmetica von 1622 Beachtung; medizinisch hat er nur einige Kleinigkeiten geschrieben (s. oben S. 6). Auch der Name der berühmten Elberfelder Familie Teschenmacher begegnet uns in der Geschichte der Arzneikunde. Engelbert Teschenmacher, der Vater, war Arzt zuerst in Elberfeld, nachher in Deventer; Engelbert Teschenmacher, der Sohn, geboren 1608 in Elberfeld, studierte in Herborn, Köln und Leyden, wo er 1636 den Doctortitel erwarb. Am 19. August 1638 eröffnete er seine Lehrthätigkeit als Extraordinarius der Medizin in Deventer mit einer Rede „De dignitate et utilitate anatomiae“, 1644 wurde er Mathematikus und schrieb als solcher einige Kalender. Im September 1647 zum ordentlichen Prof, der Naturkunde ernannt, ist er in Deventer schon am 3. Juni 1649 gestorben (s. oben S. 5 f.) — Zwei Söhne des Pastors Johann Leunenschloss in Solingen († 21. Mai 1656) waren Mediziner, der eine Matthias war Arzt in Wesel, der andere Johann Leunenschloss wurde Professor der Medizin in Heidelberg. —Ein Neffe des grossen Düsseldorfer Rektors Johann Monheim, der am 7. September 1599 zu Köln geborene Franz Monheim, lernte in der väterlichen Apotheke die Pharmazie; seit 1619 studierte er Medizin in Köln, in Giessen und bei dem ihm verwandten Fabricius Hildanus in Bern, ging 1623 nach Italien und erwarb am 21. September den Doctorhut in Padua, wo er bis zum Jahre 1625 {{Pagemark|pag|42*}} verblieb. Im Juli dieses Jahres war er wieder in Düsseldorf und liess sich dann als Arzt in Wesel nieder, wo er am 25. Juli 1661 starb. Sein Bruder Gottschalk Monheim (1572—1630) war 1598—1611 Apotheker in Köln, später in Düsseldorf. Johannes Monheim war Apotheker in Wesel. Die Mutter Gottschalks und Franzens, Maria von Dulcken, war die Tochter des Kölner Wundarztes Bartholomäus von Dulcken. Eine ganze Reihe von Gliedern dieser Familie von Dülken waren Wundärzte in Elberfeld im 16. und 17. Jahrhundert, wie ich einer freundlichen Mitteilung des Historikers Herm Otto Schell entnehme: Euerhart von Dulck (1574), Heinrich von Dulcken (1614), Johann von Dulik (1625—1630) und sein Sohn Peter von Dullick (1625), Effertz vonn Dullick (1627 und 1628). An Ärzten werden gleichzeitig genannt ausser Teschenmacher Dr. Daniel Danielis aus Antwerpen, Dr. Engel Leuffer, Dr. Engelbert Holterhoff (1645), Dr. Eller, Dr. Rud. Kessner und Adolf Isaaci.


In Mörs wurde am 15. Oktober 1612 Anton Deusing geboren; promoviert 1637 in Leyden, soll er kurze Zeit in seiner Vaterstadt praktiziert haben; später wurde er Professor in Harderwyk und Groningen, wo er am 29. Januar 1666 starb. Unmöglich kann ich hier alle seine Schriften anführen, die im „Lindenius renovatus“ von 1686 10 Spalten füllen; er soll auch des Arabischen, Persischen und Türkischen kundig gewesen sein.
In Mörs wurde am 15. Oktober 1612 Anton Deusing geboren; promoviert 1637 in Leyden, soll er kurze Zeit in seiner Vaterstadt praktiziert haben; später wurde er Professor in Harderwyk und Groningen, wo er am 29. Januar 1666 starb. Unmöglich kann ich hier alle seine Schriften anführen, die im „Lindenius renovatus“ von 1686 10 Spalten füllen; er soll auch des Arabischen, Persischen und Türkischen kundig gewesen sein.
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Joh. Matth. Lucas geb. in Düsseldorf studierte Medizin in Köln, Würzburg, Prag, Rom und Bologna, war 10 Jahre kurf. kölnischer Festungs- und Garnisonsmedikus zu Kaiserswerth, später Reisemedikus bei den Brüdern Johann Wilhelms, seit 1666 kurf. Rat- und Leibmedikus und zugleich Professor der Pathologie in Heidelberg (Antrittsrede „de Lithiasi“).
Joh. Matth. Lucas geb. in Düsseldorf studierte Medizin in Köln, Würzburg, Prag, Rom und Bologna, war 10 Jahre kurf. kölnischer Festungs- und Garnisonsmedikus zu Kaiserswerth, später Reisemedikus bei den Brüdern Johann Wilhelms, seit 1666 kurf. Rat- und Leibmedikus und zugleich Professor der Pathologie in Heidelberg (Antrittsrede „de Lithiasi“).


Ein anderer Düsseldorfer, Jakob Israel, geb. 3. Juni 1621, studierte in Duisburg und Köln, besuchte auch Universitäten in Holland, England und Frankreich, wurde dann 5 Jahre Feldmedikus, 1650 in Freiburg Dr. med., 1651 Stadtphysikus und 1652 gleichfalls Professor der Medizin in Heidelberg; er gab nur einige Disputationen zwischen 1656 und 1673 heraus. Alexander Hymmen war 1666 Arzt und Bürgermeister in Duisburg und gab im genannten Jahre eine Schrift über die Pest (Wesel, 4°) heraus. Wolrad Kuxholz, geboren zu Lippstadt am 11. Juni 1618 als Sohn des dortigen Stadtchirurgus, studierte in Rintelen und Groningen und wurde 1642 Stadtphysikus in Lennep, 1644 Reisebegleiter des Landgrafen Wilhelm VI. von Hessen und 1648 Leibarzt in Kassel. Von einer Reise, die er 1670 mit seinem Herrn nach England und den Niederlanden unternommen hatte, kam <span style="background-color:#92d050;">[S.&nbsp;43*]</span> er todkrank zurück und starb 1671 am 5. April. Er hat 1652 einen „Unterricht für Hebammen“ in Kassel herausgegeben. Nach Akten des Düsseldorfer Staatsarchivs aus dem Jahre 1676 waren in diesem Ruhrjahre folgende Ärzte in Düsseldorf thätig: der Hofmedikus Dr. Holterhoff, der Leibarzt und Stadtmedikus Dr. G. Melm (der 1713 noch lebte) und die Doctoren Braumann, Hoffstadt und Schwartz. Engelbert Holterhoff war 1641 zu Lennep geboren, studierte in Leyden und war zuletzt Arzt in Schwelm. Er gab 1669 zu Düsseldorf ein „Consilium antidysentericum jussu ducis Jul. et Montium“ heraus, 1670 in Köln eine „vita longa et brevis, in zwey Theil abgetheilt, (bei Balthas. Egmondt 248 SS. 120), 1675 ebenda „Animaversiones in J. Sylvii disputationes“, 1676 einen „Discursus medicus ostendens errores medicorum in curationibus“ und 1707 in Dortmund einen kurzen Unterricht von dem Medizinalbrunnen bei Schwelm. Söhne zweier obengenannter Ärzte sind Johann Konrad Melm (geboren in Düsseldorf 28. März 1677, Dr. med. von Duisburg, seit 1707 Prof. in Marburg, besuchte 1713 seinen Schwerkranken Vater in Düsseldorf, der wieder genass, während der Sohn nach Marburg zurückgekehrt am 5. Januar 1714 an einem hitzigen Fieber verstarb), und wohl auch Dr. med. Johann Dietrich Hoffstadt, geb. in Düsseldorf, zuerst Apotheker in Hanau, dann nach Beendigung seiner medizinischen Studien in Wittenberg (1692 Dr. med.) seit 1700 Arzt in Heidelberg; sein schriftstellerisches Schaffen dreht sich um die nach ihm genannte Theriaca oder Panacea coelestis Hofstadiana (1680, 1692 und 1693). Nach Reeser Urkunden im Düsseldorfer Staatsarchiv war Christian Rademacher am 17. August 1666 Dr. med. in Emmerich und Dr. Nicolaus Engels am 17. Nov. 1667 Arzt in Rees. Wilhelm Holtmann phil. et med. Dr. in Mörs, gab 1687 bei Frank Sas in Duisburg heraus: „Betrieglicher Artzneywinkel; das ist eine kürtze und summarische entdeckung der Abergläubischen, Zauber- und Schmier-Ärzten und dergleichen Harndeutern, welche entweder die Menschen betriegen, oder ihre Kunst mittel- oder unmittelbahr vom Sathan haben, und derhalben nit müssen geduldet werden“ (6 Bll. 116 SS. 8°), worin er recht wacker gegen allerhand volkstümlichen und gelehrten medizinischen Aberglauben und andere Quacksalbereien seiner Zeit zu Felde zieht. Der Duisburger Professor F. G. Barbeck hatte eine empfehlende Vorrede geschrieben (29. Oktober 1687); Holtmann hat an dieser Universität 1680 den Doktortitel erworben mit der Dissertation De Hemitritaea s. febri tertiana continua“. Dr. Werner Neuhausen geb. zu Hamm war Arzt in Emmerich; von ihm finden sich zwei Schriften „Homo melancholicus“ und „Homo hydrophobus“, 1688 und 1689 zu Hamm gedruckt. Dr. Joh. Overbeck aus Altena, war um diese Zeit Königl. Rat und Leibarzt zu Kleve; er starb etwas mehr als 50 Jahre alt am 27. Juli 1702. Johann Tiling, ein <span style="background-color:#92d050;">[S.&nbsp;44*]</span> Bremer Kind, (10. October 1668 — 13. September 1715), früh literarisch thätig, studierte in Holland und war 1693/94 fast ein Jahr in Mülheim am Rhein als Arzt thätig; er wurde darauf Prof. der Arzneikunde, später der Physik und endlich der Logik und Metaphysik, zuletzt 1704 Stadtarzt in seiner Vaterstadt. Er hat viele Dissertationen geschrieben und die chirurgischen Schriften eines Nuck und Scultetus wieder herausgegeben. Dr. Eustachius Joachim Haniel war Arzt in Düsseldorf und später in Emmerich; er disputierte 1677 zu Leyden „De Melancholia hippochondriaca“, gab 1692 in Düsseldorf ein Schriftchen Die preisswürdige Veronica“ heraus, worin er diese Pflanze als europäischen Theeersatz empfahl, und 1697 ebenda den „entlarvten Jacob Böhm“.
Ein anderer Düsseldorfer, Jakob Israel, geb. 3. Juni 1621, studierte in Duisburg und Köln, besuchte auch Universitäten in Holland, England und Frankreich, wurde dann 5 Jahre Feldmedikus, 1650 in Freiburg Dr. med., 1651 Stadtphysikus und 1652 gleichfalls Professor der Medizin in Heidelberg; er gab nur einige Disputationen zwischen 1656 und 1673 heraus. Alexander Hymmen war 1666 Arzt und Bürgermeister in Duisburg und gab im genannten Jahre eine Schrift über die Pest (Wesel, 4°) heraus. Wolrad Kuxholz, geboren zu Lippstadt am 11. Juni 1618 als Sohn des dortigen Stadtchirurgus, studierte in Rintelen und Groningen und wurde 1642 Stadtphysikus in Lennep, 1644 Reisebegleiter des Landgrafen Wilhelm VI. von Hessen und 1648 Leibarzt in Kassel. Von einer Reise, die er 1670 mit seinem Herrn nach England und den Niederlanden unternommen hatte, kam {{Pagemark|pag|43*}} er todkrank zurück und starb 1671 am 5. April. Er hat 1652 einen „Unterricht für Hebammen“ in Kassel herausgegeben. Nach Akten des Düsseldorfer Staatsarchivs aus dem Jahre 1676 waren in diesem Ruhrjahre folgende Ärzte in Düsseldorf thätig: der Hofmedikus Dr. Holterhoff, der Leibarzt und Stadtmedikus Dr. G. Melm (der 1713 noch lebte) und die Doctoren Braumann, Hoffstadt und Schwartz. Engelbert Holterhoff war 1641 zu Lennep geboren, studierte in Leyden und war zuletzt Arzt in Schwelm. Er gab 1669 zu Düsseldorf ein „Consilium antidysentericum jussu ducis Jul. et Montium“ heraus, 1670 in Köln eine „vita longa et brevis, in zwey Theil abgetheilt, (bei Balthas. Egmondt 248 SS. 120), 1675 ebenda „Animaversiones in J. Sylvii disputationes“, 1676 einen „Discursus medicus ostendens errores medicorum in curationibus“ und 1707 in Dortmund einen kurzen Unterricht von dem Medizinalbrunnen bei Schwelm. Söhne zweier obengenannter Ärzte sind Johann Konrad Melm (geboren in Düsseldorf 28. März 1677, Dr. med. von Duisburg, seit 1707 Prof. in Marburg, besuchte 1713 seinen Schwerkranken Vater in Düsseldorf, der wieder genass, während der Sohn nach Marburg zurückgekehrt am 5. Januar 1714 an einem hitzigen Fieber verstarb), und wohl auch Dr. med. Johann Dietrich Hoffstadt, geb. in Düsseldorf, zuerst Apotheker in Hanau, dann nach Beendigung seiner medizinischen Studien in Wittenberg (1692 Dr. med.) seit 1700 Arzt in Heidelberg; sein schriftstellerisches Schaffen dreht sich um die nach ihm genannte Theriaca oder Panacea coelestis Hofstadiana (1680, 1692 und 1693). Nach Reeser Urkunden im Düsseldorfer Staatsarchiv war Christian Rademacher am 17. August 1666 Dr. med. in Emmerich und Dr. Nicolaus Engels am 17. Nov. 1667 Arzt in Rees. Wilhelm Holtmann phil. et med. Dr. in Mörs, gab 1687 bei Frank Sas in Duisburg heraus: „Betrieglicher Artzneywinkel; das ist eine kürtze und summarische entdeckung der Abergläubischen, Zauber- und Schmier-Ärzten und dergleichen Harndeutern, welche entweder die Menschen betriegen, oder ihre Kunst mittel- oder unmittelbahr vom Sathan haben, und derhalben nit müssen geduldet werden“ (6 Bll. 116 SS. 8°), worin er recht wacker gegen allerhand volkstümlichen und gelehrten medizinischen Aberglauben und andere Quacksalbereien seiner Zeit zu Felde zieht. Der Duisburger Professor F. G. Barbeck hatte eine empfehlende Vorrede geschrieben (29. Oktober 1687); Holtmann hat an dieser Universität 1680 den Doktortitel erworben mit der Dissertation De Hemitritaea s. febri tertiana continua“. Dr. Werner Neuhausen geb. zu Hamm war Arzt in Emmerich; von ihm finden sich zwei Schriften „Homo melancholicus“ und „Homo hydrophobus“, 1688 und 1689 zu Hamm gedruckt. Dr. Joh. Overbeck aus Altena, war um diese Zeit Königl. Rat und Leibarzt zu Kleve; er starb etwas mehr als 50 Jahre alt am 27. Juli 1702. Johann Tiling, ein {{Pagemark|pag|44*}} Bremer Kind, (10. October 1668 — 13. September 1715), früh literarisch thätig, studierte in Holland und war 1693/94 fast ein Jahr in Mülheim am Rhein als Arzt thätig; er wurde darauf Prof. der Arzneikunde, später der Physik und endlich der Logik und Metaphysik, zuletzt 1704 Stadtarzt in seiner Vaterstadt. Er hat viele Dissertationen geschrieben und die chirurgischen Schriften eines Nuck und Scultetus wieder herausgegeben. Dr. Eustachius Joachim Haniel war Arzt in Düsseldorf und später in Emmerich; er disputierte 1677 zu Leyden „De Melancholia hippochondriaca“, gab 1692 in Düsseldorf ein Schriftchen Die preisswürdige Veronica“ heraus, worin er diese Pflanze als europäischen Theeersatz empfahl, und 1697 ebenda den „entlarvten Jacob Böhm“.


Wir schreiten ins 18. Jahrhundert. Ein Gottfr. Andreas Zahn in Unna im Märkischen liess 1708 zu Wesel bei Jakob von Wesel eine „Dissertatio de origine progressu et dignitate medicinae“ in 12° erscheinen. Johann Philipp Maul, in St. Goar geboren, in Leyden 1686 doktoriert (De abortu), war praktischer Arzt zu Lünen in der Mark und liess 1716 zu Dortmund und Schwelm „Acidulae Schwelmenses“ (159 SS. kl. 8°) und ein Jahr später „Praxis Schwelmensis“ erscheinen, worauf weiter unten bei den Bädern näher eingegangen wird. Seine „Mediz. und theolog. und physik. Gespräche vom Gold von Mitternacht“ seine „Medicina theologica chymico irenica et christiana cabbalistica“ und der „Job Chymicus“ alle drei zu Wesel 1709 erschienen, sind Specimina der alchemistischen Träumereien des 18. Jahrhunderts.
Wir schreiten ins 18. Jahrhundert. Ein Gottfr. Andreas Zahn in Unna im Märkischen liess 1708 zu Wesel bei Jakob von Wesel eine „Dissertatio de origine progressu et dignitate medicinae“ in 12° erscheinen. Johann Philipp Maul, in St. Goar geboren, in Leyden 1686 doktoriert (De abortu), war praktischer Arzt zu Lünen in der Mark und liess 1716 zu Dortmund und Schwelm „Acidulae Schwelmenses“ (159 SS. kl. 8°) und ein Jahr später „Praxis Schwelmensis“ erscheinen, worauf weiter unten bei den Bädern näher eingegangen wird. Seine „Mediz. und theolog. und physik. Gespräche vom Gold von Mitternacht“ seine „Medicina theologica chymico irenica et christiana cabbalistica“ und der „Job Chymicus“ alle drei zu Wesel 1709 erschienen, sind Specimina der alchemistischen Träumereien des 18. Jahrhunderts.


Die erste Elberfelder Bürgeraufnahme im Jahre 1702 ergab 1694 Einwohner, welche von 3 Chirurgen (Johann Lukas, Franz Heinrich de Foy, Friedrich Bormann) und 3 Doktoren der Medizin (Olimath, Johannes Plaum und Holterhoff) bedient wurden, wie mir Herr O. Schell gütigst mitteilte. Johann Hartmann Degener (Degner) aus Schweinfurt (19. IV. 1677 — 6. XI. 1756) soll direkt nach seiner Doktorpromotion in Utrecht 1717 (De notab. casu febris petechialis) ein Jahr in Elberfeld praktiziert haben; er ging dann nach Nymwegen, wo er Stadtphysikus und Bürgermeister wurde und starb. Er schrieb einen seit 1729 öfters aufgelegten Traktat über den Torf, über die Ruhrepidemie von 1736 und über den Gesundbrunnen von Ubbergen (1745). Um 1741 wird ein Dr. med. Scher in Elberfeld genannt (Z. d. B.G.- V. XV, S. 208). Ein Theodor Isaac Herzogenrat war seit 1696 Wundarzt in Solingen und gab dort 1714 ein geistliches Liederbuch heraus. Der Solinger Stadt- und Landphysikus Johann Daniel Erhard Brunner, gebildet unter Fried in Strassburg und 1730 dort promoviert (über placenta praevia) wurde im Jahre 1731 in Solingen angestellt und gab dort 1740 bei Johann Schmitz eine „Errorum et malitiarum obstetricum detectio, oder: Entdeckung der Irrthümer und Bossheiten der Hebammen . . . meistens in seiner Praxi erfahren“ (4 Bll + 110 SS. 8°) eine recht wackere und für ihre Zeit <span style="background-color:#92d050;">[S.&nbsp;45*]</span> recht notwendige Schrift, reich an kulturgeschichtlich wertvollen Notizen über die Ausübung der Geburtshülfe im Bergischen vor 160 Jahren, über den Gebrauch des Geburtsstuhles, Kinderwartung u. s. w. Er starb 1779 am 19. April. Vor ihm sind als Solinger Arzte überliefert: ein Dr. Zahn, der im Oktober 1692 dorthin kam, ein Johann Peter Kerksig (1720) und als Brunners direkter Vorgänger im Physikat Johann Coppenhagen. Als Chirurgen vor Herzogenrat werden dort genannt: Everard Dülcken und Johann Dülcken (s. oben S. 42*), Ludwig Palbrier, Diederich, Johann Hessel oder Hassel. Bei Lennep wird es noch 1729 rühmend hervorgehoben, dass die Stadt „ihren eigenen berühmten Doctorem Medicinae habe (Z. d. Berg. G.- Vereins, XIX, 119). In Rees war nach Urkunden des Düsseldorfer Staatsarchivs vom 23. März 1723 und 9. März 1725 ein Dr. med. Joh. Friedr. von den Sande Bürgermeister. Wynand Werner Weyermann, Pfarrersohn aus Kirchsteten im Jülich’schen, 1742 in Duisburg promoviert (De sternutatione) scheint in seiner Heimat praktiziert zu haben. Ein Peter Wilhelm Speck, geboren zu Urdenbach am Rhein, promovierte gleichfalls 1742 am 19. April in Duisburg (De nonnullis virginum morbis). In Düsseldorf wirkte damals Lorenz Rappolt, Dr. med. et phil., fürstl. Rat, Militär- und Stadtarzt; er prüfte am 25. Juni 1746 einen Österreicher Kaspar Melchior Wanco, wohnhaft in der freien Herrlichkeit Commern, als Operateur über allerhand Brüche, Staarstechen, Krebs und Hasenscharten schneiden, Gewächse abnehmen, Beinbrüche einzusetzen und zu kurieren“ (Beitr. z. G. d. Nieder-Rheins VII, 440—441). Johann Kaspar Albert Eichelberg, geboren den 15. Oktober 1749 als Sohn des gleichfalls naturwissenschaftlich gebildeten Gymnasialrektors zu Wesel Christoph Albrecht E. (geb. 1713 in Unna), studierte Medizin zu Utrecht, wo er 1774 den Doktortitel erwarb (De causis celeritatis actionis spirituum animalium in musculis), wurde 1788 der Nachfolger seines Vaters und starb am 12. August 1819. Es wird als Schrift des Vaters angeführt „De causis phaenom., quae observantur in progressione morborum epidemicorum“ Neomag. 1776. 8°. Ein anderer Dr. Eichelberg in Wesel ist mit geburtshülflichen Abhandlungen in Siebolds Journal Bd. V. und VIII. hervorgetreten. Friedrich Winter, geboren 1712 im Städtchen Uedem, Kreis Kleve, studierte in Duisburg und Leyden, wo er 1736 promovierte (De motu musculorum, von A. v. Haller der Aufnahme in seine Disp. anatom. select. gewürdigt!), 1740 Prof. in Herborn, 1744 in Franeker (Medizin, Chemie und Botanik), 1747 zu Leyden. Er war ein Mitarbeiter Hallers auf dem Gebiete der Irritabilitätslehre, eröffnete in Leyden zuerst eine medizinische Poliklinik und starb 1760. Ausser seiner Antrittsrede und Dissertationen seiner Schüler hat er nichts veröffentlicht.
Die erste Elberfelder Bürgeraufnahme im Jahre 1702 ergab 1694 Einwohner, welche von 3 Chirurgen (Johann Lukas, Franz Heinrich de Foy, Friedrich Bormann) und 3 Doktoren der Medizin (Olimath, Johannes Plaum und Holterhoff) bedient wurden, wie mir Herr O. Schell gütigst mitteilte. Johann Hartmann Degener (Degner) aus Schweinfurt (19. IV. 1677 — 6. XI. 1756) soll direkt nach seiner Doktorpromotion in Utrecht 1717 (De notab. casu febris petechialis) ein Jahr in Elberfeld praktiziert haben; er ging dann nach Nymwegen, wo er Stadtphysikus und Bürgermeister wurde und starb. Er schrieb einen seit 1729 öfters aufgelegten Traktat über den Torf, über die Ruhrepidemie von 1736 und über den Gesundbrunnen von Ubbergen (1745). Um 1741 wird ein Dr. med. Scher in Elberfeld genannt (Z. d. B.G.- V. XV, S. 208). Ein Theodor Isaac Herzogenrat war seit 1696 Wundarzt in Solingen und gab dort 1714 ein geistliches Liederbuch heraus. Der Solinger Stadt- und Landphysikus Johann Daniel Erhard Brunner, gebildet unter Fried in Strassburg und 1730 dort promoviert (über placenta praevia) wurde im Jahre 1731 in Solingen angestellt und gab dort 1740 bei Johann Schmitz eine „Errorum et malitiarum obstetricum detectio, oder: Entdeckung der Irrthümer und Bossheiten der Hebammen . . . meistens in seiner Praxi erfahren“ (4 Bll + 110 SS. 8°) eine recht wackere und für ihre Zeit {{Pagemark|pag|45*}} recht notwendige Schrift, reich an kulturgeschichtlich wertvollen Notizen über die Ausübung der Geburtshülfe im Bergischen vor 160 Jahren, über den Gebrauch des Geburtsstuhles, Kinderwartung u. s. w. Er starb 1779 am 19. April. Vor ihm sind als Solinger Arzte überliefert: ein Dr. Zahn, der im Oktober 1692 dorthin kam, ein Johann Peter Kerksig (1720) und als Brunners direkter Vorgänger im Physikat Johann Coppenhagen. Als Chirurgen vor Herzogenrat werden dort genannt: Everard Dülcken und Johann Dülcken (s. oben S. 42*), Ludwig Palbrier, Diederich, Johann Hessel oder Hassel. Bei Lennep wird es noch 1729 rühmend hervorgehoben, dass die Stadt „ihren eigenen berühmten Doctorem Medicinae habe (Z. d. Berg. G.- Vereins, XIX, 119). In Rees war nach Urkunden des Düsseldorfer Staatsarchivs vom 23. März 1723 und 9. März 1725 ein Dr. med. Joh. Friedr. von den Sande Bürgermeister. Wynand Werner Weyermann, Pfarrersohn aus Kirchsteten im Jülich’schen, 1742 in Duisburg promoviert (De sternutatione) scheint in seiner Heimat praktiziert zu haben. Ein Peter Wilhelm Speck, geboren zu Urdenbach am Rhein, promovierte gleichfalls 1742 am 19. April in Duisburg (De nonnullis virginum morbis). In Düsseldorf wirkte damals Lorenz Rappolt, Dr. med. et phil., fürstl. Rat, Militär- und Stadtarzt; er prüfte am 25. Juni 1746 einen Österreicher Kaspar Melchior Wanco, wohnhaft in der freien Herrlichkeit Commern, als Operateur über allerhand Brüche, Staarstechen, Krebs und Hasenscharten schneiden, Gewächse abnehmen, Beinbrüche einzusetzen und zu kurieren“ (Beitr. z. G. d. Nieder-Rheins VII, 440—441). Johann Kaspar Albert Eichelberg, geboren den 15. Oktober 1749 als Sohn des gleichfalls naturwissenschaftlich gebildeten Gymnasialrektors zu Wesel Christoph Albrecht E. (geb. 1713 in Unna), studierte Medizin zu Utrecht, wo er 1774 den Doktortitel erwarb (De causis celeritatis actionis spirituum animalium in musculis), wurde 1788 der Nachfolger seines Vaters und starb am 12. August 1819. Es wird als Schrift des Vaters angeführt „De causis phaenom., quae observantur in progressione morborum epidemicorum“ Neomag. 1776. 8°. Ein anderer Dr. Eichelberg in Wesel ist mit geburtshülflichen Abhandlungen in Siebolds Journal Bd. V. und VIII. hervorgetreten. Friedrich Winter, geboren 1712 im Städtchen Uedem, Kreis Kleve, studierte in Duisburg und Leyden, wo er 1736 promovierte (De motu musculorum, von A. v. Haller der Aufnahme in seine Disp. anatom. select. gewürdigt!), 1740 Prof. in Herborn, 1744 in Franeker (Medizin, Chemie und Botanik), 1747 zu Leyden. Er war ein Mitarbeiter Hallers auf dem Gebiete der Irritabilitätslehre, eröffnete in Leyden zuerst eine medizinische Poliklinik und starb 1760. Ausser seiner Antrittsrede und Dissertationen seiner Schüler hat er nichts veröffentlicht.


<span style="background-color:#92d050;">[S.&nbsp;46*]</span> Karl Kaspar von Siebold, das Haupt der berühmten Würzburger Ärztefamilie, stammt vom Niederrhein; er ist in dem Marktflecken Niedeggen (Kreis Düren) im Herzogtum Jülich am 4. November 1736 geboren als Sohn des dortigen Wundarztes Johann Christoph Siebold, der ihn zwei Jahre selbst unterrichtete und dann auf 3 Jahre in französische Militärspitäler schickte. 1760 trat er bei dem Oberwundarzt des Juliusspitals in Würzburg als 1. Gehülfe für 3 Jahre ein und studierte gleichzeitig Medizin, bereiste von 1763—1766 Frankreich, England und die Niederlande, promovierte 1769 (Fasciculus observationum medico-chirurgicarum. Bamberg 4°, 70 SS.) und wirkte als Professor der Anatomie, Chirurgie und Geburtshülfe bis zu seinem Tode am 5. April 1807, weit berühmt und mit fürstlichen Titeln und Rangerhöhungen ausgezeichnet. In allen Fächern seines vielseitigen Lehrbereiches hat er die Wissenschaft gefördert und vor allem als Lehrer und Operateur Hervorragendes geleistet. Er liess 1791 sein „Chirurgisches Tagebuch“ in Würzburg 8° erscheinen und 1802 zu Frankfurt seine „Praktischen Bemerkungen über die Castration“, 8°. — Johann Heinrich Schütte geb. 11. Juni 1694 zu Soest, studierte in Jena (siehe unter Botanik und Mineralogie), in Altdorf (De superfluis et noxiis quibusdam in chirurgia observandis, Altdorf 1719) und in Utrecht (Dr. med. 1719, De cautelis quibusdam in chirurgia observandis), war dann ein Jahr lang Arzt in Soest, 3 Jahre Stadtphysikus in Vianen bei Utrecht, wo er eine Medizinalordnung schrieb (Ordonantie of de Oeffening der Geneeskunde in der Stadt Vianen, Utrecht 1723, 8°). Darauf liess er sich in Kleve nieder und schrieb dort „Die Nothwendigkeit und der Nutzen der Anatomie in der Republik“ (Leipzig und Duisburg 1726, 8°), und den „Medizinischen Unterricht von den Ursachen der Krankheit und des Todes“, der 1732 in Soest gedruckt wurde. 1731 wurde er königl. Brunnenmedikus in Schwelm und schrieb über den dortigen Brunnen eine kleine Brochüre (Iserlohn 1733), war vorübergehend Garnisonmedikus in Hamm und kehrte später nach Kleve zurück, wo er 1741 den Klevischen Gesundbrunnen entdeckte, über welchen er zuerst im Duisburger Intelligenzblatt 1741 Nr. 4 berichtete und 1741—1752 allerlei Brunnenschriften in deutscher, holländischer und französischer Sprache erscheinen liess (siehe unten bei den Bädern). Unter dem Pseudonym I. H. Sagittarius gab er 1745 ein Schriftchen gegen die jüdischen Ärzte heraus und schrieb noch „Die wohl unterrichtete Hebamme“ Frankfurt und Wesel 1765 und eine „Anthropologie“ Halle 1769. Die Universität Duisburg ernannte ihn 1756 zum Dr. phil. honoris causa; sein arbeitsreiches Leben schloss am 20. Jan. 1774. Sein Sohn Christian Heinrich Schütte, geboren zu Kleve, war Stadtphysikus daselbst; er schrieb 1765 „Anmerkungen“ gegen Hofrath C. L. Hoffmann’s in Köln „Nachricht von einer guten Heilart der Kinderblattern“, dessen sich wieder der Neffe desselben Dr. Karl Hoffmann in Gronau annahm in <span style="background-color:#92d050;">[S.&nbsp;47*]</span> einer „Bestätigung der besonderen Krafft des neuen Mittels“ (Münster 1765, 56 S. 4°), welches in äusserlicher Anwendung des Kampfers bestand. Schütte „der Jüngere“ gab ferner Watsons und Glass’ „Versuche und Abhandlungen von der neuesten und besten Art die Kinderblattern glücklich einzupfropfen“ aus dem Englischen übersetzt (Halle 1770. 8°) und seines Vaters Hebammenbuch 1773 zu Frankfurt a. M. vermehrt und verbessert heraus. — Theodor Gerhard Timmermann wurde als Sohn des Duisburger Professors Theod. Arnold Timmermann 1727 geboren und studierte in seiner Vaterstadt, wo er auch 1750 promovierte (De notandis circa naturae in humana machina lusus), war einige Jahre Arzt in Elberfeld und wurde dann 1760 als Professor der Anatomie nach Rintelen berufen, wo er 30 Jahre lehrte und eine Reihe von Disputationen erscheinen liess (1762—1786), welche in der Biographie mediale VII S. 340 f. verzeichnet stehn. Er ist am 4. September 1792 in Mörs gestorben.
{{Pagemark|pag|46*}} Karl Kaspar von Siebold, das Haupt der berühmten Würzburger Ärztefamilie, stammt vom Niederrhein; er ist in dem Marktflecken Niedeggen (Kreis Düren) im Herzogtum Jülich am 4. November 1736 geboren als Sohn des dortigen Wundarztes Johann Christoph Siebold, der ihn zwei Jahre selbst unterrichtete und dann auf 3 Jahre in französische Militärspitäler schickte. 1760 trat er bei dem Oberwundarzt des Juliusspitals in Würzburg als 1. Gehülfe für 3 Jahre ein und studierte gleichzeitig Medizin, bereiste von 1763—1766 Frankreich, England und die Niederlande, promovierte 1769 (Fasciculus observationum medico-chirurgicarum. Bamberg 4°, 70 SS.) und wirkte als Professor der Anatomie, Chirurgie und Geburtshülfe bis zu seinem Tode am 5. April 1807, weit berühmt und mit fürstlichen Titeln und Rangerhöhungen ausgezeichnet. In allen Fächern seines vielseitigen Lehrbereiches hat er die Wissenschaft gefördert und vor allem als Lehrer und Operateur Hervorragendes geleistet. Er liess 1791 sein „Chirurgisches Tagebuch“ in Würzburg 8° erscheinen und 1802 zu Frankfurt seine „Praktischen Bemerkungen über die Castration“, 8°. — Johann Heinrich Schütte geb. 11. Juni 1694 zu Soest, studierte in Jena (siehe unter Botanik und Mineralogie), in Altdorf (De superfluis et noxiis quibusdam in chirurgia observandis, Altdorf 1719) und in Utrecht (Dr. med. 1719, De cautelis quibusdam in chirurgia observandis), war dann ein Jahr lang Arzt in Soest, 3 Jahre Stadtphysikus in Vianen bei Utrecht, wo er eine Medizinalordnung schrieb (Ordonantie of de Oeffening der Geneeskunde in der Stadt Vianen, Utrecht 1723, 8°). Darauf liess er sich in Kleve nieder und schrieb dort „Die Nothwendigkeit und der Nutzen der Anatomie in der Republik“ (Leipzig und Duisburg 1726, 8°), und den „Medizinischen Unterricht von den Ursachen der Krankheit und des Todes“, der 1732 in Soest gedruckt wurde. 1731 wurde er königl. Brunnenmedikus in Schwelm und schrieb über den dortigen Brunnen eine kleine Brochüre (Iserlohn 1733), war vorübergehend Garnisonmedikus in Hamm und kehrte später nach Kleve zurück, wo er 1741 den Klevischen Gesundbrunnen entdeckte, über welchen er zuerst im Duisburger Intelligenzblatt 1741 Nr. 4 berichtete und 1741—1752 allerlei Brunnenschriften in deutscher, holländischer und französischer Sprache erscheinen liess (siehe unten bei den Bädern). Unter dem Pseudonym I. H. Sagittarius gab er 1745 ein Schriftchen gegen die jüdischen Ärzte heraus und schrieb noch „Die wohl unterrichtete Hebamme“ Frankfurt und Wesel 1765 und eine „Anthropologie“ Halle 1769. Die Universität Duisburg ernannte ihn 1756 zum Dr. phil. honoris causa; sein arbeitsreiches Leben schloss am 20. Jan. 1774. Sein Sohn Christian Heinrich Schütte, geboren zu Kleve, war Stadtphysikus daselbst; er schrieb 1765 „Anmerkungen“ gegen Hofrath C. L. Hoffmann’s in Köln „Nachricht von einer guten Heilart der Kinderblattern“, dessen sich wieder der Neffe desselben Dr. Karl Hoffmann in Gronau annahm in {{Pagemark|pag|47*}} einer „Bestätigung der besonderen Krafft des neuen Mittels“ (Münster 1765, 56 S. 4°), welches in äusserlicher Anwendung des Kampfers bestand. Schütte „der Jüngere“ gab ferner Watsons und Glass’ „Versuche und Abhandlungen von der neuesten und besten Art die Kinderblattern glücklich einzupfropfen“ aus dem Englischen übersetzt (Halle 1770. 8°) und seines Vaters Hebammenbuch 1773 zu Frankfurt a. M. vermehrt und verbessert heraus. — Theodor Gerhard Timmermann wurde als Sohn des Duisburger Professors Theod. Arnold Timmermann 1727 geboren und studierte in seiner Vaterstadt, wo er auch 1750 promovierte (De notandis circa naturae in humana machina lusus), war einige Jahre Arzt in Elberfeld und wurde dann 1760 als Professor der Anatomie nach Rintelen berufen, wo er 30 Jahre lehrte und eine Reihe von Disputationen erscheinen liess (1762—1786), welche in der Biographie mediale VII S. 340 f. verzeichnet stehn. Er ist am 4. September 1792 in Mörs gestorben.


Dr. Josef Sigismund Loeven, Stadtarzt zu Ratingen veröffentlichte 1779 den „Philosophischen Beweis der Möglichkeit, dass ausser den Seelenkräften die anziehende und elektrische Kraft ursprünglich die eigenthümlichen Kräfte des lebenden menschlichen Körpers einzig und allein sein können“ Düsseldorf (11 Bl. + SS. 8°). Ein zweiter Teil erschien 1786 ebenda bei Dänzer (16 Bll. + 143 SS. 8°); beide sind Professor Leidenfrost in Duisburg gewidmet. Als prakt. Arzt wirkte damals in Duisburg Dr. Jakob Theodor Schönenberg; er schrieb einige kleine Artikel über eine damals herrschende Viehseuche und über die Seife im Duisburger Intelligenzblatt von 1769, und mehr als 70jährig: „Freie Gedanken und Betrachtungen über einige theologische und biblische Stücke“, Duisburg 1778. Hervorragender als die meisten zuletzt genannten Ärzte ist Georg Florentin Heinrich Brüning, geboren 1734 zu Essen, der nach Vollendung seiner Studien in Leyden, London und Utrecht (Dissertatio sistens singultum, Traject 1758. 4°) zuerst Physikus zu Kettwig, dann zweiter Physikus zu Essen wurde und später den Hofrat- und Pfalzgrafentitel erhielt. Sein Hauptwerk, die „Constitutio epidemica Essendensis anni 1769—1770 sistens historiam febris scarlatino- miliaris anginosae eique adhibitam medelam“, Vesaliae et Lipsiae o. J. (16 Bll. + 128 SS. 8°), in welcher er eine Scharlachepidemie beschreibt, die vielfach zu Tonsillarabscessen führte und bei welcher er vom Gebrauch der Chinarinde günstige Erfolge sah, wird ihm immer eine geachtete Stelle in der Geschichte der Epidemieen sichern. Nach Sydenham’s Vorgang legte er grossen Wert auf die Beachtung der „constitutio epidemica“. Ausserdem schrieb er „De ictero spasmodico Essendiae anno 1772 epidemico“, Vesaliae 1773, 8° und die Abhandlung über die Schädlichkeit des Mohnsaftes in der Ruhr, Neuwied 1774, 8°. — Der Düsseldorfer Joh. Karl Insfeldt promovierte am 28. April 1772 zu Leyden (De lusibus naturae) und war <span style="background-color:#92d050;">[S.&nbsp;48*]</span> 1773 Bürger und Arzt in Amsterdam. Peter Delsauce, Dr. med. und kurpfälzischer Landphysikus im Jülich’schen Münstereifel, schrieb eine „Kurze Anweisung zur gerichtlichen Wundarzneikunst , Leipzig 1765. 8°. Dr. Gisbert Johann Beuth, Arzt in Kleve, auch Hebammenlehrer und Amtsphysikus daselbst, schrieb 1763 über die Einpfropfung der Pocken (Kleve 8°), Anmerkung zu Rübels wahrem Portrait eines geschickten Medici, Chirurgie oder Hebamme (Kleve 1769) Etwas vom Fieber (Düsseldorf und Kleve, 2. Abth. 1771 und 1772 gr. 8°) und endlich über die Viehseuche im Klevischen (Kleve 1796), sowie einiger Artikel in Zeitschriften. Auch ein Dr. Curtius war damals ausübender Arzt in Kleve und später der Vorgänger Rademachers in Goch. Er liess 1780 eine Schrift erscheinen „Antwoorden op de Vrag in hoe verre kan en Longheering geneeslyk zyn ..“
Dr. Josef Sigismund Loeven, Stadtarzt zu Ratingen veröffentlichte 1779 den „Philosophischen Beweis der Möglichkeit, dass ausser den Seelenkräften die anziehende und elektrische Kraft ursprünglich die eigenthümlichen Kräfte des lebenden menschlichen Körpers einzig und allein sein können“ Düsseldorf (11 Bl. + SS. 8°). Ein zweiter Teil erschien 1786 ebenda bei Dänzer (16 Bll. + 143 SS. 8°); beide sind Professor Leidenfrost in Duisburg gewidmet. Als prakt. Arzt wirkte damals in Duisburg Dr. Jakob Theodor Schönenberg; er schrieb einige kleine Artikel über eine damals herrschende Viehseuche und über die Seife im Duisburger Intelligenzblatt von 1769, und mehr als 70jährig: „Freie Gedanken und Betrachtungen über einige theologische und biblische Stücke“, Duisburg 1778. Hervorragender als die meisten zuletzt genannten Ärzte ist Georg Florentin Heinrich Brüning, geboren 1734 zu Essen, der nach Vollendung seiner Studien in Leyden, London und Utrecht (Dissertatio sistens singultum, Traject 1758. 4°) zuerst Physikus zu Kettwig, dann zweiter Physikus zu Essen wurde und später den Hofrat- und Pfalzgrafentitel erhielt. Sein Hauptwerk, die „Constitutio epidemica Essendensis anni 1769—1770 sistens historiam febris scarlatino- miliaris anginosae eique adhibitam medelam“, Vesaliae et Lipsiae o. J. (16 Bll. + 128 SS. 8°), in welcher er eine Scharlachepidemie beschreibt, die vielfach zu Tonsillarabscessen führte und bei welcher er vom Gebrauch der Chinarinde günstige Erfolge sah, wird ihm immer eine geachtete Stelle in der Geschichte der Epidemieen sichern. Nach Sydenham’s Vorgang legte er grossen Wert auf die Beachtung der „constitutio epidemica“. Ausserdem schrieb er „De ictero spasmodico Essendiae anno 1772 epidemico“, Vesaliae 1773, 8° und die Abhandlung über die Schädlichkeit des Mohnsaftes in der Ruhr, Neuwied 1774, 8°. — Der Düsseldorfer Joh. Karl Insfeldt promovierte am 28. April 1772 zu Leyden (De lusibus naturae) und war {{Pagemark|pag|48*}} 1773 Bürger und Arzt in Amsterdam. Peter Delsauce, Dr. med. und kurpfälzischer Landphysikus im Jülich’schen Münstereifel, schrieb eine „Kurze Anweisung zur gerichtlichen Wundarzneikunst , Leipzig 1765. 8°. Dr. Gisbert Johann Beuth, Arzt in Kleve, auch Hebammenlehrer und Amtsphysikus daselbst, schrieb 1763 über die Einpfropfung der Pocken (Kleve 8°), Anmerkung zu Rübels wahrem Portrait eines geschickten Medici, Chirurgie oder Hebamme (Kleve 1769) Etwas vom Fieber (Düsseldorf und Kleve, 2. Abth. 1771 und 1772 gr. 8°) und endlich über die Viehseuche im Klevischen (Kleve 1796), sowie einiger Artikel in Zeitschriften. Auch ein Dr. Curtius war damals ausübender Arzt in Kleve und später der Vorgänger Rademachers in Goch. Er liess 1780 eine Schrift erscheinen „Antwoorden op de Vrag in hoe verre kan en Longheering geneeslyk zyn ..“


Dr. Karl Josef Wirtensohn, geboren zu Opladen, starb im April 1788 zu Münster als Mitglied des Collegium Medicum und Oberchirurg des Regiments Schaumburg-Lippe; er hat eine Abhandlung über den Einfluss des Opiums auf die Herzthätigkeit geschrieben (Harderwici 1775), welche C. L. Hoffmann (s. o.) in seinen „Opera latina medici argumenti“, Münster 1789, wieder abdrucken liess und Josef Fehr (s. u.) ins Deutsche übersetzte (Kassel 1778). Dr. Johannes Fabricius war Physikus in Mörs; sein Sohn Gottfried Wilhelm promovierte unter Leidenfrost am 11. Februar 1786 zu Duisburg mit einer Dissertation über die endemischen Krankheiten. Gleichfalls in Mörs geboren ist Johann Bernhard Keup (1755), der schon am 6. September 1773 in Duisburg promovierte (Quinam cibi proprie viscidi sint vocandi?) und der Reihe nach Arzt in Mühlheim, Solingen, Winterswyk (Grafschaft Zütphen), Duisburg und Deventer gewesen ist, wo er am 1. August 1802 verstarb. Verschiedene medizinische Schriften übersetzte er aus dem Holländischen ins Deutsche, so des Professors Mathias van Geuns (Harderwyk) Abhandlung über die epidemische Ruhr (Düsseldorf 1790, 367 SS. 8°), Peter Kampers Lebensgeschichte (Stendal 1791, 8°), W. von Barnefelds Abhandlung über die Bestandteile des Wassers nach Lavoisiers Grundsätzen (Stendal 1792, 8°), Übersicht der chem. Theorie des Herrn Lavoisier (ib. 1793), Jakob van der Haar, über die Beschaffenheit des Gehirns (ib. 1794, 8°), Joh. Veirac, Abhandlung über die Rachitis (ib. 1794 gr. 8°) und die arzneikundigen Beobachtungen eines Arztes in Amsterdam aus dem Latein (ib. 1794, 8°) und umgekehrt Samuel Gottlieb von Vogels Handbuch der praktischen Arzneiwissenschaft (3 Thle. ib. 1790—1792 und 1793) und Joh. Daniel Metzgers (Königsberg) System der gerichtl. Arzneiwissenschaft ins Lateinische (ib. 1794). Die Übersetzung der Schrift über die Ruhr, deren Vorwort vom 4. Juni 1788 aus Solingen datirt ist, hat zahlreiche Anmerkungen aus Keups Feder, teils literarische Zusätze, teils eigene Beobachtungen, die ihn als vernünftigen Prak- <span style="background-color:#92d050;">[S.&nbsp;49*]</span> tiker erweisen. Auch eigene Schriften von ihm sind überliefert: „Über die Kenntnis und die Heilung der Wasserscheu“ (Düsseldorf 1788), „Libellus pharmaceuticus composita et praeparata praecipua praeparandi modum et encheiresin exhibens“ (Duisburg 1789, 204 SS. 8°) und „Manuale pharmaceuticum principiis pharmaciae probatissimis superstructum“ (Stendal 1793 8°), endlich mehrere Artikel in Zeitschriften. — In der Mitte des 18. Jahrhunderts war A. Peipers ein geachteter Arzt in Wesel. Sein Sohn Heinrich Wilhelm Peipers studierte in Duisburg und Leyden, promovierte 1763 in Duisburg (De cortice Hippocastani) und liess sich gleichfalls als Arzt in Wesel nieder, zog aber später nach Köln, während dessen Sohn Goswin Friedrich Peipers, Dr. med. in Halle 1798 (über die Cervicalnerven etc.), in Elberfeld praktizierte. Ein Duisburger, Joh. Wilhelm Strickling, erwarb sich in seiner Vaterstadt im September 1781 den Doktorhut (De fluore albo climacterio vetularum).
Dr. Karl Josef Wirtensohn, geboren zu Opladen, starb im April 1788 zu Münster als Mitglied des Collegium Medicum und Oberchirurg des Regiments Schaumburg-Lippe; er hat eine Abhandlung über den Einfluss des Opiums auf die Herzthätigkeit geschrieben (Harderwici 1775), welche C. L. Hoffmann (s. o.) in seinen „Opera latina medici argumenti“, Münster 1789, wieder abdrucken liess und Josef Fehr (s. u.) ins Deutsche übersetzte (Kassel 1778). Dr. Johannes Fabricius war Physikus in Mörs; sein Sohn Gottfried Wilhelm promovierte unter Leidenfrost am 11. Februar 1786 zu Duisburg mit einer Dissertation über die endemischen Krankheiten. Gleichfalls in Mörs geboren ist Johann Bernhard Keup (1755), der schon am 6. September 1773 in Duisburg promovierte (Quinam cibi proprie viscidi sint vocandi?) und der Reihe nach Arzt in Mühlheim, Solingen, Winterswyk (Grafschaft Zütphen), Duisburg und Deventer gewesen ist, wo er am 1. August 1802 verstarb. Verschiedene medizinische Schriften übersetzte er aus dem Holländischen ins Deutsche, so des Professors Mathias van Geuns (Harderwyk) Abhandlung über die epidemische Ruhr (Düsseldorf 1790, 367 SS. 8°), Peter Kampers Lebensgeschichte (Stendal 1791, 8°), W. von Barnefelds Abhandlung über die Bestandteile des Wassers nach Lavoisiers Grundsätzen (Stendal 1792, 8°), Übersicht der chem. Theorie des Herrn Lavoisier (ib. 1793), Jakob van der Haar, über die Beschaffenheit des Gehirns (ib. 1794, 8°), Joh. Veirac, Abhandlung über die Rachitis (ib. 1794 gr. 8°) und die arzneikundigen Beobachtungen eines Arztes in Amsterdam aus dem Latein (ib. 1794, 8°) und umgekehrt Samuel Gottlieb von Vogels Handbuch der praktischen Arzneiwissenschaft (3 Thle. ib. 1790—1792 und 1793) und Joh. Daniel Metzgers (Königsberg) System der gerichtl. Arzneiwissenschaft ins Lateinische (ib. 1794). Die Übersetzung der Schrift über die Ruhr, deren Vorwort vom 4. Juni 1788 aus Solingen datirt ist, hat zahlreiche Anmerkungen aus Keups Feder, teils literarische Zusätze, teils eigene Beobachtungen, die ihn als vernünftigen Prak- {{Pagemark|pag|49*}} tiker erweisen. Auch eigene Schriften von ihm sind überliefert: „Über die Kenntnis und die Heilung der Wasserscheu“ (Düsseldorf 1788), „Libellus pharmaceuticus composita et praeparata praecipua praeparandi modum et encheiresin exhibens“ (Duisburg 1789, 204 SS. 8°) und „Manuale pharmaceuticum principiis pharmaciae probatissimis superstructum“ (Stendal 1793 8°), endlich mehrere Artikel in Zeitschriften. — In der Mitte des 18. Jahrhunderts war A. Peipers ein geachteter Arzt in Wesel. Sein Sohn Heinrich Wilhelm Peipers studierte in Duisburg und Leyden, promovierte 1763 in Duisburg (De cortice Hippocastani) und liess sich gleichfalls als Arzt in Wesel nieder, zog aber später nach Köln, während dessen Sohn Goswin Friedrich Peipers, Dr. med. in Halle 1798 (über die Cervicalnerven etc.), in Elberfeld praktizierte. Ein Duisburger, Joh. Wilhelm Strickling, erwarb sich in seiner Vaterstadt im September 1781 den Doktorhut (De fluore albo climacterio vetularum).


Eine ganze Reihe bedeutender Ärzte wirkte in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in der Residenzstadt Düsseldorf, zum Teil auch Schriftsteller von Ruf. Seit 1740 praktizierte hier Dr. Schumacher, der gemeinsam mit Rappolt (s. S. 45*) schon 1746 Fachprüfungen abhielt. Er war schon damals Medizinalrat; über seine Lehrthätigkeit wird weiter unten berichtet werden. Er schrieb „Gesundes Düsseldorf“ 1771 und starb 1784. Einiges Schnurrige von ihm bringt der Briefwechsel Jacobis (Auserlesene Briefwechsel 1825 Nr. 143 S. 395). Ägidius Odendahl war prakt. Arzt in Düsseldorf, Direktor des Jülichbergischen Collegium Medicum und Garnisonmedikus. Er war ohne Wissen des behandelnden Arztes Hofrat Abel zu einem im Zweibrücker Hof an „fäulichtem Gallenfieber“ erkrankten irischen Edelmann namens Maxwell im September 1791 zugezogen worden und hat nachträglich noch mit Abel konsultirt, wobei es zu Dissidien kam, die zum Teil auf seit länger bestehender Spannung zwischen beiden beruhten. Odendahl brachte in einer „Berichtigung des zwischen hiesigem Arzte Tit. Hofrath Abel und Verfasser vorgefallenen bei Gelegenheit eines Kranken“ (24 SS. 8° o. O. und J., Vorrede unterzeichnet „Düsseldorf im November 1791“) die Sache in gehässiger Weise vor das grosse Publikum und warf darin seinem Kollegen vor, durch eine Gabe Kalomel (4 Gran = 0,24 grm.) den Tod des offenbar an Abdominaltyphus Erkrankten verschuldet zu haben: ein schwarzes Blatt in der Geschichte der ärztlichen Kollegialität! Abel antwortete in folgender Schrift: „Geschichte einer merkwürdigen Krankheit und Rechtfertigung der dabey gebrauchten Mittel samt einer Beylage über die von dem Herrn Medizinalrath Direktor Odendahl darüber herausgegebenen Schrift“, Düsseldorf bei Dänzer 1791 (VII + 128 SS. 8°). Das Schriftchen ist würdig gehalten und gut geschrieben; der wackere Mann gewinnt unsere Achtung beim Lesen seiner Verteidigungsschrift Johann Gotthelf Lebrecht Abel <span style="background-color:#92d050;">[S.&nbsp;50*]</span> war als Sohn des namhaften Arztes Friedr. Gotth. Abel (1714—1794) in Halberstadt um 1750 geboren und kam, nachdem er schon in seiner Heimat Physikus gewesen war, in den 70er Jahren des 18. Jahrhunderts nach Düsseldorf, wurde 1802 Direktor des Colleg. Medicum, 1816 preuss. Geh. Medizinalrat und Direktor der Sanitätskommission und starb am 27. September 1822 in Düsseldorf. — Ein vielseitiger Mann und eifriger Schriftsteller war Dr. Johann Peter Brinkmann, als Pfarrersohn um 1740 zu Orsoy im Klevischen geboren, studierte in Göttingen, wurde praktischer Arzt in Düsseldorf, Jül.-Berg. Hofrat und Direktor des Med. Collegiums. Er schrieb: „Beweis der Möglichkeit, dass einige Leute lebendig können begraben werden, nebst der Anzeige, wie man dergleichen Vorfälle verhüten kann“, Düsseldorf, Kleve und Leipzig, J. G. Bärstecher 8°; Münster 1777; Leipzig 1786; holländisch, Amsterdam 1778, 8°; „Abhandlung von der Gährung“, Kleve und Düsseldorf 1773, 8°; „Beyträge zu einer neuen Theorie der Gährungen“, Düsseldorf, Kleve und Leipzig 1774 (8 Bll. + 176 SS. 8°) und 1789. „Briefe über die Wirkungen des Blattereiters bey der Inoculation“, ib. 1774, 1789. „Patriotische Vorschläge zur Verbesserung der Medizinal-Anstalten hauptsächlich der Wundarznei und Hebammenkunst auf dem platten Lande“, Düsseldorf 1778 (60 + 38 SS. 8°). „Bemerkung über die neuerdings vorgeschlagene, und an einer Kreissenden verrichtete Operation der Durchschneidung der Symphyse der Schambeinen“, Düsseldorf, Ferd. Bauer 1778 (24 SS. 8°). „Patriotische Vorschläge zur Verbesserung der chirurgischen Anstalten und Verhütung des Einreissens der Epidemien bei den Armeen“, Düsseldorf 1780, 1784 und 1790. „Anweisung für Ärzte und Wundärzte, um bei gerichtlichen Untersuchungen vollständige Visa reperta zu liefern: und wie die Rechtsgelehrten wissen können, ob von Seiten der Ersteren das gehörige beobachtet werde“, Düsseldorf, Zehnpfennig 1781 (84 SS. 8°; wurde in Frankfurt nachgedruckt und erschien bei Dänzer 1791 in 2. Auflage, 85 SS.). „Vergleichung der Erziehung der Alten mit der heutigen und Untersuchung, welche von beiden mit der Natur am meisten übereinstimme“, Dessau und Leipzig 1784 (8 Bll. + 570 SS.) und Düsseldorf 1788, 8°, worin er namentlich den Nutzen der fast vergessenen Gymnastik eingehend hervorhebt. Schon dieses Titelverzeichniss zeigt, dass Brinkmann, seiner Zeit vorauseilend, vielerlei Verbesserungen im Chirurgen-, Hebammen-, Krankenhaus- und Erziehungswesen anstrebte, mehr noch der Inhalt der Schriften, auf den aber hier nicht weiter eingegangen werden kann. Hervorgehoben mag noch werden, dass die von ihm entworfene Medizinalordnung am 8. Juni 1773 genehmigt und erlassen wurde (s. unten) und dass er Mitglied der Berliner naturforschenden Gesellschaft gewesen ist. Seine vielfachen erstrebten Neuerungen, die auch den Beifall seines Herrn, des Kurfürsten Karl Theodor fanden, machten ihn unbeliebt, namentlich bei dem <span style="background-color:#92d050;">[S.&nbsp;51*]</span> Hofrat Bruinink, und dieser ergriff die Gelegenheit, als Brinkmann 1780 anonym ein etwas freies religiöses Schriftchen „Philosophische Betrachtungen eines, Christen über Toleranz in Religion zur Grundlage der Vereinigung sämmtlicher christlichen Religionen“ 8° hatte erscheinen lassen. Man konfiscierte das Büchlein und beantragte Brinkmanns Absetzung als Medizinal- Direktor. Die Verhandlungen liefen in Schriften und Gegenschriften von April 1781 bis Februar 1782. Die von den verschiedenen protestantischen Universitäten und Synoden eingeforderten Gutachten fielen vorwiegend zu seinen Gunsten aus und die Sache verlief im Sande (Düsseld. Staatsarchiv Jül.-Berg. Geistl. Sachen Generalia Nr. 81. Eine Gegenschrift von katholischer Seite „Ob die Duldung oder sogenannte Toleranz irriger Religion dem Charakter Christi und dem Geiste seiner Apostel gleichförmig sey“, gab Aloysius Merz 1781 in Köln heraus). Der Düsseldorfer Aufenthalt war Brinkmann infolgedessen verleidet. Ob er, wie berichtet wird, einen Ruf nach Göttingen erhalten hat, ist ungewiss. Er wurde 1784 als Leibarzt der Kaiserin nach Russland berufen und ist dort noch in guten Jahren am 26. Mai 1785 gestorben. Seine Frau, eine geborene Günther aus Solingen, zog nach seinem Tode wieder nach Düsseldorf. Seine Tochter Luise heiratete den Reg.-R. G. A. Jacobi.
Eine ganze Reihe bedeutender Ärzte wirkte in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in der Residenzstadt Düsseldorf, zum Teil auch Schriftsteller von Ruf. Seit 1740 praktizierte hier Dr. Schumacher, der gemeinsam mit Rappolt (s. S. 45*) schon 1746 Fachprüfungen abhielt. Er war schon damals Medizinalrat; über seine Lehrthätigkeit wird weiter unten berichtet werden. Er schrieb „Gesundes Düsseldorf“ 1771 und starb 1784. Einiges Schnurrige von ihm bringt der Briefwechsel Jacobis (Auserlesene Briefwechsel 1825 Nr. 143 S. 395). Ägidius Odendahl war prakt. Arzt in Düsseldorf, Direktor des Jülichbergischen Collegium Medicum und Garnisonmedikus. Er war ohne Wissen des behandelnden Arztes Hofrat Abel zu einem im Zweibrücker Hof an „fäulichtem Gallenfieber“ erkrankten irischen Edelmann namens Maxwell im September 1791 zugezogen worden und hat nachträglich noch mit Abel konsultirt, wobei es zu Dissidien kam, die zum Teil auf seit länger bestehender Spannung zwischen beiden beruhten. Odendahl brachte in einer „Berichtigung des zwischen hiesigem Arzte Tit. Hofrath Abel und Verfasser vorgefallenen bei Gelegenheit eines Kranken“ (24 SS. 8° o. O. und J., Vorrede unterzeichnet „Düsseldorf im November 1791“) die Sache in gehässiger Weise vor das grosse Publikum und warf darin seinem Kollegen vor, durch eine Gabe Kalomel (4 Gran = 0,24 grm.) den Tod des offenbar an Abdominaltyphus Erkrankten verschuldet zu haben: ein schwarzes Blatt in der Geschichte der ärztlichen Kollegialität! Abel antwortete in folgender Schrift: „Geschichte einer merkwürdigen Krankheit und Rechtfertigung der dabey gebrauchten Mittel samt einer Beylage über die von dem Herrn Medizinalrath Direktor Odendahl darüber herausgegebenen Schrift“, Düsseldorf bei Dänzer 1791 (VII + 128 SS. 8°). Das Schriftchen ist würdig gehalten und gut geschrieben; der wackere Mann gewinnt unsere Achtung beim Lesen seiner Verteidigungsschrift Johann Gotthelf Lebrecht Abel {{Pagemark|pag|50*}} war als Sohn des namhaften Arztes Friedr. Gotth. Abel (1714—1794) in Halberstadt um 1750 geboren und kam, nachdem er schon in seiner Heimat Physikus gewesen war, in den 70er Jahren des 18. Jahrhunderts nach Düsseldorf, wurde 1802 Direktor des Colleg. Medicum, 1816 preuss. Geh. Medizinalrat und Direktor der Sanitätskommission und starb am 27. September 1822 in Düsseldorf. — Ein vielseitiger Mann und eifriger Schriftsteller war Dr. Johann Peter Brinkmann, als Pfarrersohn um 1740 zu Orsoy im Klevischen geboren, studierte in Göttingen, wurde praktischer Arzt in Düsseldorf, Jül.-Berg. Hofrat und Direktor des Med. Collegiums. Er schrieb: „Beweis der Möglichkeit, dass einige Leute lebendig können begraben werden, nebst der Anzeige, wie man dergleichen Vorfälle verhüten kann“, Düsseldorf, Kleve und Leipzig, J. G. Bärstecher 8°; Münster 1777; Leipzig 1786; holländisch, Amsterdam 1778, 8°; „Abhandlung von der Gährung“, Kleve und Düsseldorf 1773, 8°; „Beyträge zu einer neuen Theorie der Gährungen“, Düsseldorf, Kleve und Leipzig 1774 (8 Bll. + 176 SS. 8°) und 1789. „Briefe über die Wirkungen des Blattereiters bey der Inoculation“, ib. 1774, 1789. „Patriotische Vorschläge zur Verbesserung der Medizinal-Anstalten hauptsächlich der Wundarznei und Hebammenkunst auf dem platten Lande“, Düsseldorf 1778 (60 + 38 SS. 8°). „Bemerkung über die neuerdings vorgeschlagene, und an einer Kreissenden verrichtete Operation der Durchschneidung der Symphyse der Schambeinen“, Düsseldorf, Ferd. Bauer 1778 (24 SS. 8°). „Patriotische Vorschläge zur Verbesserung der chirurgischen Anstalten und Verhütung des Einreissens der Epidemien bei den Armeen“, Düsseldorf 1780, 1784 und 1790. „Anweisung für Ärzte und Wundärzte, um bei gerichtlichen Untersuchungen vollständige Visa reperta zu liefern: und wie die Rechtsgelehrten wissen können, ob von Seiten der Ersteren das gehörige beobachtet werde“, Düsseldorf, Zehnpfennig 1781 (84 SS. 8°; wurde in Frankfurt nachgedruckt und erschien bei Dänzer 1791 in 2. Auflage, 85 SS.). „Vergleichung der Erziehung der Alten mit der heutigen und Untersuchung, welche von beiden mit der Natur am meisten übereinstimme“, Dessau und Leipzig 1784 (8 Bll. + 570 SS.) und Düsseldorf 1788, 8°, worin er namentlich den Nutzen der fast vergessenen Gymnastik eingehend hervorhebt. Schon dieses Titelverzeichniss zeigt, dass Brinkmann, seiner Zeit vorauseilend, vielerlei Verbesserungen im Chirurgen-, Hebammen-, Krankenhaus- und Erziehungswesen anstrebte, mehr noch der Inhalt der Schriften, auf den aber hier nicht weiter eingegangen werden kann. Hervorgehoben mag noch werden, dass die von ihm entworfene Medizinalordnung am 8. Juni 1773 genehmigt und erlassen wurde (s. unten) und dass er Mitglied der Berliner naturforschenden Gesellschaft gewesen ist. Seine vielfachen erstrebten Neuerungen, die auch den Beifall seines Herrn, des Kurfürsten Karl Theodor fanden, machten ihn unbeliebt, namentlich bei dem {{Pagemark|pag|51*}} Hofrat Bruinink, und dieser ergriff die Gelegenheit, als Brinkmann 1780 anonym ein etwas freies religiöses Schriftchen „Philosophische Betrachtungen eines, Christen über Toleranz in Religion zur Grundlage der Vereinigung sämmtlicher christlichen Religionen“ 8° hatte erscheinen lassen. Man konfiscierte das Büchlein und beantragte Brinkmanns Absetzung als Medizinal- Direktor. Die Verhandlungen liefen in Schriften und Gegenschriften von April 1781 bis Februar 1782. Die von den verschiedenen protestantischen Universitäten und Synoden eingeforderten Gutachten fielen vorwiegend zu seinen Gunsten aus und die Sache verlief im Sande (Düsseld. Staatsarchiv Jül.-Berg. Geistl. Sachen Generalia Nr. 81. Eine Gegenschrift von katholischer Seite „Ob die Duldung oder sogenannte Toleranz irriger Religion dem Charakter Christi und dem Geiste seiner Apostel gleichförmig sey“, gab Aloysius Merz 1781 in Köln heraus). Der Düsseldorfer Aufenthalt war Brinkmann infolgedessen verleidet. Ob er, wie berichtet wird, einen Ruf nach Göttingen erhalten hat, ist ungewiss. Er wurde 1784 als Leibarzt der Kaiserin nach Russland berufen und ist dort noch in guten Jahren am 26. Mai 1785 gestorben. Seine Frau, eine geborene Günther aus Solingen, zog nach seinem Tode wieder nach Düsseldorf. Seine Tochter Luise heiratete den Reg.-R. G. A. Jacobi.


Beachtung verdient weiter der kurpfälz.-bayerische General-Stabswundarzt Dr. Josef Naegele; er hielt seit 1784 anatomische und chirurg. Vorlesungen (s. u.) Eine Abhandlung von ihm über eine Blutung aus der beim Bruchschnitt durchschnittenen unteren Bauchdeckenarterie ist im 1. Bande der Johann Barthol. von Siebold’schen „Sammlung seltener und auserlesener chirurgischer Beobachtungen“ Rudolstadt 1805 an 3. Stelle aufgenommen. In seiner Lehrthätigkeit, die bis 1809 beglaubigt ist, wurde er von seinen beiden Söhnen Anton und Franz Karl unterstützt. Dr. Anton Naegele, geboren zu Düsseldorf, war Arzt und seit 1790 Hofarzt daselbst und lehrte gerichtliche Wundarznei und Physiologie. Er war ein Anhänger der John Brown’schen Erregungstheorie und schrieb in diesem Sinne über „Das Werden, das Leben, die Gesundheit, die Krankheit und den Tod des menschlichen Körpers“, Düsseldorf 1801 (130 SS. 8°); „Beitrag zu einer naturgeschichtlichen Darstellung der Entzündung am tierischen Körper“, Düsseldorf, Dänzer 1804 gr. 8°; „Einige wohlgemeinte Worte über die Kunst, das menschliche Leben nicht zu verkürzen“, Düsseldorf 1810 (86 SS. 8°). Weit bedeutender ist sein Bruder Franz Karl Naegele, geb. 12. Juli 1778, der von seinem Vater früh in das Studium der Medizin eingeführt und schon vor Beginn seiner Universitätsstudien Prosector und Repetitor der Anatomie am Düsseldorfer anatomischen Theater wurde. Er bezog dann die Hochschulen zu Strassburg, Freiburg und Bamberg und liess sich in Barmen nieder, wo er das Physikat der Ämter Barmen und <span style="background-color:#92d050;">[S.&nbsp;52*]</span> Beyenburg erhielt und sich mit besonderer Vorliebe mit Geburtshülfe und dem Unterricht der Hebammen und Chirurgen beschäftigte. Als Vorsteher der Armenanstalt führte er wichtige Reformen ein, die den Grund legten zu dem späteren grossen Rufe der Armenverpflegung in Barmen und Elberfeld. (Man vergleiche seine Schrift Über den Zweck, Nutzen und die Einrichtung von Armenanstalten. Eine Aufforderung an die Einwohner Barmens zur Einführung einer gemeinschaftlichen Armenpflege für die Armen sämtlicher Confessionen“, Barmen 1807, 8°). Schon im Jahre 1807 wurde er nach Heidelberg als ausserordentl. Professor berufen; 1810 wurde er ordentl. Professor und Direktor der Entbindungsanstalt. Über 40 Jahre wirkte er in dieser Stellung und starb am 21. Januar 1851, als grösste geburtshilfliche Autorität allgemein anerkannt. Sein Name ist auch in der heutigen Ärztegeneration noch lebendig und wir feiern in ihm einen der grössten Söhne bergischen Landes. Die Anführung seiner epochemachenden Werke kann ich hier unterlassen; sie stehen in allen Repertorien der Geschichte der Medizin. Die vorzüglichste Würdigung des Mannes gab Heinrich Rohlfs in seinen „Medizinischen Klassikern Deutschlands“ 2. Abth. Stuttgart 1880 S. 499—556.
Beachtung verdient weiter der kurpfälz.-bayerische General-Stabswundarzt Dr. Josef Naegele; er hielt seit 1784 anatomische und chirurg. Vorlesungen (s. u.) Eine Abhandlung von ihm über eine Blutung aus der beim Bruchschnitt durchschnittenen unteren Bauchdeckenarterie ist im 1. Bande der Johann Barthol. von Siebold’schen „Sammlung seltener und auserlesener chirurgischer Beobachtungen“ Rudolstadt 1805 an 3. Stelle aufgenommen. In seiner Lehrthätigkeit, die bis 1809 beglaubigt ist, wurde er von seinen beiden Söhnen Anton und Franz Karl unterstützt. Dr. Anton Naegele, geboren zu Düsseldorf, war Arzt und seit 1790 Hofarzt daselbst und lehrte gerichtliche Wundarznei und Physiologie. Er war ein Anhänger der John Brown’schen Erregungstheorie und schrieb in diesem Sinne über „Das Werden, das Leben, die Gesundheit, die Krankheit und den Tod des menschlichen Körpers“, Düsseldorf 1801 (130 SS. 8°); „Beitrag zu einer naturgeschichtlichen Darstellung der Entzündung am tierischen Körper“, Düsseldorf, Dänzer 1804 gr. 8°; „Einige wohlgemeinte Worte über die Kunst, das menschliche Leben nicht zu verkürzen“, Düsseldorf 1810 (86 SS. 8°). Weit bedeutender ist sein Bruder Franz Karl Naegele, geb. 12. Juli 1778, der von seinem Vater früh in das Studium der Medizin eingeführt und schon vor Beginn seiner Universitätsstudien Prosector und Repetitor der Anatomie am Düsseldorfer anatomischen Theater wurde. Er bezog dann die Hochschulen zu Strassburg, Freiburg und Bamberg und liess sich in Barmen nieder, wo er das Physikat der Ämter Barmen und {{Pagemark|pag|52*}} Beyenburg erhielt und sich mit besonderer Vorliebe mit Geburtshülfe und dem Unterricht der Hebammen und Chirurgen beschäftigte. Als Vorsteher der Armenanstalt führte er wichtige Reformen ein, die den Grund legten zu dem späteren grossen Rufe der Armenverpflegung in Barmen und Elberfeld. (Man vergleiche seine Schrift Über den Zweck, Nutzen und die Einrichtung von Armenanstalten. Eine Aufforderung an die Einwohner Barmens zur Einführung einer gemeinschaftlichen Armenpflege für die Armen sämtlicher Confessionen“, Barmen 1807, 8°). Schon im Jahre 1807 wurde er nach Heidelberg als ausserordentl. Professor berufen; 1810 wurde er ordentl. Professor und Direktor der Entbindungsanstalt. Über 40 Jahre wirkte er in dieser Stellung und starb am 21. Januar 1851, als grösste geburtshilfliche Autorität allgemein anerkannt. Sein Name ist auch in der heutigen Ärztegeneration noch lebendig und wir feiern in ihm einen der grössten Söhne bergischen Landes. Die Anführung seiner epochemachenden Werke kann ich hier unterlassen; sie stehen in allen Repertorien der Geschichte der Medizin. Die vorzüglichste Würdigung des Mannes gab Heinrich Rohlfs in seinen „Medizinischen Klassikern Deutschlands“ 2. Abth. Stuttgart 1880 S. 499—556.


Wilh. Xaver Jansen, den Abel in seiner Schrift gegen Odendahl mit Auszeichnung nennt, ist am 27. Sept. 1760 in Rees geboren, liess sich nach vollendeten Studien (Jena und Leyden) in Düsseldorf nieder und starb früh als Medizinalrat und Stadtphysikus am 19. Juni 1793. Seine Leydener Dissertation „Pinguedinis animalis consideratio physiologica et pathologica“ wurde von J. C. Jonas in’s Deutsche übersetzt, Halle 1786. Er selbst gab 1788 in Düsseldorf eine Arbeit über Pellagra heraus als Frucht einer italienischen wissenschaftlichen Reise, die er in Briefen an seinen Freund und Lehrer Sandifort holländisch und später deutsch in zwei Teilen schilderte (Leyden 1790 u. 1793; Aurich 1791 und Düsseldorf 1793 u. 94). Einiges andere übergehe ich. — A. J. Varnhagen, geb. in Düsseldorf 1756, studierte in Strassburg, wurde Arzt in seiner Vaterstadt, Medizinalrat und Stadtphysikus (1787), lebte zuletzt in Hamburg, wo er am 5. Juni 1799 starb. Er schrieb eine „Kurze Anweisung, die für Kranke und Gesunde dienlichen Nahrungsmittel und Getränke zu bereiten, Deutschlands Töchtern gewidmet“, Hamburg 1794, 8° und gab des Heidelberger Professors Gattenhof akademische Schriften gesammelt heraus, Düsseldorf 1795. Vermutlich ist der Doktor Varnhagen in Düsseldorf sein Vater gewesen, der 1752 vom Leibarzt des Abts von Werden und Helmstädt Dr. J. Joseph Hansen in Essen in einer Brochüre: „Entdeckter Ungrund Eines von Med. Doct. Varenhagen vor venerisch angegebenen Hals-Zustands ...“ (Essen, Sebastian Straube 48 SS. 4°) heftig angegriffen wurde. (Genannt werden hierin ausser den Med.-Räten Rappolt und Schumacher der Chirurgus Joh. Wilh. Frölig in Kaiserswerth und die Hebamme Lucia Krahe, die Quack- <span style="background-color:#92d050;">[S.&nbsp;53*]</span> salberin Kath. Judith Weyers, der Stadtchirurg J. M. Brewer, der Chirurg J. G. Zeck und der Regimentsfeldscherer Franz Wahl, alle in Düsseldorf.) — P. J. Melchior, geb. zu Duisburg als Sohn des Prof. der Philosophie und Mathematik Joh. Albrecht Melchior (s. oben S. 6), studierte in seiner Vaterstadt und erwarb sich dort den Doktortitel, soll in Düsseldorf Mathematik und Physik gelehrt haben (nach 1780) und später prakt. Arzt in Kappelen im Geldern’schen gewesen sein. Josef Fehr geb. 24. Juni 1742 in Düsseldorf und dort zuerst vom Stabsmedikus Dubaud angebildet, studierte 1759 in Duisburg, war während des 7-jährigen Krieges in franz. Spitälern zu Düsseldorf und Köln thätig, widmete sich später in Münster als Stabschirurg bei einem Kavallerie-Regiment besonders der Tierheilkunde, bereiste zum Studium der Rinderpest 1777 auf Staatskosten das nördl. Deutschland und wurde 1779 ordentl. Professor der Tierheilkunde in Münster, wo er 23. Nov. 1831 starb. Er hat 1778 „Auch noch ein Hebammen-Katechismus aus einer gefundenen Handschrift“ in Rothenburg an der Fulda erscheinen lassen, schrieb mehrfach über Hundswut und eine ganze Reihe tierärztlicher Schriften.
Wilh. Xaver Jansen, den Abel in seiner Schrift gegen Odendahl mit Auszeichnung nennt, ist am 27. Sept. 1760 in Rees geboren, liess sich nach vollendeten Studien (Jena und Leyden) in Düsseldorf nieder und starb früh als Medizinalrat und Stadtphysikus am 19. Juni 1793. Seine Leydener Dissertation „Pinguedinis animalis consideratio physiologica et pathologica“ wurde von J. C. Jonas in’s Deutsche übersetzt, Halle 1786. Er selbst gab 1788 in Düsseldorf eine Arbeit über Pellagra heraus als Frucht einer italienischen wissenschaftlichen Reise, die er in Briefen an seinen Freund und Lehrer Sandifort holländisch und später deutsch in zwei Teilen schilderte (Leyden 1790 u. 1793; Aurich 1791 und Düsseldorf 1793 u. 94). Einiges andere übergehe ich. — A. J. Varnhagen, geb. in Düsseldorf 1756, studierte in Strassburg, wurde Arzt in seiner Vaterstadt, Medizinalrat und Stadtphysikus (1787), lebte zuletzt in Hamburg, wo er am 5. Juni 1799 starb. Er schrieb eine „Kurze Anweisung, die für Kranke und Gesunde dienlichen Nahrungsmittel und Getränke zu bereiten, Deutschlands Töchtern gewidmet“, Hamburg 1794, 8° und gab des Heidelberger Professors Gattenhof akademische Schriften gesammelt heraus, Düsseldorf 1795. Vermutlich ist der Doktor Varnhagen in Düsseldorf sein Vater gewesen, der 1752 vom Leibarzt des Abts von Werden und Helmstädt Dr. J. Joseph Hansen in Essen in einer Brochüre: „Entdeckter Ungrund Eines von Med. Doct. Varenhagen vor venerisch angegebenen Hals-Zustands ...“ (Essen, Sebastian Straube 48 SS. 4°) heftig angegriffen wurde. (Genannt werden hierin ausser den Med.-Räten Rappolt und Schumacher der Chirurgus Joh. Wilh. Frölig in Kaiserswerth und die Hebamme Lucia Krahe, die Quack- {{Pagemark|pag|53*}} salberin Kath. Judith Weyers, der Stadtchirurg J. M. Brewer, der Chirurg J. G. Zeck und der Regimentsfeldscherer Franz Wahl, alle in Düsseldorf.) — P. J. Melchior, geb. zu Duisburg als Sohn des Prof. der Philosophie und Mathematik Joh. Albrecht Melchior (s. oben S. 6), studierte in seiner Vaterstadt und erwarb sich dort den Doktortitel, soll in Düsseldorf Mathematik und Physik gelehrt haben (nach 1780) und später prakt. Arzt in Kappelen im Geldern’schen gewesen sein. Josef Fehr geb. 24. Juni 1742 in Düsseldorf und dort zuerst vom Stabsmedikus Dubaud angebildet, studierte 1759 in Duisburg, war während des 7-jährigen Krieges in franz. Spitälern zu Düsseldorf und Köln thätig, widmete sich später in Münster als Stabschirurg bei einem Kavallerie-Regiment besonders der Tierheilkunde, bereiste zum Studium der Rinderpest 1777 auf Staatskosten das nördl. Deutschland und wurde 1779 ordentl. Professor der Tierheilkunde in Münster, wo er 23. Nov. 1831 starb. Er hat 1778 „Auch noch ein Hebammen-Katechismus aus einer gefundenen Handschrift“ in Rothenburg an der Fulda erscheinen lassen, schrieb mehrfach über Hundswut und eine ganze Reihe tierärztlicher Schriften.


Dr. Bernhard Guerard, Stabschirurg, Garnisonsmedikus und Medizinalrat, geboren 1734 zu Pont-à-Mousson, hatte in Strassburg studiert und war Wundarzt im französischen Heere gewesen und Mitglied der chirurgischen Akademie zu Paris und des Colleg. Medicum in Mainz geworden. Auf seine Veranlassung errichtete der verdiente Statthalter Graf von Goltstein († 1774) die Düsseldorfer Hebammenschule (s. unten), deren Direktor Guerard wurde. Er schrieb „Anfangsgründe der Geburtshülfe, zum Gebrauche seiner Vorlesungen“ (Düsseldorf, Zehnpfennig 1775 12 Bll. + 300 SS. 8°; neue Auflage 1781) grossentheils nach Professor G. A. Frieds in Strassburg Lehrbuch gearbeitet. Am 11. Mai 1778 nahm er nach Sigaults Vorgange bei engem Becken die Symphysiotomie vor und beschrieb dieselbe in einem „Exposé du cas pour lequel la Section de la Simphyse fut fait à Düsseldorf“ (Stahl, 1778, 8° Bll. + 61 SS. 8°, das auch ins Deutsche übersetzt wurde: „Umständliche Nachricht des Zufalls“ u. s. w. Auch Brinkmann, der mit Stadt- und Garnisonsphysikus Philippi, Regimentsfeldscherer Nägele und dem Repetenten der Geburtshülfe Strein Augenzeuge der Operation gewesen war, hatte eine kleine Schrift darüber veröffentlicht (s. o.). Von Wundarzt Lukas Boogers wurde Guerard darob angegriffen, worauf er 1781 mit einer eingehenden „Untersuchung und Lehre über den Durchschnitt der Schaambeine“ (Münster, Perrenon 175 SS. 8°) antwortete. Er hat auch noch einen „Vorschlag rechtschaffene Wundärzte zu verschaffen“ (Düsseldorf 1779, 4°) geschrieben, ist aber schon am 13. Oktober 1782 gestorben. Sein Sohn Karl Guerard, geboren 17. März 1765 in Düsseldorf, studierte in Göttingen, Paris, Bonn und erwarb in Duisburg 1784 den Doktortitel (De hydrope), liess sich <span style="background-color:#92d050;">[S.&nbsp;54*]</span> in Elberfeld als Arzt nieder, war vorübergehend auch in Düsseldorf als Physikus (1794), dann wieder in Elberfeld seit 1795 ärztlich thätig. Er schrieb „Wöchentliche Unterhaltungen über Volks- und Thierheilkunde“ (1. Bd. Elberfeld 1798) und einen „Unterricht über die herrschende Rindviehseuche, den benachbarten Landbewohnern gewidmet“ (ib. 1797 und 1798). In Siebolds Journal Bd. X. schilderte er zwei Beobachtungen über kontagiöse Krankheiten des Fötus und ist am 30. Dezember 1828 als Medizinalrat gestorben. Im März 1794 kam Bernhard Josef Reyland als Medizinalrat nach Düsseldorf. Er war am 29. April 1766 in Jülich geboren, hatte in Düsseldorf, Köln, Bonn, Wien und Ingolstadt studiert und an letzterem Orte 1781 promoviert mit einer Dissertation „De inflammationibus latentibus“, welche er später erweitert deutsch erscheinen liess („Medizinisch-praktische Abhandlung von verborgenen und langwierigen Entzündungen“, Wien 1790, 8 Bll. + 221 SS. 8°). Er liess sich 1789 in Jülich nieder, wo man ihn in den Stadtrat wählte. 1794 gab er in Lemgo ein „Handbuch zur Erhaltung und Wiedererlangung der Gesundheit“ heraus und 1795 zu Düsseldorf bei Schreiner die populäre Schrift „Über den Nutzen der Pocken-Inokulation im Vergleich des Schadens der natürlichen Pocken, Eltern und Menschenfreunden zur Beherzigung“ (223 SS. 8°), des weiteren „Generalia medico-practica prima in morbos chronicos in usum medicorum neopracticorum“ (Düsseldorf 1795 8°) und „Gemeinnützige Bemerkungen und Aufsätze über einige Gegenstände der medizinischen Polizey“, Düsseldorf 1796 8°. Er wurde Stabs- und Garnisonsmedikus und Hofrat, hielt später Vorlesungen über Krankenpflege und wurde 1815 mit Josef Naegele Dirigent des Lazaretts für die Verwundeten von Belle-Alliance.
Dr. Bernhard Guerard, Stabschirurg, Garnisonsmedikus und Medizinalrat, geboren 1734 zu Pont-à-Mousson, hatte in Strassburg studiert und war Wundarzt im französischen Heere gewesen und Mitglied der chirurgischen Akademie zu Paris und des Colleg. Medicum in Mainz geworden. Auf seine Veranlassung errichtete der verdiente Statthalter Graf von Goltstein († 1774) die Düsseldorfer Hebammenschule (s. unten), deren Direktor Guerard wurde. Er schrieb „Anfangsgründe der Geburtshülfe, zum Gebrauche seiner Vorlesungen“ (Düsseldorf, Zehnpfennig 1775 12 Bll. + 300 SS. 8°; neue Auflage 1781) grossentheils nach Professor G. A. Frieds in Strassburg Lehrbuch gearbeitet. Am 11. Mai 1778 nahm er nach Sigaults Vorgange bei engem Becken die Symphysiotomie vor und beschrieb dieselbe in einem „Exposé du cas pour lequel la Section de la Simphyse fut fait à Düsseldorf“ (Stahl, 1778, 8° Bll. + 61 SS. 8°, das auch ins Deutsche übersetzt wurde: „Umständliche Nachricht des Zufalls“ u. s. w. Auch Brinkmann, der mit Stadt- und Garnisonsphysikus Philippi, Regimentsfeldscherer Nägele und dem Repetenten der Geburtshülfe Strein Augenzeuge der Operation gewesen war, hatte eine kleine Schrift darüber veröffentlicht (s. o.). Von Wundarzt Lukas Boogers wurde Guerard darob angegriffen, worauf er 1781 mit einer eingehenden „Untersuchung und Lehre über den Durchschnitt der Schaambeine“ (Münster, Perrenon 175 SS. 8°) antwortete. Er hat auch noch einen „Vorschlag rechtschaffene Wundärzte zu verschaffen“ (Düsseldorf 1779, 4°) geschrieben, ist aber schon am 13. Oktober 1782 gestorben. Sein Sohn Karl Guerard, geboren 17. März 1765 in Düsseldorf, studierte in Göttingen, Paris, Bonn und erwarb in Duisburg 1784 den Doktortitel (De hydrope), liess sich {{Pagemark|pag|54*}} in Elberfeld als Arzt nieder, war vorübergehend auch in Düsseldorf als Physikus (1794), dann wieder in Elberfeld seit 1795 ärztlich thätig. Er schrieb „Wöchentliche Unterhaltungen über Volks- und Thierheilkunde“ (1. Bd. Elberfeld 1798) und einen „Unterricht über die herrschende Rindviehseuche, den benachbarten Landbewohnern gewidmet“ (ib. 1797 und 1798). In Siebolds Journal Bd. X. schilderte er zwei Beobachtungen über kontagiöse Krankheiten des Fötus und ist am 30. Dezember 1828 als Medizinalrat gestorben. Im März 1794 kam Bernhard Josef Reyland als Medizinalrat nach Düsseldorf. Er war am 29. April 1766 in Jülich geboren, hatte in Düsseldorf, Köln, Bonn, Wien und Ingolstadt studiert und an letzterem Orte 1781 promoviert mit einer Dissertation „De inflammationibus latentibus“, welche er später erweitert deutsch erscheinen liess („Medizinisch-praktische Abhandlung von verborgenen und langwierigen Entzündungen“, Wien 1790, 8 Bll. + 221 SS. 8°). Er liess sich 1789 in Jülich nieder, wo man ihn in den Stadtrat wählte. 1794 gab er in Lemgo ein „Handbuch zur Erhaltung und Wiedererlangung der Gesundheit“ heraus und 1795 zu Düsseldorf bei Schreiner die populäre Schrift „Über den Nutzen der Pocken-Inokulation im Vergleich des Schadens der natürlichen Pocken, Eltern und Menschenfreunden zur Beherzigung“ (223 SS. 8°), des weiteren „Generalia medico-practica prima in morbos chronicos in usum medicorum neopracticorum“ (Düsseldorf 1795 8°) und „Gemeinnützige Bemerkungen und Aufsätze über einige Gegenstände der medizinischen Polizey“, Düsseldorf 1796 8°. Er wurde Stabs- und Garnisonsmedikus und Hofrat, hielt später Vorlesungen über Krankenpflege und wurde 1815 mit Josef Naegele Dirigent des Lazaretts für die Verwundeten von Belle-Alliance.


Auch in Elberfeld wirkte in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts eine Reihe namhafter Ärzte. Ausser dem oben S. 44 genannten Theodor Gerhard Timmermann nennen wir zunächst den Doktor Johann Simon Gottl. Dinkler, einen vielseitig gebildeten Mann, wie dic Themata seiner Vorträge in der dortigen Lesegesellschaft beweisen (s. oben S. 10 und Ztschr. d. berg. G.-V. I, 60). Als er im Mai 1791 sein 50jähriges Doktorjubiläum feierte, gab Dr. Karl Wilhelm Nose als Festschrift eine Rede „Von der Geduld besonders des Arztes am Krankenbette“ heraus (48 SS. 8°). Nose war zu Braunschweig 1753 geboren, hatte seit 1774 in Helmstädt, Strassburg und Wien studiert (1777 Dr. med.) und später in Augsburg praktiziert. Wir finden ihn schon 1781 in Elberfeld, wo er sich hauptsächlich wissenschaftlichen Arbeiten, besonders geologischen und mineralogischen (s. o.), widmete und Vorträge hielt. Er zog später nach Köln, wo er am 22. Juni 1835 starb. Von seinen zahlreichen Arbeiten seien nur folgende genannt: „Über die Behandlung des venerischen Übels“, Augsburg 1780; „Abhandlung über die Gonorrhö ib. 1781; „Über Brechmittel in hitzigen Krankheiten“ ib. 1781 und „Der Werth der <span style="background-color:#92d050;">[S.&nbsp;55*]</span> Anstalten gegen das Blatternübel“, Frankfurt a. M. 1800. Der Physikus Dr. Cramer war schon 1775 in Elberfeld und schrieb in Hufelands Journal „Über die Inflatio ventriculi“ (1798). Dr. Weyershaus ist uns nur durch seine Vorlesungen in der „Lesegesellschaft“ bekannt geworden (1785). Auch ein Dr. Ludw. Leidenfrost, Sohn des Duisburger Professors, war Arzt in Elberfeld. Im Jahre 1772 liess sich dort nieder der bekannte Schriftsteller und Augenarzt Johann Heinrich Jung gen. Stilling (geb. am 12. Sept. 1740 im Dorfe Grund im Nassauischen), zuerst Schneider, dann Hauslehrer, endlich stud. med. in Strassburg, wo er mit Goethe und Herder bekannt und befreundet wurde. Trotzdem er sich durch seine glücklichen Staaroperationen nach der Extractionsmethode einen berechtigten Ruf weithin verschaffte, ging es ihm doch kümmerlich in Elberfeld, wohin er sich solange gesehnt hatte, sodass er es 1778 schon wieder verliess. Seine weiteren Schicksale als Kameralist in Lautern, Marburg, Heidelberg und zuletzt als vortragender Rat in Karlsruhe gehen über den Rahmen dieser Skizze hinaus; er starb am 2. April 1817. Staaroperationen hat er auch, nachdem er Elberfeld verlassen hatte, noch mit Glück ausgeführt. Seine „sämmtlichen Werke“, worunter die Herausgeber aber nur die „religiösen“ begriffen wissen wollen, sind in 13 Bänden und einem Ergänzungsband 1835—1838 in Stuttgart erschienen. Als medizinische Schriften sind zu nennen: „Günstige Erfolge mit dem Daviel’schen Verfahren der Cataract-Extraction“, Frankfurt 1775 und „Methode den grauen Staar auszuziehen und zu heilen“, Marburg 1791 (134 SS. kl. 8°) mit 4 Tafeln. Diese beachtenswerten Arbeiten sind nicht ohne Verdienst und werden in der Geschichte der Ophthalmiatrie allzeit mit Ehren genannt werden. - Heinrich Wilh. Theod. Pottgiesser, geb. 21. Aug. 1766 in Vörde bei Schwelm, studierte in Halle und Duisburg, wurde 1787 Dr. med. (De signis ex sputis) und übersetzte Prof. Daniel Erhard Günthers „Kurzen Entwurf der anatomischen Nervenlehre“ aus dem Lateinischen, Düsseldorf bei Dänzer 1789 (176 SS. 8°) mit einigen Zusätzen Günthers. Er hat mediz. Artikel in der Westfäl. Zeitung, astronomische in Bodes astronom. Jahrbuch und musikalische in der allg. mus. Zeitung geschrieben und ist 1829 gestorben. Josef Stephan Anton Diemel, der Begründer der Elberfelder Hardtanlagen, geb. Ende 1763 in Soest, war Wundarzt in Elberfeld und bekannter Botaniker, 1817 Ehrendoktor der Philosophie von Heidelberg; er starb am 31. März 1821. Als Elberfelder Wundärzte sind gleichzeitig zu nennen Lucas und der Stadtaccoucheur Willig, welcher 1787 durch einen Kaiserschnitt lokale Berühmtheit erlangte. Ein Chirurgensohn aus Gemarke (Mittel-Barmen) war Georg Wilhelm Grollmann, der zu Frankfurt a. d. Oder doktorierte (De putredine signo mortis minus certo 1794), sich 1795 in Elberfeld niederliess, aber schon am 12. Februar 1802 im 34. Lebensjahre <span style="background-color:#92d050;">[S.&nbsp;56*]</span> starb. Auch das benachbarte Barmen hatte damals Ärzte von Ruf. Gerhard Wilhelm von Eicken aus Langenberg war zuerst Kaufmann, besuchte dann das Gymnasium in Mörs und studierte 1787—1789 in Göttingen und Jena. Er wurde 1790 Arzt in Mannheim und 1796 Hofrat und soll in Düsseldorf, Gemarke, Solingen, Haan und seit 1804 in Mülheim a. Rhein praktiziert haben. Vielleicht beruhen diese Angaben aber z. T. auf einer Verwechselung mit Johann Wilh. von Eicken, gleichfalls aus Langenberg, der 27. Dezbr. 1809 in Solingen 49 Jahre alt starb. Jedenfalls ist die Vorrede des 1. Bandes seiner „Sammlung interessanter Aufsätze und Beobachtungen für praktische Ärzte und Wundärzte“ aus Elberfeld im März 1797 datirt (Elberf. 4 Bll + 418 S. + Bl.). eigenen Arbeiten von Eickens hierin beschäftigen sich mit „Darminfarkten“ und „Wurmreiz“ und deren Allgemeinerscheinungen; freimütige Briefe über das Brownisch-Weickard’sche System sind ohne Autornennung beigefügt. Schon in Mannheim hat er ein „Neues medizinisches Archiv für Leser aller Stände“ in drei Stücken herausgegeben (1793, 1794 1798), später „Gedächtnissblätter. Enthaltend Nachricht von dem Leben und Charakter verdienter Ärzte und Naturforscher“ (1797) und „Grundlinien zur Kenntniss der wichtigsten Krankheiten des Menschen ... für angehende Ärzte“ (1797). Er übersetzte das „diätetische Tagebuch für Gelehrte“ des le Camus (1797) und „Der Mensch physisch und moralisch betrachtet“ des Ambrosius Ganne (1796). — Samuel Collenbusch, geboren in (Barmen-) Wichlinghausen 24. Sept. 1724, war lange Jahre ausübender Arzt in Barmen und starb, nachdem er 10 Jahre blind gewesen, am 1. Sept. 1803. Die Bibelstunden waren von Jugend auf seine Hauptbeschäftigung; bekannt ist seine mehrfach aufgelegte „Erklärung biblischer Wahrheit“ in 8 Heften (Elberfeld 1807). Medizinisch hat er nur „Erfahrungen über den Nutzen und Schaden des Schwelmer Gesundbrunnens“, Hagen, Voigt 1791 (47 SS. 8°) veröffentlicht, die „Dahle im Juni 1791“ datirt sind. Sein Namensvetter Daniel Collenbusch ist am 19. Sept. 1759 in Duisburg geboren, wurde 1789 zu Jena Dr. med., dann prakt. Arzt in Eisenberg, 1803 Physikus von Stadt und Amt Kahla in Sachsen-Altenburg (auch Arzt an dem Irren- und Zuchthaus Leuchtenberg), und ist dort am 14. April 1841 als Geh. Hofrat gestorben. Er gab 1794 und 1797 „Merkwürdige Abhandlungen holländischer Ärzte“, teils ganz, teils auszugsweise übersetzt heraus und schrieb zahlreiche treffliche medizinische Volksbücher, so den „Aufrichtigen Volksarzt“ (2 Tle. Eisenberg 1796 und 98), die „Mildheimische Gesundheitslehre“ (3 Tle. Gotha 1799—1802), arbeitete Hufelands Makrobiotik „für den Bürger und Landmann“ um (Altenburg 1801) und gab populäre medizinische Zeitschriften heraus. Ferdinand Anton Bernhard Heuser, geb. im Jülich’schen, studierte und <span style="background-color:#92d050;">[S.&nbsp;57*]</span> promovierte in Heidelberg (De aeris nimis calidi et aestuantis in corpus human. effectibus 1791) und wurde prakt. Arzt in Gemarke.
Auch in Elberfeld wirkte in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts eine Reihe namhafter Ärzte. Ausser dem oben S. 44 genannten Theodor Gerhard Timmermann nennen wir zunächst den Doktor Johann Simon Gottl. Dinkler, einen vielseitig gebildeten Mann, wie dic Themata seiner Vorträge in der dortigen Lesegesellschaft beweisen (s. oben S. 10 und Ztschr. d. berg. G.-V. I, 60). Als er im Mai 1791 sein 50jähriges Doktorjubiläum feierte, gab Dr. Karl Wilhelm Nose als Festschrift eine Rede „Von der Geduld besonders des Arztes am Krankenbette“ heraus (48 SS. 8°). Nose war zu Braunschweig 1753 geboren, hatte seit 1774 in Helmstädt, Strassburg und Wien studiert (1777 Dr. med.) und später in Augsburg praktiziert. Wir finden ihn schon 1781 in Elberfeld, wo er sich hauptsächlich wissenschaftlichen Arbeiten, besonders geologischen und mineralogischen (s. o.), widmete und Vorträge hielt. Er zog später nach Köln, wo er am 22. Juni 1835 starb. Von seinen zahlreichen Arbeiten seien nur folgende genannt: „Über die Behandlung des venerischen Übels“, Augsburg 1780; „Abhandlung über die Gonorrhö ib. 1781; „Über Brechmittel in hitzigen Krankheiten“ ib. 1781 und „Der Werth der {{Pagemark|pag|55*}} Anstalten gegen das Blatternübel“, Frankfurt a. M. 1800. Der Physikus Dr. Cramer war schon 1775 in Elberfeld und schrieb in Hufelands Journal „Über die Inflatio ventriculi“ (1798). Dr. Weyershaus ist uns nur durch seine Vorlesungen in der „Lesegesellschaft“ bekannt geworden (1785). Auch ein Dr. Ludw. Leidenfrost, Sohn des Duisburger Professors, war Arzt in Elberfeld. Im Jahre 1772 liess sich dort nieder der bekannte Schriftsteller und Augenarzt Johann Heinrich Jung gen. Stilling (geb. am 12. Sept. 1740 im Dorfe Grund im Nassauischen), zuerst Schneider, dann Hauslehrer, endlich stud. med. in Strassburg, wo er mit Goethe und Herder bekannt und befreundet wurde. Trotzdem er sich durch seine glücklichen Staaroperationen nach der Extractionsmethode einen berechtigten Ruf weithin verschaffte, ging es ihm doch kümmerlich in Elberfeld, wohin er sich solange gesehnt hatte, sodass er es 1778 schon wieder verliess. Seine weiteren Schicksale als Kameralist in Lautern, Marburg, Heidelberg und zuletzt als vortragender Rat in Karlsruhe gehen über den Rahmen dieser Skizze hinaus; er starb am 2. April 1817. Staaroperationen hat er auch, nachdem er Elberfeld verlassen hatte, noch mit Glück ausgeführt. Seine „sämmtlichen Werke“, worunter die Herausgeber aber nur die „religiösen“ begriffen wissen wollen, sind in 13 Bänden und einem Ergänzungsband 1835—1838 in Stuttgart erschienen. Als medizinische Schriften sind zu nennen: „Günstige Erfolge mit dem Daviel’schen Verfahren der Cataract-Extraction“, Frankfurt 1775 und „Methode den grauen Staar auszuziehen und zu heilen“, Marburg 1791 (134 SS. kl. 8°) mit 4 Tafeln. Diese beachtenswerten Arbeiten sind nicht ohne Verdienst und werden in der Geschichte der Ophthalmiatrie allzeit mit Ehren genannt werden. - Heinrich Wilh. Theod. Pottgiesser, geb. 21. Aug. 1766 in Vörde bei Schwelm, studierte in Halle und Duisburg, wurde 1787 Dr. med. (De signis ex sputis) und übersetzte Prof. Daniel Erhard Günthers „Kurzen Entwurf der anatomischen Nervenlehre“ aus dem Lateinischen, Düsseldorf bei Dänzer 1789 (176 SS. 8°) mit einigen Zusätzen Günthers. Er hat mediz. Artikel in der Westfäl. Zeitung, astronomische in Bodes astronom. Jahrbuch und musikalische in der allg. mus. Zeitung geschrieben und ist 1829 gestorben. Josef Stephan Anton Diemel, der Begründer der Elberfelder Hardtanlagen, geb. Ende 1763 in Soest, war Wundarzt in Elberfeld und bekannter Botaniker, 1817 Ehrendoktor der Philosophie von Heidelberg; er starb am 31. März 1821. Als Elberfelder Wundärzte sind gleichzeitig zu nennen Lucas und der Stadtaccoucheur Willig, welcher 1787 durch einen Kaiserschnitt lokale Berühmtheit erlangte. Ein Chirurgensohn aus Gemarke (Mittel-Barmen) war Georg Wilhelm Grollmann, der zu Frankfurt a. d. Oder doktorierte (De putredine signo mortis minus certo 1794), sich 1795 in Elberfeld niederliess, aber schon am 12. Februar 1802 im 34. Lebensjahre {{Pagemark|pag|56*}} starb. Auch das benachbarte Barmen hatte damals Ärzte von Ruf. Gerhard Wilhelm von Eicken aus Langenberg war zuerst Kaufmann, besuchte dann das Gymnasium in Mörs und studierte 1787—1789 in Göttingen und Jena. Er wurde 1790 Arzt in Mannheim und 1796 Hofrat und soll in Düsseldorf, Gemarke, Solingen, Haan und seit 1804 in Mülheim a. Rhein praktiziert haben. Vielleicht beruhen diese Angaben aber z. T. auf einer Verwechselung mit Johann Wilh. von Eicken, gleichfalls aus Langenberg, der 27. Dezbr. 1809 in Solingen 49 Jahre alt starb. Jedenfalls ist die Vorrede des 1. Bandes seiner „Sammlung interessanter Aufsätze und Beobachtungen für praktische Ärzte und Wundärzte“ aus Elberfeld im März 1797 datirt (Elberf. 4 Bll + 418 S. + Bl.). eigenen Arbeiten von Eickens hierin beschäftigen sich mit „Darminfarkten“ und „Wurmreiz“ und deren Allgemeinerscheinungen; freimütige Briefe über das Brownisch-Weickard’sche System sind ohne Autornennung beigefügt. Schon in Mannheim hat er ein „Neues medizinisches Archiv für Leser aller Stände“ in drei Stücken herausgegeben (1793, 1794 1798), später „Gedächtnissblätter. Enthaltend Nachricht von dem Leben und Charakter verdienter Ärzte und Naturforscher“ (1797) und „Grundlinien zur Kenntniss der wichtigsten Krankheiten des Menschen ... für angehende Ärzte“ (1797). Er übersetzte das „diätetische Tagebuch für Gelehrte“ des le Camus (1797) und „Der Mensch physisch und moralisch betrachtet“ des Ambrosius Ganne (1796). — Samuel Collenbusch, geboren in (Barmen-) Wichlinghausen 24. Sept. 1724, war lange Jahre ausübender Arzt in Barmen und starb, nachdem er 10 Jahre blind gewesen, am 1. Sept. 1803. Die Bibelstunden waren von Jugend auf seine Hauptbeschäftigung; bekannt ist seine mehrfach aufgelegte „Erklärung biblischer Wahrheit“ in 8 Heften (Elberfeld 1807). Medizinisch hat er nur „Erfahrungen über den Nutzen und Schaden des Schwelmer Gesundbrunnens“, Hagen, Voigt 1791 (47 SS. 8°) veröffentlicht, die „Dahle im Juni 1791“ datirt sind. Sein Namensvetter Daniel Collenbusch ist am 19. Sept. 1759 in Duisburg geboren, wurde 1789 zu Jena Dr. med., dann prakt. Arzt in Eisenberg, 1803 Physikus von Stadt und Amt Kahla in Sachsen-Altenburg (auch Arzt an dem Irren- und Zuchthaus Leuchtenberg), und ist dort am 14. April 1841 als Geh. Hofrat gestorben. Er gab 1794 und 1797 „Merkwürdige Abhandlungen holländischer Ärzte“, teils ganz, teils auszugsweise übersetzt heraus und schrieb zahlreiche treffliche medizinische Volksbücher, so den „Aufrichtigen Volksarzt“ (2 Tle. Eisenberg 1796 und 98), die „Mildheimische Gesundheitslehre“ (3 Tle. Gotha 1799—1802), arbeitete Hufelands Makrobiotik „für den Bürger und Landmann“ um (Altenburg 1801) und gab populäre medizinische Zeitschriften heraus. Ferdinand Anton Bernhard Heuser, geb. im Jülich’schen, studierte und {{Pagemark|pag|57*}} promovierte in Heidelberg (De aeris nimis calidi et aestuantis in corpus human. effectibus 1791) und wurde prakt. Arzt in Gemarke.


Christian Rudolf Hannes, geb. am 26. Mai 1734 zu Wesel, studierte in Duisburg, Halle und Berlin, promovierte in Duisburg 1756 (Foetum in utero per os nutriri) und liess sich danach in seiner Vaterstadt nieder, wo er 1763 Stadt- und Landphysikus wurde und am 27./28. Januar 1789 starb. Er gab heraus: „Beweis, dass man von der Mittagsbewegung keine allgemeine Regel geben könne“, Wesel 1758, 4°; „De puero epileptico foliis aurantiorum recentibus servato“, Vesal et Lipsiae 1766, 8° (Roeder); „Die Unschuld des Obstes in Erzeugung der Ruhr“, Wesel 1766, 8°, „Briefe an Baldinger über das Friesel“, Wesel und Leipzig 1768, 8°; „De insitione variolarum in urbe patria Vesaliensi“, ib. 1772, 8° und verschiedene Journalartikel. Joh. Jakob Moujé, gleichfalls zu Wesel geboren, wurde Dr. med. in Leyden 1785 (De animi pathematibus). Heinrich Christian August Osthoff wurde ebenfalls in Wesel geboren (1772), studierte und promovierte in Duisburg (De morbo maculoso haemorrhagico) 1798 und war Arzt in Vlotho an der Weser und Bassum bei Bremen und seit 1809 Landphysikus im westphäl. Weserdepartement. Er hat eine ganze Reihe von Schriften verfasst (siehe bei Enslin und Callisen).
Christian Rudolf Hannes, geb. am 26. Mai 1734 zu Wesel, studierte in Duisburg, Halle und Berlin, promovierte in Duisburg 1756 (Foetum in utero per os nutriri) und liess sich danach in seiner Vaterstadt nieder, wo er 1763 Stadt- und Landphysikus wurde und am 27./28. Januar 1789 starb. Er gab heraus: „Beweis, dass man von der Mittagsbewegung keine allgemeine Regel geben könne“, Wesel 1758, 4°; „De puero epileptico foliis aurantiorum recentibus servato“, Vesal et Lipsiae 1766, 8° (Roeder); „Die Unschuld des Obstes in Erzeugung der Ruhr“, Wesel 1766, 8°, „Briefe an Baldinger über das Friesel“, Wesel und Leipzig 1768, 8°; „De insitione variolarum in urbe patria Vesaliensi“, ib. 1772, 8° und verschiedene Journalartikel. Joh. Jakob Moujé, gleichfalls zu Wesel geboren, wurde Dr. med. in Leyden 1785 (De animi pathematibus). Heinrich Christian August Osthoff wurde ebenfalls in Wesel geboren (1772), studierte und promovierte in Duisburg (De morbo maculoso haemorrhagico) 1798 und war Arzt in Vlotho an der Weser und Bassum bei Bremen und seit 1809 Landphysikus im westphäl. Weserdepartement. Er hat eine ganze Reihe von Schriften verfasst (siehe bei Enslin und Callisen).


Karl Anton Kortum, der Dichter der „Jobsiade“ und auch sonst als Dichter und Schriftsteller bekannt, ist am 5. Juli 1745 als Sohn eines Apothekers in Mülheim a. d. Ruhr geboren, studierte seit 1763 in Duisburg, wo er 1765 promovierte. Er liess sich dann in seiner Vaterstadt nieder, zog aber schon 1770 nach Bochum, wo er nach mehr als einem halben Jahrhundert praktischer (Bergarzt seit 1792) und schriftstellerischer Thätigkeit am 15. August 1824 (als Kgl. Hofrat) weit und breit berühmt und verehrt gestorben ist. Ein vollständiges Bild seiner vielseitigen schriftstellerischen Thätigkeit gibt die mit der 70. Naturforscherversammlung verbundene niederrheinische historisch-medizinische Ausstellung, deren Katalog im Folgenden vielfach unsere im Raum sehr beschränkten Ausführungen ergänzen muss. Seine meisten medizinischen Schriften sind populärer Natur und fast alle in Duisburg erschienen; genannt sei hier noch besonders seine „Skizze einer Zeit- und Literaturgeschichte der Arzneikunst“ Unna 1809 und 1819. Ueber seine „hermet. Gesellschaft“ siehe unter Chemie. Auch sein Verwandter Karl Georg Theodor Kortum war gleichfalls Apothekerssohn. Geboren in Dortmund am 29. Mai 1765, promovierte er 1785 in Göttingen, praktizierte zuerst in seiner Geburtsstadt und wurde 1790 Physikus in Stollberg im Jülich’schen, wo er am 9. Februar 1847 gestorben ist. Zahlreich sind auch seine schriftstellerischen Arbeiten, davon die wichtigsten: die zuerst lateinisch, später deutsch erschienene, von Paris preisgekrönte Arbeit über die Skrofeln 2 Bde. (1789 90 und 1793), die „Medizinisch-praktische Bibliothek“ 3 Bde. (1789 1791), das „Handbuch der Augen- <span style="background-color:#92d050;">[S.&nbsp;58*]</span> krankheiten“ 2 Bde. (1791—1794), die „Beiträge zur praktischen Arzneiwissenschaft“ (1796) und seine Schrift über die Bäder von Aachen und Burtscheid 1798 und 1818. (Ueber beide Kortum verweise ich besonders auf die „Allg. deutsche Biographie“, in welcher unsere Niederrheinischen vielleicht etwas zahlreicher vertreten sein könnten.)
Karl Anton Kortum, der Dichter der „Jobsiade“ und auch sonst als Dichter und Schriftsteller bekannt, ist am 5. Juli 1745 als Sohn eines Apothekers in Mülheim a. d. Ruhr geboren, studierte seit 1763 in Duisburg, wo er 1765 promovierte. Er liess sich dann in seiner Vaterstadt nieder, zog aber schon 1770 nach Bochum, wo er nach mehr als einem halben Jahrhundert praktischer (Bergarzt seit 1792) und schriftstellerischer Thätigkeit am 15. August 1824 (als Kgl. Hofrat) weit und breit berühmt und verehrt gestorben ist. Ein vollständiges Bild seiner vielseitigen schriftstellerischen Thätigkeit gibt die mit der 70. Naturforscherversammlung verbundene niederrheinische historisch-medizinische Ausstellung, deren Katalog im Folgenden vielfach unsere im Raum sehr beschränkten Ausführungen ergänzen muss. Seine meisten medizinischen Schriften sind populärer Natur und fast alle in Duisburg erschienen; genannt sei hier noch besonders seine „Skizze einer Zeit- und Literaturgeschichte der Arzneikunst“ Unna 1809 und 1819. Ueber seine „hermet. Gesellschaft“ siehe unter Chemie. Auch sein Verwandter Karl Georg Theodor Kortum war gleichfalls Apothekerssohn. Geboren in Dortmund am 29. Mai 1765, promovierte er 1785 in Göttingen, praktizierte zuerst in seiner Geburtsstadt und wurde 1790 Physikus in Stollberg im Jülich’schen, wo er am 9. Februar 1847 gestorben ist. Zahlreich sind auch seine schriftstellerischen Arbeiten, davon die wichtigsten: die zuerst lateinisch, später deutsch erschienene, von Paris preisgekrönte Arbeit über die Skrofeln 2 Bde. (1789 90 und 1793), die „Medizinisch-praktische Bibliothek“ 3 Bde. (1789 1791), das „Handbuch der Augen- {{Pagemark|pag|58*}} krankheiten“ 2 Bde. (1791—1794), die „Beiträge zur praktischen Arzneiwissenschaft“ (1796) und seine Schrift über die Bäder von Aachen und Burtscheid 1798 und 1818. (Ueber beide Kortum verweise ich besonders auf die „Allg. deutsche Biographie“, in welcher unsere Niederrheinischen vielleicht etwas zahlreicher vertreten sein könnten.)


Als einer der bedeutendsten damaligen Ärzte am Niederrhein ist trotz allem Johann Gottfried Rademacher zu nennen, geboren am 4. August 1772 zu Hamm. Er studierte in Jena und Berlin, promovierte 18. April 1794 in Jena (Utrum differat rheumatismus ab arthritide), liess sich 1796 in Kleve nieder und siedelte schon am 19. April 1797 nach Goch über, wo er bis zu seinem Tode am 9. Februar 1850 als pflichttreuer Arzt wirkte. Er schrieb eine Reihe von Abhandlungen in Hufelands Journal und Loders Journal für Chirurgie und gab heraus: „Beschreibung einer neuen Heilart der Nervenfieber“, Berlin 1803 (noch in Brown’schen Geleisen); „Briefe für Ärzte und Nichtärzte über die Aftermedizin und deren Nothwendigkeit im Staate“, Köln 1804 (gut beobachtet und gut geschrieben); „Libellus de dysenteria“, Köln 1806 8° und endlich: „Rechtfertigung der von den Gelehrten misskannten verstandesrechten Erfahrungsheillehre der alten scheidekünstigen Geheimärzte und treue Mitteilung des Ergebnisses einer 25jährigen Erprobung dieser Lehre am Krankenbette“, 2 Bde., Berlin 1841, 1846, 1847, 1849. Aus dem Studium des Paracelsus und anderer Iatrochemiker und eigener Beobachtung war ihm ein System der Behandlung mit „Universalmitteln“ und „Organmitteln“ (und deren Indikation nach einer ganz eigenthümlichen Art von epidemischer Konstitution) verwachsen, das, durchaus nicht dem Paracelsus entlehnt, viel Anhänger gefunden hat und auch heute noch einige spärliche Vertreter besitzt. Mag man auch über seine Schrullen lächeln, so wird doch jeder, der das Buch ernsthaft vorgenommen hat, ihm die Anerkennung nicht versagen können, dass man es hier mit einem durchaus tüchtigen Manne von Geist und Herz zu thun hat, aber auch mit einem scharfen gut beobachtenden Verstande, dem man mit Genuss zuhört, auch wenn man anderer Ansicht ist. Sein Nachfolger in Goch Bergrath hat ihm eine pietätvolle kleine biographische Skizze gewidmet, Berlin 1850. — Ein guter Beobachter war Dr. Joh. Christ. Jonas, geboren in Kleve nach 1760, prakt. Arzt in Krefeld und seit 1790 Amtsphysikus zu Montjoie im Jülich’schen, wie seine Arbeiten in Zeitschriften über Erkrankungen der Tucharbeiter, Kotverhärtungen u. s. w., beweisen. Josef Ferdinand Michels, Arzt in Jülich, schrieb über die Nutzbarkeit des Aachener Mineralwassers, Köln 1785. In Nideggen im Jülich’schen ist auch am 17. April 1761 der Würzburger Professor der Chirurgie Hermann Josef Brünninghausen geboren, bekannt durch seine Verbesserungen der Geburtszange (1802) und zahlreiche chirurgische Schriften aus den Jahren 1789—1818. <span style="background-color:#92d050;">[S.&nbsp;59*]</span> Er ist am 7. Februar 1834 gestorben. Johann Georg Mögling aus Düren wurde 1781 in Duisburg Dr. med. (De noxis quae ex mala administratione rei publicae in sanitatem et vitam incolarum redundant) und praktischer Arzt in seiner Vaterstadt. Im selben Jahre promovierte in Duisburg Joh. Wilh. Lauterbach aus Gruiten, der sich in Mettmann niederliess. Joh. Wilhelm Arnold Frowein war zuerst Arzt in Stolberg, dann in Haan und später an den preussischen Lazaretten in Köln thätig. Er schrieb; „Versuch, was sind Fieber“ 2 Tle. Elberfeld 1805, Hamm 1806. 8°; „Beweis des absoluten Lebens, des Daseins und der Unsterblichkeit“ Köln 1805, 8°.
Als einer der bedeutendsten damaligen Ärzte am Niederrhein ist trotz allem Johann Gottfried Rademacher zu nennen, geboren am 4. August 1772 zu Hamm. Er studierte in Jena und Berlin, promovierte 18. April 1794 in Jena (Utrum differat rheumatismus ab arthritide), liess sich 1796 in Kleve nieder und siedelte schon am 19. April 1797 nach Goch über, wo er bis zu seinem Tode am 9. Februar 1850 als pflichttreuer Arzt wirkte. Er schrieb eine Reihe von Abhandlungen in Hufelands Journal und Loders Journal für Chirurgie und gab heraus: „Beschreibung einer neuen Heilart der Nervenfieber“, Berlin 1803 (noch in Brown’schen Geleisen); „Briefe für Ärzte und Nichtärzte über die Aftermedizin und deren Nothwendigkeit im Staate“, Köln 1804 (gut beobachtet und gut geschrieben); „Libellus de dysenteria“, Köln 1806 8° und endlich: „Rechtfertigung der von den Gelehrten misskannten verstandesrechten Erfahrungsheillehre der alten scheidekünstigen Geheimärzte und treue Mitteilung des Ergebnisses einer 25jährigen Erprobung dieser Lehre am Krankenbette“, 2 Bde., Berlin 1841, 1846, 1847, 1849. Aus dem Studium des Paracelsus und anderer Iatrochemiker und eigener Beobachtung war ihm ein System der Behandlung mit „Universalmitteln“ und „Organmitteln“ (und deren Indikation nach einer ganz eigenthümlichen Art von epidemischer Konstitution) verwachsen, das, durchaus nicht dem Paracelsus entlehnt, viel Anhänger gefunden hat und auch heute noch einige spärliche Vertreter besitzt. Mag man auch über seine Schrullen lächeln, so wird doch jeder, der das Buch ernsthaft vorgenommen hat, ihm die Anerkennung nicht versagen können, dass man es hier mit einem durchaus tüchtigen Manne von Geist und Herz zu thun hat, aber auch mit einem scharfen gut beobachtenden Verstande, dem man mit Genuss zuhört, auch wenn man anderer Ansicht ist. Sein Nachfolger in Goch Bergrath hat ihm eine pietätvolle kleine biographische Skizze gewidmet, Berlin 1850. — Ein guter Beobachter war Dr. Joh. Christ. Jonas, geboren in Kleve nach 1760, prakt. Arzt in Krefeld und seit 1790 Amtsphysikus zu Montjoie im Jülich’schen, wie seine Arbeiten in Zeitschriften über Erkrankungen der Tucharbeiter, Kotverhärtungen u. s. w., beweisen. Josef Ferdinand Michels, Arzt in Jülich, schrieb über die Nutzbarkeit des Aachener Mineralwassers, Köln 1785. In Nideggen im Jülich’schen ist auch am 17. April 1761 der Würzburger Professor der Chirurgie Hermann Josef Brünninghausen geboren, bekannt durch seine Verbesserungen der Geburtszange (1802) und zahlreiche chirurgische Schriften aus den Jahren 1789—1818. {{Pagemark|pag|59*}} Er ist am 7. Februar 1834 gestorben. Johann Georg Mögling aus Düren wurde 1781 in Duisburg Dr. med. (De noxis quae ex mala administratione rei publicae in sanitatem et vitam incolarum redundant) und praktischer Arzt in seiner Vaterstadt. Im selben Jahre promovierte in Duisburg Joh. Wilh. Lauterbach aus Gruiten, der sich in Mettmann niederliess. Joh. Wilhelm Arnold Frowein war zuerst Arzt in Stolberg, dann in Haan und später an den preussischen Lazaretten in Köln thätig. Er schrieb; „Versuch, was sind Fieber“ 2 Tle. Elberfeld 1805, Hamm 1806. 8°; „Beweis des absoluten Lebens, des Daseins und der Unsterblichkeit“ Köln 1805, 8°.


Joh. Wynand Theod. Zanders, geboren in Solingen, wo sein Vater Joh. Friedr. Theodor Zanders aus Düsseldorf gebürtig (1737), Arzt und Physikus war (1770—1807), praktizierte in seiner Heimatstadt und schrieb „Rhapsodien physiologischen Inhalts“ in Röschlaubs Magazin (Bd. 8) und „Beiträge zur Geschichte der Thiermetamorphosen“ Köln 1807, 8°. Er starb 29. Januar 1819.
Joh. Wynand Theod. Zanders, geboren in Solingen, wo sein Vater Joh. Friedr. Theodor Zanders aus Düsseldorf gebürtig (1737), Arzt und Physikus war (1770—1807), praktizierte in seiner Heimatstadt und schrieb „Rhapsodien physiologischen Inhalts“ in Röschlaubs Magazin (Bd. 8) und „Beiträge zur Geschichte der Thiermetamorphosen“ Köln 1807, 8°. Er starb 29. Januar 1819.


Wilhelm Kruse, Amtmannssohn aus Wevelinghoven, praktizierte gleichfalls in Solingen und schrieb in Hufelands Journal. Weitere Solinger Ärzte aus jener Zeit sind Johann Zwicky (1769) und Joh. Clemens Dinger (1775). Als Solinger Wundärzte in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts wären zu nennen: Johann Gisbert Kramp aus Düsseldorf (1707—5. I. 1756), Christoph Gottschalk († 1790), Johann Fries zu Heesten († 1777), Guilleaume, Clemens, Anton und Johann Nicolai, Johann Matthias Willig († 1794), Joh. Wilh. Jacobs († 1794), Johann Christian Finzinger aus der Schweiz († 1789), Andreas Johann Kayser aus Haan (seit 1792), Wilhelm und Samuel Willig (beide seit 1795), Tillmann Haas (seit 1797) und Jos. Wilh. Joisten aus Düsseldorf (seit 1798). Zu Löhdorf, Amt Solingen, wirkte als Wundarzt J. H. Scheller, der an den Ritter v. Zimmermann Fridericianischen Angedenkens ein Sendschreiben richtete: „Über den vorteilhaften Einfluss einer gemässigten und gut geordneten Ausübung der Wissenschaft auf die Beförderung unserer Gesundheit“, Stendal 1793, 8°. Dr. Franz Josef Brunner, seit 1889 Physikus der bergischen Ämter Blankenberg und Beyenburg, schrieb „Vorschläge einer zweckmässigen Heilart der Kopfverletzungen“, Düsseldorf 1806, 232 SS. 8°. Peter Friedrich Weyland, geboren zu Meinertshagen im Märkischen, wurde 1797 Dr. med. in Duisburg (De curatione gangliorum), Arzt in Honrath im Oberbergischen und später Physikus in Siegburg. Johann Jakob Günther, geboren in Neviges in den 70er Jahren des 18. Jahrhunderts, anfangs Schullehrer in Solingen, studierte Cameralia in Marburg, dann Theologie in Duisburg, wurde Vikar in Oberkassel bei Bonn, ergriff dann das Studium der Medizin in Bonn und Marburg (1801 Dr. med.), wurde Arzt in Oberkassel, Physikus in Deutz (wo ihn Goethe besuchte), Kreisphysikus in Köln und Nassauischer Medizinalrat. Am 13. Juli 1862 ist er „lebensmüde <span style="background-color:#92d050;">[S.&nbsp;60*]</span> und mit sich und der Welt zerfallen“ gestorben, einer der fruchtbarsten und vielseitigsten medizinischen Schriftsteller, aber hier nicht weiter zu besprechen, da er nach dem Jahre 1800 promoviert ist, welches Jahr ich des schon zu sehr in Anspruch genommenen Raumes halber mir als Grenze gesetzt habe. Sein Bruder Karl Günther, gleichfalls aus Neviges gebürtig, war Chirurg in der Napoleonischen Armee und später zu Montjoie; er schrieb „Etwas zur richtigen Würdigung der Schmucker’schen Fomentationen und der übrigen bisherigen Verfahrungsarten bei Kopfverletzungen“, Frankfurt a. M. 1805, 28 SS. 8°. Georg Christian Theophil Wedekind, geb. 8. Januar 1761 zu Göttingen als Sohn eines Professors der Philosophie daselbst, wurde dort 1780 Dr. med., war in den 80er Jahren vorübergehend Arzt und Physikus zu Mülheim am Rhein. Auf sein wechselreiches und mit reicher schriftstellerischer Thätigkeit gesegnetes Leben, das sich meist in Mainz bei der französischen Armee und am Darmstädter Hofe abspielte, kann hier nicht näher eingegangen werden; alles Nähere ist im „Biogr. Lexikon der Ärzte“ von Gurlt mitgeteilt (VI. 216 f). Ich breche hier ab, indem ich noch kurz erwähne den Dr. med. C. W. Scholten, geb. zu Mörs, der 1768—1779 allerlei Nichtmedizinisches geschrieben hat, und den Dr. L. Castringius in Schwelm, den Verfasser einer Schwelmer Brunnenschrift (1799).
Wilhelm Kruse, Amtmannssohn aus Wevelinghoven, praktizierte gleichfalls in Solingen und schrieb in Hufelands Journal. Weitere Solinger Ärzte aus jener Zeit sind Johann Zwicky (1769) und Joh. Clemens Dinger (1775). Als Solinger Wundärzte in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts wären zu nennen: Johann Gisbert Kramp aus Düsseldorf (1707—5. I. 1756), Christoph Gottschalk († 1790), Johann Fries zu Heesten († 1777), Guilleaume, Clemens, Anton und Johann Nicolai, Johann Matthias Willig († 1794), Joh. Wilh. Jacobs († 1794), Johann Christian Finzinger aus der Schweiz († 1789), Andreas Johann Kayser aus Haan (seit 1792), Wilhelm und Samuel Willig (beide seit 1795), Tillmann Haas (seit 1797) und Jos. Wilh. Joisten aus Düsseldorf (seit 1798). Zu Löhdorf, Amt Solingen, wirkte als Wundarzt J. H. Scheller, der an den Ritter v. Zimmermann Fridericianischen Angedenkens ein Sendschreiben richtete: „Über den vorteilhaften Einfluss einer gemässigten und gut geordneten Ausübung der Wissenschaft auf die Beförderung unserer Gesundheit“, Stendal 1793, 8°. Dr. Franz Josef Brunner, seit 1889 Physikus der bergischen Ämter Blankenberg und Beyenburg, schrieb „Vorschläge einer zweckmässigen Heilart der Kopfverletzungen“, Düsseldorf 1806, 232 SS. 8°. Peter Friedrich Weyland, geboren zu Meinertshagen im Märkischen, wurde 1797 Dr. med. in Duisburg (De curatione gangliorum), Arzt in Honrath im Oberbergischen und später Physikus in Siegburg. Johann Jakob Günther, geboren in Neviges in den 70er Jahren des 18. Jahrhunderts, anfangs Schullehrer in Solingen, studierte Cameralia in Marburg, dann Theologie in Duisburg, wurde Vikar in Oberkassel bei Bonn, ergriff dann das Studium der Medizin in Bonn und Marburg (1801 Dr. med.), wurde Arzt in Oberkassel, Physikus in Deutz (wo ihn Goethe besuchte), Kreisphysikus in Köln und Nassauischer Medizinalrat. Am 13. Juli 1862 ist er „lebensmüde {{Pagemark|pag|60*}} und mit sich und der Welt zerfallen“ gestorben, einer der fruchtbarsten und vielseitigsten medizinischen Schriftsteller, aber hier nicht weiter zu besprechen, da er nach dem Jahre 1800 promoviert ist, welches Jahr ich des schon zu sehr in Anspruch genommenen Raumes halber mir als Grenze gesetzt habe. Sein Bruder Karl Günther, gleichfalls aus Neviges gebürtig, war Chirurg in der Napoleonischen Armee und später zu Montjoie; er schrieb „Etwas zur richtigen Würdigung der Schmucker’schen Fomentationen und der übrigen bisherigen Verfahrungsarten bei Kopfverletzungen“, Frankfurt a. M. 1805, 28 SS. 8°. Georg Christian Theophil Wedekind, geb. 8. Januar 1761 zu Göttingen als Sohn eines Professors der Philosophie daselbst, wurde dort 1780 Dr. med., war in den 80er Jahren vorübergehend Arzt und Physikus zu Mülheim am Rhein. Auf sein wechselreiches und mit reicher schriftstellerischer Thätigkeit gesegnetes Leben, das sich meist in Mainz bei der französischen Armee und am Darmstädter Hofe abspielte, kann hier nicht näher eingegangen werden; alles Nähere ist im „Biogr. Lexikon der Ärzte“ von Gurlt mitgeteilt (VI. 216 f). Ich breche hier ab, indem ich noch kurz erwähne den Dr. med. C. W. Scholten, geb. zu Mörs, der 1768—1779 allerlei Nichtmedizinisches geschrieben hat, und den Dr. L. Castringius in Schwelm, den Verfasser einer Schwelmer Brunnenschrift (1799).


Es ist eine lange Reihe tüchtiger Männer (leider gewiss nicht lückenlos), die an uns vorübergezogen ist; nicht wenige darunter hervorragend und im weiteren Deutschland gleichfalls berühmt geworden. Auch im 19. Jahrhundert hat es am Niederrhein an tüchtigen Aerzten nicht gefehlt, und mancher hätte eine eingehende Schilderung wohl verdient, so der grosse Gräfrather Augenarzt I. H. de Leuw (1792—1861), der Hofrath Joh. Heinr. Bongard in Erkrath (1779—1857), denen man im Bergischen Lande noch ein treues Andenken bewahrt; der Düsseldorfer Max Jacobi (1775—1858), der Sohn des Philosophen Goethi’schen Angedenkens und grosse rheinische Irrenarzt (s. u.) und der Psychiater Friedrich Bird aus Wesel (1793—1851 s. u.), der Düsseldorfer Künstleranatom Josef Neunzig (geb. 1797), die beiden Ebermeier, Heinrich Gerhardy, der Düsselthaler pietistische Sonderling Ernst Josef Gustav de Valenti, der geniale Martin Wilhelm von Mandt (1800—1858), die Brüder Friedrich Emil und Adolf Sander aus Wichlinghausen, Pagenstecher Vater (Heinrich Karl Alexander 1799—1869) und Sohn (Karl 1824— 1865) in Elberfeld, unser unvergesslicher Eduard Graf und die wahrhaft grossen Theodor Schwann aus Neuss (1810—1882), der Begründer der tierischen Zellenlehre, und Bernhard Gudden (1824—1886) aus Kleve, der grosse Hirnanatom tragischsten Endes. Ihnen allen und vielen andern bewahrt ihr engeres <span style="background-color:#92d050;">[S.&nbsp;61*]</span> Vaterland ein treues Gedächtnis und zählt sie mit Stolz zu seinen Söhnen. So weit es uns möglich war, — und wir haben uns keine Mühe verdriessen lassen und auch recht vielfach freudiges und rührendes Entgegenkommen gefunden — haben wir allen Söhnen Jülich - Kleve - Bergischen Landes, die auf ärztlichem oder naturwissenschaftlichem Gebiete irgend hervorragend gewirkt haben, in einer besonderen Abteilung der historischen Ausstellung auf der diesjährigen Naturforscher- und Ärzteversammlung in Schriften und Bildnissen und sonstigen Erinnerungen ein pietätvolles Denkmal zu errichten gesucht. Dieser Teil der Ausstellung und sein Katalog wird allen Abteilungen der Festschrift als Illustration und willkommene Ergänzung dienen.
Es ist eine lange Reihe tüchtiger Männer (leider gewiss nicht lückenlos), die an uns vorübergezogen ist; nicht wenige darunter hervorragend und im weiteren Deutschland gleichfalls berühmt geworden. Auch im 19. Jahrhundert hat es am Niederrhein an tüchtigen Aerzten nicht gefehlt, und mancher hätte eine eingehende Schilderung wohl verdient, so der grosse Gräfrather Augenarzt I. H. de Leuw (1792—1861), der Hofrath Joh. Heinr. Bongard in Erkrath (1779—1857), denen man im Bergischen Lande noch ein treues Andenken bewahrt; der Düsseldorfer Max Jacobi (1775—1858), der Sohn des Philosophen Goethi’schen Angedenkens und grosse rheinische Irrenarzt (s. u.) und der Psychiater Friedrich Bird aus Wesel (1793—1851 s. u.), der Düsseldorfer Künstleranatom Josef Neunzig (geb. 1797), die beiden Ebermeier, Heinrich Gerhardy, der Düsselthaler pietistische Sonderling Ernst Josef Gustav de Valenti, der geniale Martin Wilhelm von Mandt (1800—1858), die Brüder Friedrich Emil und Adolf Sander aus Wichlinghausen, Pagenstecher Vater (Heinrich Karl Alexander 1799—1869) und Sohn (Karl 1824— 1865) in Elberfeld, unser unvergesslicher Eduard Graf und die wahrhaft grossen Theodor Schwann aus Neuss (1810—1882), der Begründer der tierischen Zellenlehre, und Bernhard Gudden (1824—1886) aus Kleve, der grosse Hirnanatom tragischsten Endes. Ihnen allen und vielen andern bewahrt ihr engeres {{Pagemark|pag|61*}} Vaterland ein treues Gedächtnis und zählt sie mit Stolz zu seinen Söhnen. So weit es uns möglich war, — und wir haben uns keine Mühe verdriessen lassen und auch recht vielfach freudiges und rührendes Entgegenkommen gefunden — haben wir allen Söhnen Jülich - Kleve - Bergischen Landes, die auf ärztlichem oder naturwissenschaftlichem Gebiete irgend hervorragend gewirkt haben, in einer besonderen Abteilung der historischen Ausstellung auf der diesjährigen Naturforscher- und Ärzteversammlung in Schriften und Bildnissen und sonstigen Erinnerungen ein pietätvolles Denkmal zu errichten gesucht. Dieser Teil der Ausstellung und sein Katalog wird allen Abteilungen der Festschrift als Illustration und willkommene Ergänzung dienen.


Quellen:
Quellen:


Benutzt sind ausser den bekannten Lehrbüchern und Handbüchern der Geschichte der Medizin von Sprengel, Isensee, Häser u. s. w. die Bibliotheca von Gesner-Simler-Fries, Tiguri 1583; die Bibliotheca medica v. Paschalis Gallus, Basil. 1590; Melch. Adam, Vitae german. medicorum Heidelb. 1620 und Francof. 1706; Paul Freher, Theatrum, Norimberg. 1688; F. A. Mercklin Lindenius renovatus, Norimb. 1686; J. Fr. Reimmann, Einl. in d. hist. liter. derer Teutschen Halle i. M. 1713; Chr. W. Kestner, mediz. Gelehrten Lexicon, Jena 1740; Chr. G. Jöcher, Allg. Gel. Lexicon, Leipzig 1750—51; Jos. Hartzheim, Biblioth. Coloniensis, Colon 1747; Eloy, Dictionnaire historique, Liége et Francf. 1755, Mons 1778; A. Haller, Biblioth. Chirugica, Basil. et Bernae 1774—75, Bibl. med. pract. ib. 1776—1788; St. H. de Vigiliis von Creutzenfeld, Bibl. chirurg. Vindab. 1781 4°; Biographie médicale, Paris 1820—1825; Biograph. Sk. Bremischer Ärzte, Bremen 1844; Bayle et Thillaye, Biogr. médicale, 1855; Allg. deutsche Biographie Leipzig 1875— 1898; Biogr. Lexikon der hervorr. Ärzte, Wien und Leipzig 1884—1888; J. K. Proksch, Gesch. der vener. Krankheit, Bonn 1895; B. Schönneshöfer, Gesch. d. Berg. Landes, Elberfeld 1895; und die gleichfalls auf gedrucktem Material beruhende Beckhaus’sche Collectaneen-Sammlung auf der Landesbibliothek in Düsseldorf.
Benutzt sind ausser den bekannten Lehrbüchern und Handbüchern der Geschichte der Medizin von Sprengel, Isensee, Häser u. s. w. die Bibliotheca von Gesner-Simler-Fries, Tiguri 1583; die Bibliotheca medica v. Paschalis Gallus, Basil. 1590; Melch. Adam, Vitae german. medicorum Heidelb. 1620 und Francof. 1706; Paul Freher, Theatrum, Norimberg. 1688; F. A. Mercklin Lindenius renovatus, Norimb. 1686; J. Fr. Reimmann, Einl. in d. hist. liter. derer Teutschen Halle i. M. 1713; Chr. W. Kestner, mediz. Gelehrten Lexicon, Jena 1740; Chr. G. Jöcher, Allg. Gel. Lexicon, Leipzig 1750—51; Jos. Hartzheim, Biblioth. Coloniensis, Colon 1747; Eloy, Dictionnaire historique, Liége et Francf. 1755, Mons 1778; A. Haller, Biblioth. Chirugica, Basil. et Bernae 1774—75, Bibl. med. pract. ib. 1776—1788; St. H. de Vigiliis von Creutzenfeld, Bibl. chirurg. Vindab. 1781 4°; Biographie médicale, Paris 1820—1825; Biograph. Sk. Bremischer Ärzte, Bremen 1844; Bayle et Thillaye, Biogr. médicale, 1855; Allg. deutsche Biographie Leipzig 1875— 1898; Biogr. Lexikon der hervorr. Ärzte, Wien und Leipzig 1884—1888; J. K. Proksch, Gesch. der vener. Krankheit, Bonn 1895; B. Schönneshöfer, Gesch. d. Berg. Landes, Elberfeld 1895; und die gleichfalls auf gedrucktem Material beruhende Beckhaus’sche Collectaneen-Sammlung auf der Landesbibliothek in Düsseldorf.

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Karl Sudhoff

Biographisch-Literarisches zur Heilkunde am Niederrhein vom 12. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts

Sudhoff, Karl (1853–1938): Biographisch-Literarisches zur Heilkunde am Niederrhein vom 12. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts. In: Historische Studien und Skizzen zu Naturwissenschaft, Industrie und Medizin am Niederrhein. Der 70. Versammlung der deutschen Naturforscher und Ärzte gewidmet von dem naturwissenschaftlichen Verein, dem Architekten- und Ingenieur-Verein, dem Geschichts-Verein und dem Verein der Ärzte Düsseldorfs. Düsseldorf 1898, S. 25*–61*.


[p. 25*] Wenn der Historiker die geschichtliche Entwickelung der Arzneikunde am untern Laufe des Rheins überschaut, so blinken ihm aus dem Schatten der Jahrhunderte drei Namen entgegen, wie Malsteine aus des Ufers Grün: Hildegard von Bingen, Günther von Andernach, Hermann von Neuenahr.

Geboren 1099 zu Böckelheim an der Nahe aus ritterlichem Geschlecht, hat St. Hildegard 31 Jahre in dem von ihr gegründeten Kloster auf dem Rupertsberge bei Bingen als begeisterte Seherin, als geistliche Beraterin von Kaisern und Fürsten, als segenspendende Helferin weit und breit verehrt, gewaltet — eine seltene Frau. Die zweifellos von ihr verfasste „Physica s. Hildegardis“ ist ein ehrwürdiges Denkmal des Standes der Natur- und Heilkunde am Rhein in der Mitte des 12. Jahrhunderts. Keine geistlose Kompilation aus Schriften des Altertums, sondern eigene Arbeit im Latein ihrer Tage abgefasst, aber zahlreiches Deutsche einstreuend, stellt diese „Physica“ eine aus der täglichen Erfahrung und der Überlieferung des Volkes geschöpfte Arzneimittellehre dar, die wie die Volksmedizin aller Zeiten auch von allerhand mystischem Krimskrams nicht frei ist, sich aber doch einer praktischen Nüchternheit befleissigt. Mit ganz wenigen Ausnahmen sind alle besprochenen Mittel heimischen Ursprungs; als Kompendium der deutschen Volksmedizin in so früher Zeit ist sie von unschätzbarem Werte, nicht minder als erster erhaltener Versuch einer vaterländischen Naturforschung und als Denkmal einer in vielerlei Betracht staunenswerten Naturerkenntnis. (Gedr. 1533 und 1544 zu Strassburg, Fol.°: ein Auszug von F. A. Reuss, Wirceburgi 1835.8°; Vollst, nach einem Pariser Codex v. Daremberg mit Prolegom. von Reuss. Paris 1856; Migne Patrolog. Tom. CXCVII. recus. Paris 1882; deutsch von J. Berendes, Pharm. Post 1896/97, Wien, Sonderabdr. 110 SS. 8°). Weit weniger Bedeutung kann der auch „Causae et Curae“ genannte „Liber compositae medicinae de aegritudinum causis, signis et curis“ unserer Hildegard beanspruchen, der nur ganz auszugsweise nach dem einzigen erhaltenen Kopenhagener Codex von geistlicher Seite 1882 veröffentlicht worden ist (Analecta sacra spicil. Solesm. parata ed. J. Bap. Card. Pitra Tom. VIII. Typ. sacr. mont. Casin. gr. 8. S. 468 -482).

Wesentlich auf altüberlieferter klassischer Medizin oder deren arabistisch- salemitanischer Überarbeitung beruhend und nur spärlich untermischt mit volkstümlicher nordisch-germanischer Heilkunde sind einige mittelniederdeutsche Arzneibücher, welche von gelehrten Mönchen für Laienbrüder verfasst sind und sprachlich zum Teil in den engeren Bezirk unserer niederrheinischen [p. 26*] Medizin zu weisen scheinen. Als solche mittelniederdeutsche Arzneibücher sind hier besonders zu nennen: „De dudesche Arstedie“ in 186 (200) Kapiteln (Hdschr. Nr. 980 in Gotha; vgl. K. Regels Gothaer Programme von 1872 und 73; Jahrb. des Ver. für niederd. Sprachf. 1878 S. 5—26, 1879 S. 61—108), das hiermit vielfach wörtlich übereinstimmende, bisher nur aus den Belegen im mittelniederdeutschen Wörterbuch bekannte, Rostocker Arzneibuch, das Utrechter Arzneibuch, (von J. H. Gallée im selben Jahrb. 1889 S. 105—149 zum Abdruck gebracht), die Wolfenbütteler Arzneischrift (Wolfenb. Cod. 23, 3, siehe ebenda 1878 S. 5 ff.) und auch die mittelniederdeutschen Uebersetzungen der Practica des angeblichen Meisters Bartholomäus von Salerno (Josef Haupt in den Wiener Akademieschriften 71. Bd. S. 451—566 und die Ausgabe des Freiherrn von Oefele).

Einige auf dem gleichen Boden der altüberlieferte klassische Heilkunde mit heimischer Volksheilkunde verbindenden Mönchsmedizin erwachsene arzneiliche Kenntnisse verrät auch der Mönch vom Siebengebirge, der in Köln geborene Caesarius von Heisterbach (1176—25. Sept. 1240), wenn er z. B. in seinen Homilien von vier Arten des Aussatzes und der Einteilung der Arzneimittel in abführende und kräftigende spricht. Er hat uns auch die Nachricht von einem „Arzte hiesiger Gegend“ aufbewahrt, der sich durch gallentreibende Arzneimittel gesundheitshalber einige Fieberanfälle hervorrufen wollte und dann ein ganzes Jahr am Fieber litt, das ihn fast ums Leben brachte (Annalen, Köln Hft. 9, S. 35—35; Homil, ed. Horn III, 127). Auch berichtet er von einem Priester und Arzte Peter in Köln, der ein Hospital samt Kapelle stiftete (Dial. X. 56).

Der grosse Aristoteliker Albert Graf zu Bollstädt (1193—1280) gehört dem ganzen Deutschland an; was er durch seine Erneuerung der naturwissenschaftlichen Denkweise des Stagiriten geleistet hat, kam der ganzen Welt des Mittelalters zu gute. Der Zug des Herzens, der ihn immer wieder nach Köln zurückführte, wo er auch sein reich gesegnetes Leben beschloss, gibt uns aber das Recht, Albert den Grossen zu den niederrheinischen Gelehrten zu rechnen; sein naturwissenschaftlicher Sinn, den unser Botaniker oben schon in’s rechte Licht gesetzt hat (S. 24 f.), kam auch der Heilkunde zu statten, zu deren direkter Förderung er nichts Nennenswertes beigetragen hat. Die Schrift „De secretis mulierum“ ist ihm untergeschoben.

Das wissenschaftliche Leben am unteren Rheinlauf wurde im ausgehenden Mittelalter von der 1388 gegründeten und anfangs glänzend gedeihenden Kölner Universität beherrscht, wenn das auch für die Heilkunde im Einzelnen nur schwer nachweisbar ist, da die Zahl der in der Kölner Matrikel genannten Studierenden der Medicin eine fast verschwindend geringe ist (in den ersten 76 Jahren nur 103 unter 13052 Immatrikulirten), noch geringer die Zahl der [p. 27*] nachweislich aus unserm Bezirke stammenden. Doch studierten Söhne unserer Herzogtümer auch auf anderen deutschen Hochschulen. So finden wir in der Erfurter Matrikel zwischen 1408 und 1455 sechs junge Leute „de Juliaco (Guliaco)“ und „de prope Juliaco“ und zwei „de Duren“; die Fakultät derselben ist freilich nicht genannt.

In unseren alten Urkunden sind die Namen einer ganzen Reihe von Mitgliedern des heilenden Standes erhalten. Ein Arzt magister Donatus wird in einer Urkunde des Klosters Altenberg vom November 1250 genannt; er war Leibarzt des Erzbischofs Philipp I. (1167—1191) gewesen und hatte sich nach dem genannten bergischen Kloster zurückgezogen und diesem sein Wohnhaus in Köln geschenkt. Der Gedanke, dass Donatus, der also im 12. Jahrhundert gelebt hat, im Niederbergischen geboren war, liegt nahe (Lacomblet, Urkundenbuch II, 191). Im Totenbuch desselben Klosters wird unterm 6. September genannt „Magister Jacobus physicus, frater magistri Wilhelmi“; der Name ist von einer Hand des 14. Jahrhunderts eingetragen. Es scheint ein Bruder des grossen Kölner Malers „Meister Wilhelm“ gewesen zu sein, der etwa 1370—1380 auf der Höhe seines Schaffens stand; unser Arzt Magister Jacobus wird also gleichfalls in der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts gelebt haben und in engerer oder weiterer Beziehung zum bergischen Lande gestanden haben (Ztschr. des Berg. Gesch.-V. XXXI, 130). Im Verbrüderungs- und Totenbuche der Abtei München-Gladbach wird als am 9. März gestorben genannt „Wilhelmus de duren sacerdos et physicus (Ztschr. der Aach. Gesch.-V. II, 21); dieser Priester und Arzt Wilhelm von Düren gehört wohl auch noch in’s 14. Jahrhundert, ebenso ein „Meister Goedert van Anrath, Artsitter“, welchen eine Urkunde des Krefelder Franziskanessen- Klosters vom 8. März 1408 als verstorben erwähnt. Da ein Sohn desselben (Heineken) in der Urkunde erwähnt wird, gehörte dieser Meister Godert nicht dem geistlichen Stande an (Staatsarchiv, Düsseld. Ms. B. 168 fol. 58). Unterm Jahre 1412 lernen wir den ersten Leibarzt am klevischen Hofe kennen, „Magister Johannes de Conventis“. Nach der im Konzept erhaltenen Urkunde (Staats-Arch. Düsseld. A. II. Kleve-Mark Nr. 707; Ztschr. des B. G.-V. XXVI, 226) wird Meister Johann van Kloster für Herzog Adolf IV. von Kleve-Mark und seinen Hof mit freier Wohnung für sich und zwei famuli und 100 rhein. Gulden Jahrgehalt auf vierteljährige Kündigung angestellt.

Am 16. September 1432 resigniert Amplonius de Fago in artibus ac in medicina doctor, (Leibarzt Herzog Adolfs?), auf eine Präbende. Derselbe Herzog Adolf, der sich 1412 einen Leibarzt zulegte, veranlasste durch Uebereinkunft vom 6. Mai 1437 einen Meister Johann Vos (Vorss), sich auf 5 Jahre in Kleve als Apotheker niederzulassen (Z. d. B. G.-V. XXX, 180). Durch Urkunde vom 6. Nov. 1440 gewährte Herzog Gerhard von Jülich [p. 28*] seinem Hofastronomen Meister Gerarde van Syttart zur weiteren Vollendung seiner Kunst eine Beihilfe von 20 rhein. Gulden um „Doctoir in Medicinen zu werden“ (ib. XXIX, 160). Ob er als Doctor Gerhard von Sittard Leibarzt seines Herrn wurde, ist nicht überliefert. Im Juni 1460 besuchten „etliche Meisteren van medicinen“ aus Köln, auf Wunsch der Stadt, den Schwerkranken Grafen Gerhard zu Jülich-Blankenheim, und 1465 erbittet der Rat der Stadt Köln hinwiederum vom Herzog von Jülich den Peter von Coelne wontartzitt zo Gherisheim, obgleich man in Köln städtisch angestellte Wundärzte hatte, wie denn Johann von Hillesbach (angestellt 19. Nov. 1449), Reinhart von Monheim (ang. 15. Sept. 1457) und Hermann Karben von Markbruch (ang. 2. Aug. 1458) urkundlich als solche genannt werden (Annalen, Köln 50, 69). Der aus dem Bergischen erbetene Wundarzt Peter muss also einen grossen Ruf gehabt haben. Auch noch im Jahre 1491 (16. August) erbittet Philipp Graf zu Waldeck, Statthalter in Ravensberg, vom Herzog Wilhelm, er möge an „Meister petter zu geressheym“ schreiben lassen, dass er zu ihm komme, wenn der Herzog seiner entraten könne. Der Herzog schickte dem Grafen (Schreiben vom 21. Aug. 1491) „den peter unser wontarzte der von gerissheym“; derselbe stand also auch damals noch in hohem Ansehen als Meister seiner Kunst und in Diensten des Herzogs (Stsarch. Ddorf., Jül.-Berg. Litteralien B. II. 7). In der Zwischenzeit ist noch ein Wundarzt Peter im Dienste Wilhelms II. Herzogs von Berg nachweisbar, der mit dem Gerresheimer vielleicht nicht identisch ist. In einer Supplikation eines Neusser Bürgers an den Herzog vom 17. Nov. 1478 wird er „uwer gnaden wuntarztitt peter van Heylssbach“ genannt; er scheint den Bittsteller Heinrich Blarren in Neuss behandelt zu haben (Stsarch. Ddorf. Jül.-Berg. Litteral. M. 15). Da sich Herzog Wilhelm im Juni 1497 für Meister in Medizinen Dr. Mathias von Aachen, Probst zu St. Adalbert in Aachen, verwendet, um ihm eine Präbende zu verschaffen (Stsarch. Ddorf. J.-B. Litt. E, 5; vgl. Keussen, Köln. Matrikel S. 198, 13), dürfte derselbe wohl als Leibarzt oder in ähnlicher Stellung zum Hofe in Beziehung gestanden haben. Sicher war Doctor Dietrich von Dort recht Leibarzt der Herzogin Sibille, denn sie verwendet sich für dessen Sohn Cornelius von Dortrecht, als Sohn „ihres Meisters von Medicinen“ im Jahre 1503 (ebenda). Laut Urkunde vom 24. Dez. 1509 wird Matthys van Duyren (Matthias von Düren) von Herzog Wilhelm II. (IV.) von Jülich-Berg „zu unserm diener ind artzitter angenomen“, also zum Leibarzt ernannt (ebenda Ms. B. 29 I. fol. 49; Z. d. B. G.-V. XXXII, 136).

Hiermit schliessen wir diese lange Reihe von urkundlich aufgefundenen Ärzten aus drei Jahrhunderten, die bis heute fast alle nur Namen geblieben sind, da es uns nicht gelang, ihnen durch anderweitige Nachrichten ein literarisches [p. 29*] Antlitz oder sonstwie Fleisch und Blut zu geben. Von der Schwelle des 16. Jahrhunderts ab beginnt sich dies Verhältnis langsam zu ändern.

Über das Leben des Joh. Vochs de Colonia artium et medicinae doctor sind die Nachrichten noch zu dürftig, als dass ich ihn hier gänzlich übergehen dürfte. Vielleicht bestehen bei ihm doch noch weitere Beziehungen zum Niederrhein, nicht nur zur Stadt Köln. Als er seine Schrift „De pestilentia anni praesentis et eius cura“ schrieb, welche er im Jahre 1507 in Magdeburg bei Jac. Winter in 4° erscheinen liess und dem Kurfürsten Friedrich von Sachsen widmete, war er schon 40 Jahre in Köln als Arzt thätig, wo in den Jahren 1506 und 1507 die echte Pest herrschte (pestilentia legitima im Gegensatz zu einer anderwärts grassierenden caeca et notha pestilentia). In dieser Pestschrift wird auch die Syphilis abgehandelt („Carbunculi Franciae“ genannt), was in einer von Dryander 1537 besorgten neuen Auflage auch auf dem Titel zum Ausdruck gebracht wird „y . . et de diuturna peste morbi Gallici“. Er selbst nennt die Syphilis „inter chronicos longissima“ und verrät überhaupt eine gewisse Selbständigkeit des Urteils in seiner kulturhistorisch mehrfach interessanten Schrift. — Ein Peter Himmelberger (Coelimontius), geboren in den 80er Jahren des 15. Jahrhunderts, wird als Arzt in Wesel genannt. Heinrich von Emmerich, gelehrter Arzt und Kleriker am Niederrhein, war 1511 noch am Leben „apud Frisones“ und soll einiges in seinem Fache geschrieben haben, das nicht gedruckt worden zu sein scheint.

Graf Hermann von Neuenahr, Domprobst und Kanzler der Kölner Universität (1491—1530), der Freund vorwärtsstrebender Gelehrten, kann in seiner ganzen Persönlichkeit hier nicht geschildert werden (s. auch oben S. 25), er muss aber als Verfasser einer Schrift über den englischen Schweiss genannt werden, welche im Oktober 1527 in Köln bei Joh. Soter erschien (14. Bll. 4°) und ihm den sonderbaren Namen „Hermannus de Sudatorio“ eintrug. Diese Schrift „De novo hactenusque Germaniae inaudito morbo ἱδροπυρετοῦ, hoc est sudatoris febri, quem uulgo sudorem britannicum vocant“ bringt in ihrem zweiten Teile eine Abhandlung über dasselbe Thema von Simon Riquinus (Montebur) aus Trier, über den der grosse Erasmus ein recht günstiges Urteil gefällt hat, während die Schrift selbst nichts Hervorragendes bietet. Riquinus soll Arzt in Köln gewesen sein, war aber damals jedenfalls am klevischen Hofe, wohl als Leibarzt, angestellt, denn er spricht selbst von „aula nostra Clivensis in qua nunc versor“, sendet Grüsse von Konrad von Heresbach (damals Prinzenerzieher am Hofe Herzog Johannes III.) und datirt seine Schrift am 10. September 1527 „ex Benroda in agro Juliacensi“. Graf Hermann von Neuenahr gab auch des Flavius Vegetius Schrift „Artis veterinariae sive mulo-medicinae libri IV“ in Basel bei Joh. Faber Emmeus zum erstenmale heraus (4°). Ein Zeitgenosse desselben war der gleichfalls zu Anfang dieser [p. 30*] Studie genannte Johann Günther von Andernach, eine der hervorragendsten medizinischen Gelehrtengestalten jener Tage (1487—1574); wenn auch am Rheine geboren und am Rheine gestorben, fällt sein Leben und Wirken wenig in den Rahmen dieser Arbeit, als dass näher auf ihn eingegangen werden könnte.

Gerardus Bucoldianus, zu Bocholt im Münster’schen geboren, war Arzt und Philologe, hat 1529 eine satirische Rede „pro ebrietate“ gehalten und weilte 1535 in Bologna; in die Heimat zurückgekehrt liess er eine „Brevis enarratio de puella, quae sine cibo et potu per aliquot annos in pago Roed egit“ bei Rob. Stephanus in Paris 1542. 8° und gleichzeitig in Speyer deutsch erscheinen: „Von dem Meydlin welche ohne essen und trinken lebt“; das Schriftchen ist bis ins 17. Jahrhundert mehrfach wieder gedruckt worden. Weyer erklärt in seinem Buche vom angeblichen Fasten die Sache für Schwindel (1577). Thomas Segerus (Zegerius) Clivensis, in der Stadt Kleve geboren und von seinem gelehrten Vater zu Hause erzogen, studierte in Süddeutschland Mathematik und Medizin, erwarb den medizinischen Doktortitel und war zuletzt Prof. der Mathematik in Marburg (s. oben S. 5). Im Jahre 1530 widmete ihm Gerhard Geldenhauer aus Nymwegen seine historia Batavica (Strassburg bei Christ. Egenolph). Wilhelm Insulanus Menapius aus Grevenbroich, der 1547 als Probst bei St. Adalbert in Aachen gestorben ist und Kardinalsekretär in Rom bei Sadolet gewesen war, hat in Italien studiert und sich unter Nicolo Leoniceno (1428—1524) mit Medizin beschäftigt. Als medizinische Schriften desselben werden genannt „Ratio victus salubris“ Basel (Cnatanders Erben 8°) und Köln (mit Mars. Ficini de tripl. vita 4°) 1540 und ein „Encomion febris quartanae. Adjecta est quartanae febris curandae ratio“ Basel, Oporinus 1542. 8°. Weit bedeutender ist Johannes Caesarius Juliacensis, art. et medicinae doctor (s. oben S. 5.). Dieser in Jülich um 1460 geborene gelehrte Humanist hätte wohl einmal eine eingehende monographische Würdigung verdient. Er studierte in Deventer unter Alexander Hegius Humaniora und in Paris die Medizin und lebte später in Köln, wie es heisst auch praktisch der Heilkunde beflissen, in strengem Coelibat, soll aber um 1543, des Luthertums verdächtig, zum Grafen von Neuenahr haben fliehen müssen. Hochbetagt schloss er in Köln 1551 sein bewegtes und arbeitsreiches Leben. Neben manchem andern gab er nach Art der damaligen philologischen Mediziner des C. Plinius secundus naturalis historia heraus (ab innumeris mendis castigavit) mit Argumenten und Scholien versehen, Colon. apud Cervicornum 1524, ebenso desselben „De medicina piscium Lib. II,“ Strassburg 1554. Des weiteren veröffentlichte er „In Cornelium Celsum castigationes“, Hagenau 1528 und in neuer Bearbeitung des Nicolo Bertuccio († 1342) „compendium sive collectorium artis medicae“, Köln, Melchior Novesianus 1537. 4°.

[p. 31*] Als Weseler Ärzte werden in der Mitte des 16. Jahrhunderts genannt Dr. med. Joh. von Bertt und Heinrich von Lynner; letzterer ein Freund des berühmten Düsseldorfer Rektors Joh. Monheim, wohnte „in der Goldstrasse neben dem guten Schwert“. In Wesel geboren ist Laurentius Hiel, der 1555 in Rostock doktorierte und 1559 in Jena Professor der Medizin wurde, aber schon am 16. September 1566 mit Frau und Kindern an der Pest starb. Er schrieb eine „Disputatio de morbo gallico“, Jena 1558. 4° und eine „Epitome historiae animalium quadrupedum“. Dr. med. Johannes Pellemontanus, d. h. Johann von Velbert, in der Werdener Abtei erzogen, musste wegen seines Uebertrittes zum neuen Glauben nach Lüneburg fliehen, wo er „animae corporisque medicus war“. Er soll 1541 an seinen heimatlichen Herrn Herzog Wilhelm von Jülich-Kleve-Berg ein Handschreiben über die Notwendigkeit einer Kirchenreformation geschrieben haben.

Unter Johann III, Wilhelm IV und Joh. Wilh. I aus dem Klevischen Hause (1521 —1609) waren die 3 niederrheinischen Herzogtümer in einer Hand vereinigt ; mit der Blüte des Landes war auch eine gewisse Blüte der medizinischen Wissenschaft verknüpft, wenigstens treffen wir in dieser Zeit auch einige bedeutende Männer unseres ärztlichen Standes am fürstlichen Hofe zu Kleve und Düsseldorf.

Am 1. August 1554 wurde durch ein von Jülich datirtes Dekret (Staatsarch., Düsseld. Caus. Mont. B. 34. IV.; Beitr. z. Gesch. des N.-Rh. VI S. 188). Johann Lythodius als Leibarzt Herzogs Wilhelms angestellt mit 130 Thalern Jahrgehalt, 12 Thalern für seine Herberge, Hofkleidung, Futter für ein Pferd und Unterhalt für einen Diener. Herzog Wilhelms Schwester Anna, geb. 1515 und seit 1540 Gemahlin Heinrichs VIII. von England, hatte einen Leibarzt aus der Heimath, als welcher 1549 Dr. Cornelius Sifried von Xanten überliefert ist (Z. des B. G.-V. 144). Urkundlich bekannt ist auch durch Aufzeichnungen Konrads von Heresbach der Name der Hebamme, welche der Herzogin Maria von Österreich, Gemahlin Wilhelms IV., in ihren schweren Stunden bei der Geburt der 3 Töchter Marie Eleonore, Anna und Magdalena (1550—1553) beistand: „obstetrix fuit Sophia Hambacensis ... Sophie Hambachen ... Figge ab Hambach.“ — Ob Hermann Cruserius, der in Kampen geboren, zuerst Griechisch und Medizin, später Jura studirte und den juristischen Doktor erwarb, Leibarzt bei Herzog Wilhelm gewesen ist, konnte ich nicht feststellen, jedenfalls war er herzoglicher Rat und ist 1573 in Königsberg gestorben, als er seinen Herm zur Vermählung der Prinzessin Maria Eleonore mit dem Brandenburger begleitet hatte. Als philosophischer Mediziner gab er verschiedene Schriften des Galen und Hippokrates übersetzt und kommentirt heraus z. B. Galen s „de pulsibus liber ad tirones“ und die 16 Bücher über den Puls, Paris 1532. 4°. „De marcore s. marasmo, senili“, [p. 32*] Paris 1534. 4°, des Hippokrates Lib. I, III und VI „De epidemus“ Paris 1534, Fol.° und des Galenos Kommentar hierzu und zu Κατ ιατρειον Venedig 1545. 4°. In der Grossen Baseler Galen-Ausgabe Frobens fanden seine Bearbeitungen Aufnahme und noch 1570 erschien in Basel bei Oporin sein Kommentar zur Hippokratischen Schrift „De salubri diaeta“; auch des Plutarch sämtliche Schriften hat er lateinisch herausgegeben.

Doch kommen wir endlich zu dem grössten der heilkundigen Männer, die am Kleve-Düsseldorfer Hofe weilten, zu Johann Weyer, der sich mit seiner mutigen und genialen Bekämpfung des Hexenwahnes in finsterer Zeit einen unverwelklichen Lorberkranz errungen hat: allezeit wird sein Name als eines der verdienstreichsten Lichtbringer der Menschheit genannt werden. Geboren Ende 1515 zu Grave an der Maas, genoss er früh die Unterweisung einer der interessantesten Persönlichkeiten dieser an eigenartigen Männern so reichen Epoche, des grossen Agrippa von Nettesheim, dem unsere deutsche Gelehrtenwelt schon lange eine seiner würdige monographische Bearbeitung schuldet (1486—1535). Bei ihm verweilte Weyer 1532 und 1533 in Bonn. Er hielt sich dann mehrere Jahre in Frankreich auf, namentlich in Paris, und kehrte etwa 1539 in seine Heimat zurück, wo er 1545—1550 das Stadtarztamt in Arnheim bekleidete. Im Jahre 1550 wurde er Leibarzt bei Herzog Wilhelm dem Reichen, dem er fast bis an sein Lebensende (24. Febr. 1588) in Heimat und Fremde seine Dienste geweiht hat. In den letzten Jahren wurde er von den Arbeiten und Sorgen des Hofdienstes grossenteils entlastet, als sein Sohn Galenus (1547—1619) am 31. October 1578 zum herzoglichen Leibarzt mit dem Wohnsitze in Düsseldorf ernannt wurde, in welcher Stellung er auch bei Johann Wilhelm I. bis zu dessen Tode verblieben ist. Ein anderer Sohn, Heinrich Weyer, war gleichfalls Arzt und Dr. med. von Bologna (1564). Derselbe praktizierte zuerst in Lemgo und später in Köln; seit 1570 wirkte er als kurfürstlicher Leibarzt in Koblenz und Trier. Als er 1565 in Köln an der Universität Vorlesungen hielt, kam er wegen seiner Hinneigung zum Ramismus mit der Fakultät in Konflikt. Er war mit einer Tochter des gleich noch zu erwähnenden Kölner Arztes Dr. Johann Bachoven von Echt (Margarethe) vermählt und starb bei einem Besuche in Köln am 16. Sept. 1591. Er hat über die von seinem Vater in Westfalen studierte Trichinose einen Brief an den von Lemgo her ihm befreundeten Dr. Heinich Smet von Leda geschrieben, der samt dem ins Lateinische übersetzten Traktat des Vaters in Smets bekannte „Miscellanea medica“ (Frankfurt 1611 gr. 8°) Aufnahme fand. „De endemico intra Westphalos affectu“, geschrieben in Koblenz am 1. Mai 1570.

Die Höhe des geistigen Schaffens des Vaters Johann Weyer bezeichnet dessen Hauptwerk „De Praestigiis daemonum“, an dem er sein [p. 33*] ganzes Leben lang weitergearbeitet hat, es von 1563 bis 1583 in 6 Auflagen, alle bei Oporinus in Basel erschienen, zu immer grösserer Vollkommenheit zu bringen beflissen. Auch in eigener deutscher Übersetzung hat er es erscheinen lassen (1567 o. O.), um seine reformatorischen menschenfreundlichen Gedanken in immer weitere Kreise zu tragen. Was er mit diesem Werke Unsterbliches geleistet hat, kann hier nicht weiter dargelegt werden; weitere Ausführungen sind auch vollkommen entbehrlich seit Professor Karl Binz’ trefflicher Weyermonographie (Bonn 1885 u. Berlin 1896), welche in der Bibliothek keines niederrheinischen Geschichtsfreundes fehlen darf; es sei also ausdrücklich darauf verwiesen. Man möge dort auch über die weiteren verwandten Schriften Weyers „De Lamiis“, „De commentitiis jejuneis“, „De ira morbo“, den „Liber apologeticus“ und die „Pseudomonarchia daemonum“ alles Nähere einsehen. Vom juristischen Standpunkte aus hat unser niederrheinischer Historiker Dr. H. Eschbach das Lebenswerk Weyers trefflich beleuchtet; seine Monographie ist im 1. Hefte der Beiträge zur Geschichte des Niederrheines (S. 57—174) Düsseldorf 1886 erschienen.

Ein kurzer Hinweis auf Johann Weyers medizinische Schriften ist aber noch anzufügen. Der Liber I. seiner „Medicarum observationum rararum“ ist zuerst 1567 erschienen und 1657 bei Peter van den Berge (Montanus) in Amsterdam wieder aufgelegt worden als Vorläufer der im gleichen Verlag 1660 erschienenen „Opera omnia“ (über 1000 Quartseiten). In erweiterter Gestalt hatte Weyer selbst seine „Observationes“ 1580, 1583 und 1588 in Frankfurt a.M. bei Nicolaus Bassee deutsch erscheinen lassen. Auch hier zeigt er sich als Mann von gesundem Urteil, der zwar dem Galenos grosse Hochachtung entgegenbringt, aber doch einem gesunden Fortschritt huldigt und als nüchterner Beobachter dem einzelnen Krankheitsfalle objektiv gegenübersteht und auch „neuen“ oder für neu gehaltenen Krankheiten gegenüber nicht einfach mit alten Schlagworten wirtschaftet, sondern den Krankheitserscheinungen in ihrer Besonderheit gerecht zu werden sucht, auch durch Leichenöffnungen die Diagnose zu bewahrheiten gelegentlich unternimmt. Das trat schon in den „Praestigiis“ bei der Hysterie in die Erscheinung, nicht minder bei der treffenden Beschreibung des Skorbut in den „Observationes“, wo er das Löffelkraut (Cochlearia officinalis) als empirisches Heilmittel zum ersten Male empfiehlt. Das zeigt sich noch deutlicher bei den „Varen“ oder „laufenden Varen“, einer in Westfalen häufigen Krankheit, die er in ihrer Besonderheit erfasste und als Plage ganzer Familien auf ein mit der Nahrung aufgenommenes schädliches Agens zurückführt — die erste Schilderung der erst 300 Jahre später durch Virchow (1860) aufgeklärten Trichinenkrankheit. In seiner Abhandlung über die „Franzosen“ (Syphilis) empfiehlt er als erster [p. 34*] in Deutschland in späteren Stadien das vor ihm nur in Spanien (seit 1565) gekannte Lignum Sassafras.

Fügen wir hier gleich die Schilderung eines Freundes und Bundesgenossen Weyers an, des Dr. Johann Ewich, der sich zuerst voll und freimütig an seine Seite stellte in der Bekämpfung des Hexenwahnes durch einen Brief vom 1. Juni 1563 und später in einer besonderen Schrift „De Sagarum quas vulgo veneficas apellant, natura, arte viribus et factis“, Bremae 1584. Ewich ist um 1525 im damals Klevischen Frohnenbruch, Bürgermeisterei Hörstgen, im heutigen Kreise Mörs geboren. Er studierte zuerst in Deventer und Köln Philosophie und Rechtswissenschaft und ging darauf nach Süddeutschland, Frankreich und Italien, wo er sich besonders in Venedig und Padua dem Studium der Arzneikunde widmete und 1559 den medizinischen Doktortitel erwarb. In die Heimat zurückgekehrt, liess er sich zuerst in Hörstgen nieder, wo er sich auch vermählte; später ging er nach Duisburg und endlich, um religiösen Verfolgungen zu entgehen, nach Bremen. Der Bremer Rath übertrug ihm schon 1562 das Amt eines Stadtphysikus, welches er mit grossem Eifer und Pflichttreue versah. Seine Beobachtungen und Erfahrungen als Arzt eines grossen Gemeinwesens, namentlich zur Zeit der Epidemien, legte er in seinem Leitfaden der Gesundheitspolizei nieder: „De officio fidelis et prudentis magistratus tempore pestilentiae rempublicam a contagio praeservandi liberandique libri duo“ Neapoli Nemetum (Neustadt a. d. Haardt) ap. Math. Harnisch 1582. 8°. (in Bremen 1656 in 8° wieder aufgelegt und 1584 durch Gust. Moller in Mühlhausen deutsch als „Pestilenz-Ordnung“ herausgegeben. Auch hat er sich in einer besonderen Schrift nochmals mit der Pest beschäftigt: „Die Pestilenz ob sie eine anfällige Seuche sei und in wiefern ein Christenmensch weichen möge, zwei Fragen“, Basel 1582. 8°. Als man in Bremen im Jahre 1584 die lateinische Schule in ein Gymnasium illustre umwandelte, erhielt der auch um das städtische Schulwesen hochverdiente Johann Ewich die Professur der Medizin, welche er im Oktober 1584 als Einleitung zu einem Kolleg über des Hippokrates Buch „de natura humana“ mit einer Rede antrat, „in qua praeter brevem scholarum commendationem, agitur de vita antiquissimi scriptoris, Hippocratis, et nova Philippi Paracelsi medicina“ (1584, Bremen Arnold Wessel, 16 Bll. 4°). Er hat es wohl für nötig gefunden, sich bei dieser feierlichen Gelegenheit als waschechten Anhänger des Schulgalenismus zu dokumentieren und deshalb den grossen Einsiedler in der Manier des Erastus statt einer Widerlegung mit Schmähungen bedacht, die der Höhe des Parteifanatismus ein trauriges Zeichen sind. — Seiner Dozententhätigkeit hatte er sich nur kurze Zeit zu erfreuen, denn er starb schon am 7. Februar 1558. Sein Nachfolger im Stadtphysikat war gleichfalls ein niederrheinischer Arzt, Gerhard Baumann, geboren in Emmerich; derselbe scheint sich 1561 in [p. 35*] Wesel niedergelassen zu haben und dort 1570 als Stadtarzt angestellt worden zu sein. Es wird auch von ärztlicher Praxis im Braunschweigischen berichtet, jedenfalls wurde Baumann 1589 als Physikus nach Bremen berufen und bekleidete dies Amt bis zu seinem Tode am 6. April 1609. In den gesammelten „Consilia medica“, welche Joh. Phil. Brendel 1615 zu Frankfurt bei Palthen in 4° herausgab, findet sich als 59. ein Consilium Baumanns für einen an Skorbut leidenden Jüngling. Die Baumannschen Brustkuchen waren noch lange in Bremen berühmt.

In den scharfen Invectiven Ewichs gegen den Paracelsismus in seiner Habilitationsrede haben wir vielleicht einen Nachklang des Streites zu finden, den Ewichs ärztlicher Freundeskreis am Rhein mit einem pseudoparacelsischen Charlatan um 1565 auszufechten hatte, der sich Fedro von Rodach nannte, aus Oberdeutschland gekommen war und allerlei Kuren in Köln, Düsseldorf und Umgegend gemacht hatte, die ihn mit den eingesessenen galenischen Aerzten in Konflikt gebracht hatten. Zu seiner Vertheidigung schrieb Fedro eine „Verantwortung Auff etlich vnglimpff der Sophistischen Ärtzten und seiner Missgünner“, die am 20. November 1565 dem Erzbischof Friedrich von Köln gewidmet wurde und 1566 ohne Druckort in 4° erschien (18 Bll.), worin er die Defensionen Hohenheims nachäffte und einige spöttische Malicen gegen seine ärztlichen Feinde am Niederrhein einfliessen liess, sich aber doch in den Grenzen anständiger Polemik hielt. Seine Gegner brachte das Schriftchen erst recht in Harnisch. Sie liessen unter dem Titel „Thyrsus ὄναγος in tergum Ge. Fedronis“ ein Pamphlet 1566 s. l. (12 Bll. 4°) ausgehen, das in dieser an Derbheiten in der Polemik so gesegneten Zeit an Schmutz das Grösste leistet, was mir bis jetzt vor Augen gekommen ist. Und da werden, wenn auch nicht als Verfasser, (als solcher wird ein ungenannter Doktor iuris vorgeschoben) so doch als Mitstreiter ganz munter genannt die Herren Doktoren Johann Echt, Johann Weyer, Reiner Salenander und Bernhard Cronenburgius. Persönliche Empfindlichkeiten und prinzipielle Differenzen werden mit unsagbar plumpen persönlichen Invectiven gesühnt!

Johann Bachoven von Echt aus Geldern war Arzt in Köln und gab mit dem vom Niederrhein (1515) gebürtigen Professor Hubert Faber, dem Bernhard Dessenius von Kronenburg (1510—1574, früher Professor in Groningen) und dem der Paracelsischen Medizin geneigten Dr. Theodor Birckmann im Auftrage des Magistrats das „Dispensarium usuale pro pharmacopoeis inclytae reipub. Coloniensis“ heraus (Coloniae ap. haer. Arn. Birckmann 1565, 8°. 1 Bll. + 198 num Bll. 12 Bll.). Andere Schriften dieser gelehrten Männer übergehend (auch die zur Beurteilung Weyers vielleicht wichtige, angeblich zuerst 1541 erschienene Schrift Joh. Echts „De Scorbuto“), erwähne ich nur, dass als späten Nachklang des niederrheinischen medizinischen [p. 36*] Sektenstreites der auch in andern Schriften recht weitschweifige Dessenius einen mehr als 300 Seiten starken Quartanten 1573 bei Joh. Gymnicus in Köln erscheinen liess: „Medicinae veteris et rationalis adversus oberronis cuiusdam mendacissimi atque impudentissimi Georgii Fedronis ac universae Sectae Paracelsicae imposturas defensio“, worin der ganze Streit mit wissenschaftlicher Dialektik reich verbrämt zur Darstellung kommt, aber auch manches zur Personengeschichte unserer Gegend Interessante mitgeteilt wird. Weyer hat dem mitteldeutschen Charlatan, den die Gemeinde der Paracelsusjünger weit von sich wies, in mehrfacher Polemik mit Krankengeschichten in seinen „Praestigiis“ eine unverdiente Unsterblichkeit gesichert.

Doch einer seiner Gegner in der ärztlichen Praxis am Niederrhein verdient noch ein anerkennendes Wort, D. Reinerus Solenander (Sondermann), eine hervorragende ärztliche Gestalt in unsern Landen, die auch in die Zeitgeschichte mehrfach eingegriffen hat. Geboren 1525 zu Büderich oberhalb Wesel, studierte er 3 Jahre in Löwen, besuchte 7 Jahre die italienischen Hochschulen in Bologna, Pisa, Rom und Neapel und hielt sich dann noch mehrere Jahre in Frankreich auf. Derart vorzüglich wissenschaftlich vorgebildet, wurde er 1559 als Leibarzt an den Hof Herzog Wilhelms berufen, dem er über 30 Jahre seine Dienste weihte, ihn 1566 auf den Reichstag zu Augsburg begleitete (wo er mit Casp. Peucer Freundschaft schloss), auch die Hochzeitsfahrt nach Königsberg 1573 mitmachte und bei der herzoglichen Familie in grossem Ansehen stand, wie seine Berufung zur Pfalzgräfin Magdalene, der ohrenleidenden Tochter Herzog Wilhelms, im Jahre 1585 darthut. Die hierüber gewechselten Briefe verwahrt das Düsseldorfer Staatsarchiv (Guntrum’sche Sammlung 4). Sein Bericht über die letzte Krankheit Herzog Wilhelms vom 8. Januar 1592 ist in der Ztschr. d. berg. Gesch.- Vereins II. S. 172—176 veröffentlicht. Einen andern über den Zustand des Jungherzogs Joh. Wilhelm hat E. Pauls kürzlich ebenda mitgetheilt. Sondermann war dreimal vermählt und ist hochbetagt und allseitig hochverehrt am Tage vor Epiphanias 1601 in seiner Heimat Büderich gestorben und in Wesel begraben. Als man 1566 die Gründung der Universität Duisburg erwog, war Solenander zum Professor der Medizin ausersehen. Schon 1556 liess er eine „Apologia qua Julio Alexandrino respondetur pro Argenterio“ bei Leo Torrentinus in Florenz in 8° erscheinen und schrieb „De caloris fontium medicatorum causa eorumque temperatione Lib. II“, Lyon bei Gabianus 4° und gab endlich „Consiliorum medicinalium sectiones quinque“ gesammelt heraus (Frankfurt 1596 und Hanau 1609 Fol.°), deren erste schon 1558 bei Franz de Gabiano in Lyon mit des berühmten Johannes Montanus Consilien erschienen war. Hervorgehoben zu werden verdient, dass er der rezeptlichen Vielgeschäftigkeit seiner Tage zwar auch nicht ganz fremd [p. 37*] war, aber auch auf die Regelung der Diät seines fürstlichen Herrn ernstlich sein Augenmerk gerichtet hat.

Als weitere Ärzte am Klevischen Hofe aus dem Ende des 16. Jahrhunderts sind zu nennen Dr. Lambert Wolf, der seit etwa 1585 zum Leibarzt bestellt wurde, und Dr. Heinrich Butter (Botter), im Holländischen geboren, der in Padua studierte, 1576—1578 in Marburg Professor war und später in Köln sich niederliess, wo er noch 1612 gelebt haben soll (Z. d. Berg. G.-Vereins II, 177; XXIII, 21). Als seine Schriften gelten eine „Epistola de expurgatione empyematis“ und ein Traktat „De Scorbuto“, die erst später 1621 und 1646 veröffentlicht wurden. Auch Petrus Quentenius, Weilerij Bedburensis med. Dr., hat Johann Wilhelm im Nov. 1599 behandelt; ein Dr. Johann Luncken oder Lankyn war dessen Leibarzt von 1597—1599, gehört aber schon mehr zu den Charlatanen, unter denen auch ein englischer Barbiersohn genannt wird, welcher aus Gold einen Trank bereitet haben soll, aber selbst nur für Reisen für den geisteskranken Fürsten nötig erklärte (Z. d. B. G.-V. XIII, 101). Man hat hinter diesem „Engländer“ und Goldkoch auch den in seinen spätem Lebensjahren stark sagenhaft gewordenen Leonhard Thurneysser suchen wollen, der 1591 in einem Kölner Kloster Unterkunft und am 9. Juli 1596 seinen Tod gefunden haben soll. Von einem Quacksalber Meester Heyndrick van Aken aus dem 16. Jahrhundert hat uns E. Pauls kürzlich Kunde gegeben (Z. d. B. G.-V. XXXII, 129—132). — Rühmend genannt werden muss dagegen der Leibwundarzt Wilhelm IV. Cosmas Slot (Slotanus), ein Schüler Vesals und selbst Lehrer des grössten chirurgischen Genies, das Deutschland im 16. Jahrhundert hervorbrachte. Dass ihn Solenander in seinen Consilien öffentlich „Compater charissime“ nennt, kennzeichnet seine geachtete Stellung am Hofe.

Ein Weseler Kind, Johann Varwichius (Warvich), geb. 1539, studierte auf Kosten seiner Vaterstadt zuerst die Artes, dann Medizin; er promovierte in Marburg 1569 (Disputatio de calculo ), war anfangs Arzt in Wesel, wurde aber später zu König Friedrich II. nach Kopenhagen berufen, als dessen Leibarzt er einen „Bericht wider die pestilentzialische Krankheit“ schrieb, der 1577 und 1624 in Kopenhagen gedruckt sein soll. Mehr Beachtung verdient Johann Kühn (Tolmerus), nach seinem Geburtsort Rheinbreidbach bei Bonn (1541) auch Breidbachius genannt, erzogen in Düsseldorf unter J. Monheim, für den er auch eine anonyme Verteidigung seines Katechismus schrieb (1561). Er studierte in Leipzig, Heidelberg und Italien (Dr. med. in Bologna), war 8 Jahre Professor der Medizin in Klagenfurt (Kärnten), und liess sich in Köln nieder, wo er einen grossen Ruf als Arzt sich erwarb. Vom Markgrafen Ernst von Brandenburg 1609 zum Leibarzt ernannt, blieb er doch in Köln wohnen, bis er am 1. Januar 1612 nach Wesel entweichen musste (wegen seines 1611 in Herborn erschienenen Gedichtes „De Deo Panaceo“), wo [p. 38*] er 1613 plötzlich starb. Früh der Dichtkunst beflissen, hat er alle seine Schriften in Versen verfasst: „Militia christiana“ (1560) „Zodiacus medicinae“ (Köln 1587 bei Gerh. Grevenbroich 8° .1. Bd. 928 SS.) „Naumachia hispanica et anglicana“ 1588.— Ein Solinger Wilhem Lauremberg, geb. 1547, starb als Prof, der Mathematik und Medizin in Rostock am 2. Februar 1612; er schrieb unter anderm eine „Dissertatio de febris malignae petechialis essentia, causis et signis“ Rostock 1605, 4° und eine „Diss. epistolica de curatione calculi vesicae“ die Joachim Morsius 1619 zu Leiden herausgab, 1619 in 8°.

Auf der Schwelle zweier Jahrhunderte steht der grösste Sohn bergischen Landes aus jener Zeit, der grösste deutsche Chirurg des 17. Jahrhunderts: Wilhelm Fabricius (Fabry) von Hilden bei Düsseldorf; sein Beiname Hildanus hat das kleine bergische Städtchen in der ganzen Welt bekannt gemacht. Geboren am 25. Juni 1560 und schon früh widrigen Schicksalen preisgegeben, konnte er seinen brennenden Wunsch, Medizin zu studieren, nur langsam und auf Umwegen erreichen. 1576—1580 war er bei dem Wundarzt Dümgens in Neuss in der Lehre und trat dann bei dem schon oben genannten Leibwundarzt Cosmas Slot als Gehilfe ein, den er erst nach fünf Jahren verliess, um den berühmten Chirurgen Jean Griffon in Genf aufzusuchen; dort blieb er 3 Jahre und vermählte sich mit der Genferin Maria Colinet, die ihm in Beruf und Wandern eine treue Genossin wurde. Nach einer Reise durch Frankreich liess er sich 1588 in seiner Vaterstadt Hilden nieder ; seine Werke enthalten mancherlei Kasuistik aus dieser Hildener Zeit von lokalem Interesse. 1591 siedelte er nach Köln über, seiner weiteren medizinischen Ausbildung allzeit beflissen, und veröffentlichte dort seine Erstlingsschrift vom heissen und kalten Brand 1593, die viele Auflagen und Übersetzungen erlebte. Nach mancherlei Wanderungen und Hin- und Herzügen nach Genf, Lausanne, Köln, Lausanne, Peterlingen (Payerne), Lausanne liess er sich endlich 1614 dauernd in Bern nieder, wohin ihn der Rat als Stadtarzt gerufen hatte; er starb am 14. Februar 1634, weit und breit berühmt und mit Recht mit dem Ehrentitel „der deutsche Pare“ geziert. Auf allen Gebieten der Chirurgie hat er den Fortschritt angeregt oder selbst geschaffen, auch in der Geburtshülfe, in welcher er seine eigene Frau unterwiesen hat. Auch um die Technik der Operationen hat er grosse Verdienste und es ist nicht eitel Ruhmredigkeit, wenn er sagt, er habe fast alle Instrumente erfunden oder wenigstens verbessert. Alle seine Schriften kann ich hier nicht nennen; ich greife nur die bedeutendsten heraus: „de combustionibus“ Basel 1607, 8°; „Lithotomia vesicae“ Basel 1626 8°, und die Sammlung seiner Beobachtungen in sechs Centurien „Observationum et curationum chirurgicarum centuriae“ 1606—1641. Die wichtigste Schrift über ihn ist die von P. Müller im deutschen Archiv f. Gesch. der Med. 1883. Bd. III. Ein Freund des Fabricius, Dr. Daniel Daniels [p. 39*] aus Duisburg, war Arzt in seiner Vaterstadt (vgl. seine „Epistola de morsu canis rabidi“ in Fabric. Hildani obs. chir. cent. IV, obs. 88).

Zwei Ärzte, die den Namen Freitag führen, sind am Niederrhein geboren, aber nicht nachweisbar mit einander verwandt. Arnold Freitag aus Emmerich wurde im April 1589 Professor in Helmstädt und schon im November desselben Jahres Leibarzt des Herzogs Heinrich Julius von Braunschweig-Lüneburg und Erzbischofs von Halberstadt ; er starb am 5. September 1605. Seine Schriften sind: eine Übersetzung von „De esculentorum poculentorumque facultatibus“ des Balth. Pisanelli Herborn 1593 und 1620, eine „Mythologia ethica“, Antwerpen 1597, 4° und „Medicina animae“ Bremen 1614, 4°. (Sein Sohn ist Johann Heinrich Freitag, geb. 1596, der 1636 zu Halberstadt eine Schrift über den Flecktyphus in 8° erscheinen liess und im selben Jahre [s. l. Quedlinburg?] den „Catalogus testium veritatis chimiatricae“ herausgab.) Ein heftiger Gegner der Chemiatrie ist Johann Freitag geb. 1581 in Wesel, der in Helmstädt studierte und dort gleichfalls Professor und später verschiedentlich bischöflicher Leibarzt gewesen ist, z. B. 1614 in Osnabrück. Er wurde 1631 Professor in Groningen und starb daselbst 1641. Er war ein grosser Kampfhahn; schon seine erste Schrift, die „Noctes medicae sive de abusu medicinae“, welche er mit einer Dissertatio „De sanitatis et morborum natura“ und seinen „Poemata juvenilia“ 1619 in Frankfurt 4° erscheinen liess, ist scharfpolemisch, ebenso fast alles, was er weiter noch erscheinen liess ausser einer Schrift über die Pflichten des Apothekers (1633) und den Steinschnitt (1638). Unter dem Titel „Novae Sectae Sennerto-Paracelsicae recens in philosophiam et medicinam introductae . . . Detectio et solida refutatio“ stellte er zu Amsterdam 1637 in einem 1356 Seiten starken Bande alle Streitschriften zusammen, die er 1632—1636 in die Welt hatte gehen lassen, das ganze dialektische Rüstzeug, welches er für den letzten Ansturm der mittelalterlichen Scholastik gegen die damals in Blüte stehende chemische Medizin geschmiedet hatte, unerquicklich und ungeniessbar, wie jeder blos dialektische Streit über naturwissenschaftliche Dinge, die nur durch Beobachtung und Experiment entschieden werden können. Wenn wirklich die 1630 zu Frankfurt in 4° erschienene conciliatorische Sammelschrift „Aurora medicorum Galeno-Chymicorum seu de recta purgandi methodo“ von demselben Joh. Freitag herstammt, wofür ich bei der Durchsicht des Buches keinen Beweis finden konnte (er berichtet darin von Studien in Rostock), so wäre das nur ein Beweis dafür, wie die Übernahme der Professur in Groningen ihn zum einseitigen Parteimanne machte. Aller Kampf war freilich umsonst; denn seinem Gegner Daniel Sennert gehörte die Zukunft.

Wir sind so schon mitten in die Kämpfe des 17. Jahrhunderts hineingeraten, von welchem man in unserem niederrheinischen Bezirke nicht [p. 40*] viel bemerkt. Überhaupt ist hier das 17. Jahrhundert an bedeutenden Arzten weit ärmer als sein Vorgänger, namentlich da in unserem Berichte die einer besonderen Abhandlung überwiesenen Duisburger Professoren (seit 1655) von der Besprechung ausgeschlossen sind.

Ein Arzt in Siegburg, Dr. Christian Hansen, soll zugleich Scharfrichter und grausamer Hexenverfolger gewesen, aber 1636 von einer Hexe als Mitschuldiger genannt, selbst gefoltert und verbrannt worden sein. Der Kölner Universitätsprofessor Peter Holtzheim, aus Deventer gebürtig (sein gleichnamiger Vater, † 1651, soll gleichfalls Pfalz-Neuburgischer Leibarzt gewesen sein und in Köln gelebt haben), gestorben 30. Okt. 1659, war zugleich Leibarzt des Pfalzgrafen Wolfgang Wilhelm zu Düsseldorf, wie aus dem Titel seiner „Essentia Hellebori rediviva, secundo extracta, sive retificata, et aucta, in gratiam novorum huius patriae, et saeculi medicorum“, Coloniae 1623, 8° hervorgeht (die 1. Auflage dieser kleinen Schrift gegen Quacksalber, Charlatane und mediz. Aberglauben war 1616 erschienen) und noch aktenmässig im Düsseldorfer Staatsarchiv zu erweisen ist. Dort finden sich nämlich (Jül.- Berg. Landes Mag. Famil.-S. Nr. 71. C.) Briefe des Holtzemius an Wolfgang Wilhelm und dessen andern Leibarzt Dr. Joh. Andr. Maffeus aus den Jahren 1632—35 über den Gesundheitszustand der Pfalzgräfin, die sich eingebildet hatte, schwanger zu sein (Holtzheim hatte ihr ein Knäblein diagnosticiert) und an einem Fingerabscess litt. In einer Kabinettsrechnung vom Jahre 1638 (Jül.-Berg. Famil. S. 74) wird das Gehalt des Holtzemius mit 90 Kronthalern angegeben, während der in Düsseldorf ansässige, literarisch nicht weiter bekannte Maffeus 368 Reichsthaler und 96 Stüber, sowie 20 Malter Roggen und Gerste, 60 Malter Hafer und ein Fuder Wein erhielt, welche in Summa auf 250 Reichsthaler gerechnet werden. Holtzemius hat noch weiter geschrieben: Prognosticon vitae et mortis“, zum Theil in Versen, Köln bei Grevenbrochius 1605, eine Descriptio fontis medicati S. Antonii, vulgo Tillerborn dicti, prope Andernacum“ Köln bei Herm. Mylius 1620, 8°, er liess bei Birckmann 1627 das Dispensatorium Coloniense“ neu bearbeitet erscheinen und war als Visitator und Examinator der Apotheken thätig. Ein Brief an ihn findet sich in der 5. Centurie, Beobachtung 77 des Hildanus, mit welchem er befreundet war.

Als Arzt Wolfgang Wilhelms wird in einem Briefe des Maffeus noch ein Doktor Schor genannt, den auch die Kabinettsrechung 1638 als Dr. Schorn aufführt, ohne sein Gehalt auszuwerfen. Wegen des kranken Fingers wird noch ein Doktor Engelmann (aus Köln?), der Sohn eines Wundarztes, und ein Dr. Olitorius (brieflich) zu Rate gezogen.

Vier Arzte des Namens Keuchen begegnen uns zu Anfang des 17. Jahrhunderts. Zunächst ein Servatius Keuchenius Juliacensis, medicinae [p. 41*] Doctor, von dem nur bekannt ist, dass er 1591 in Herborn immatrikuliert war, sodann ein Petrus Keuchenius medicus, der, in Düsseldorf unter Fabricius Marcoduranus gebildet, in Basel Dr. med. wurde, sich in Wesel niederliess, später dort Bürgermeister wurde, 1624 in Xanten starb und in Rees begraben ist; ein Robert Keuchenius ist gleichfalls Arzt und Bürgermeister in Wesel gewesen (ein Gedicht von ihm findet sich in Solenanders Consilien), der Grossvater eines Professors Petrus Keuchenius, der 1662 eine Handschrift des Serenus Sammonicus aus grossväterlichem Besitze zu Amsterdam herausgab. Ob der von Haller genannte J. Keuchen, der 1614 in Basel eine Dissertation „De tertiana“ herausgab, vielleicht mit unserm ersten Peter Keuchen identisch ist, weiss ich nicht zu sagen.

Ein Düsseldorfer Kind, Dr. med. Joh. Winand von Redichoven, geboren 1591 als Sohn des herzogl. Sekretärs Sibert von Redichoven, war Arzt in Düsseldorf und starb schon 1631. Ein Enkel des grossen Gerhard Mercator hat sich einen Namen in der Wissenschaft gemacht: der in Wesel am 28. October 1590 geborene Gerhard de Neufville. Er wurde 1609 magister philosophiae in Leyden, 1610 Prof. extr. der Mathematik in Heidelberg, 1611 Prof, der Mathematik und Physik in Bremen, 1616 Dr. med. in Basel, 1624 Prof, der Medizin in Bremen und seit 1638 Stadtarzt daselbst, wo er am 28. Juli 1648 gestorben ist. Seine „Physiologia“ (Bremen 1645) und deren posthume Fortsetzung „Cosmologia“ (Bremen 1668) verdienen neben der Arithmetica von 1622 Beachtung; medizinisch hat er nur einige Kleinigkeiten geschrieben (s. oben S. 6). Auch der Name der berühmten Elberfelder Familie Teschenmacher begegnet uns in der Geschichte der Arzneikunde. Engelbert Teschenmacher, der Vater, war Arzt zuerst in Elberfeld, nachher in Deventer; Engelbert Teschenmacher, der Sohn, geboren 1608 in Elberfeld, studierte in Herborn, Köln und Leyden, wo er 1636 den Doctortitel erwarb. Am 19. August 1638 eröffnete er seine Lehrthätigkeit als Extraordinarius der Medizin in Deventer mit einer Rede „De dignitate et utilitate anatomiae“, 1644 wurde er Mathematikus und schrieb als solcher einige Kalender. Im September 1647 zum ordentlichen Prof, der Naturkunde ernannt, ist er in Deventer schon am 3. Juni 1649 gestorben (s. oben S. 5 f.) — Zwei Söhne des Pastors Johann Leunenschloss in Solingen († 21. Mai 1656) waren Mediziner, der eine Matthias war Arzt in Wesel, der andere Johann Leunenschloss wurde Professor der Medizin in Heidelberg. —Ein Neffe des grossen Düsseldorfer Rektors Johann Monheim, der am 7. September 1599 zu Köln geborene Franz Monheim, lernte in der väterlichen Apotheke die Pharmazie; seit 1619 studierte er Medizin in Köln, in Giessen und bei dem ihm verwandten Fabricius Hildanus in Bern, ging 1623 nach Italien und erwarb am 21. September den Doctorhut in Padua, wo er bis zum Jahre 1625 [p. 42*] verblieb. Im Juli dieses Jahres war er wieder in Düsseldorf und liess sich dann als Arzt in Wesel nieder, wo er am 25. Juli 1661 starb. Sein Bruder Gottschalk Monheim (1572—1630) war 1598—1611 Apotheker in Köln, später in Düsseldorf. Johannes Monheim war Apotheker in Wesel. Die Mutter Gottschalks und Franzens, Maria von Dulcken, war die Tochter des Kölner Wundarztes Bartholomäus von Dulcken. Eine ganze Reihe von Gliedern dieser Familie von Dülken waren Wundärzte in Elberfeld im 16. und 17. Jahrhundert, wie ich einer freundlichen Mitteilung des Historikers Herm Otto Schell entnehme: Euerhart von Dulck (1574), Heinrich von Dulcken (1614), Johann von Dulik (1625—1630) und sein Sohn Peter von Dullick (1625), Effertz vonn Dullick (1627 und 1628). An Ärzten werden gleichzeitig genannt ausser Teschenmacher Dr. Daniel Danielis aus Antwerpen, Dr. Engel Leuffer, Dr. Engelbert Holterhoff (1645), Dr. Eller, Dr. Rud. Kessner und Adolf Isaaci.

In Mörs wurde am 15. Oktober 1612 Anton Deusing geboren; promoviert 1637 in Leyden, soll er kurze Zeit in seiner Vaterstadt praktiziert haben; später wurde er Professor in Harderwyk und Groningen, wo er am 29. Januar 1666 starb. Unmöglich kann ich hier alle seine Schriften anführen, die im „Lindenius renovatus“ von 1686 10 Spalten füllen; er soll auch des Arabischen, Persischen und Türkischen kundig gewesen sein.

Ein anderer geborener Mörser, Theodor van Essen (1657—1697), studierte in Leyden, war praktischer Arzt in Colham bei Groningen und wurde ein Jahr vor seinem frühen Tode Prof, der Medizin in Groningen.

Joh. Matth. Lucas geb. in Düsseldorf studierte Medizin in Köln, Würzburg, Prag, Rom und Bologna, war 10 Jahre kurf. kölnischer Festungs- und Garnisonsmedikus zu Kaiserswerth, später Reisemedikus bei den Brüdern Johann Wilhelms, seit 1666 kurf. Rat- und Leibmedikus und zugleich Professor der Pathologie in Heidelberg (Antrittsrede „de Lithiasi“).

Ein anderer Düsseldorfer, Jakob Israel, geb. 3. Juni 1621, studierte in Duisburg und Köln, besuchte auch Universitäten in Holland, England und Frankreich, wurde dann 5 Jahre Feldmedikus, 1650 in Freiburg Dr. med., 1651 Stadtphysikus und 1652 gleichfalls Professor der Medizin in Heidelberg; er gab nur einige Disputationen zwischen 1656 und 1673 heraus. Alexander Hymmen war 1666 Arzt und Bürgermeister in Duisburg und gab im genannten Jahre eine Schrift über die Pest (Wesel, 4°) heraus. Wolrad Kuxholz, geboren zu Lippstadt am 11. Juni 1618 als Sohn des dortigen Stadtchirurgus, studierte in Rintelen und Groningen und wurde 1642 Stadtphysikus in Lennep, 1644 Reisebegleiter des Landgrafen Wilhelm VI. von Hessen und 1648 Leibarzt in Kassel. Von einer Reise, die er 1670 mit seinem Herrn nach England und den Niederlanden unternommen hatte, kam [p. 43*] er todkrank zurück und starb 1671 am 5. April. Er hat 1652 einen „Unterricht für Hebammen“ in Kassel herausgegeben. Nach Akten des Düsseldorfer Staatsarchivs aus dem Jahre 1676 waren in diesem Ruhrjahre folgende Ärzte in Düsseldorf thätig: der Hofmedikus Dr. Holterhoff, der Leibarzt und Stadtmedikus Dr. G. Melm (der 1713 noch lebte) und die Doctoren Braumann, Hoffstadt und Schwartz. Engelbert Holterhoff war 1641 zu Lennep geboren, studierte in Leyden und war zuletzt Arzt in Schwelm. Er gab 1669 zu Düsseldorf ein „Consilium antidysentericum jussu ducis Jul. et Montium“ heraus, 1670 in Köln eine „vita longa et brevis, in zwey Theil abgetheilt, (bei Balthas. Egmondt 248 SS. 120), 1675 ebenda „Animaversiones in J. Sylvii disputationes“, 1676 einen „Discursus medicus ostendens errores medicorum in curationibus“ und 1707 in Dortmund einen kurzen Unterricht von dem Medizinalbrunnen bei Schwelm. Söhne zweier obengenannter Ärzte sind Johann Konrad Melm (geboren in Düsseldorf 28. März 1677, Dr. med. von Duisburg, seit 1707 Prof. in Marburg, besuchte 1713 seinen Schwerkranken Vater in Düsseldorf, der wieder genass, während der Sohn nach Marburg zurückgekehrt am 5. Januar 1714 an einem hitzigen Fieber verstarb), und wohl auch Dr. med. Johann Dietrich Hoffstadt, geb. in Düsseldorf, zuerst Apotheker in Hanau, dann nach Beendigung seiner medizinischen Studien in Wittenberg (1692 Dr. med.) seit 1700 Arzt in Heidelberg; sein schriftstellerisches Schaffen dreht sich um die nach ihm genannte Theriaca oder Panacea coelestis Hofstadiana (1680, 1692 und 1693). Nach Reeser Urkunden im Düsseldorfer Staatsarchiv war Christian Rademacher am 17. August 1666 Dr. med. in Emmerich und Dr. Nicolaus Engels am 17. Nov. 1667 Arzt in Rees. Wilhelm Holtmann phil. et med. Dr. in Mörs, gab 1687 bei Frank Sas in Duisburg heraus: „Betrieglicher Artzneywinkel; das ist eine kürtze und summarische entdeckung der Abergläubischen, Zauber- und Schmier-Ärzten und dergleichen Harndeutern, welche entweder die Menschen betriegen, oder ihre Kunst mittel- oder unmittelbahr vom Sathan haben, und derhalben nit müssen geduldet werden“ (6 Bll. 116 SS. 8°), worin er recht wacker gegen allerhand volkstümlichen und gelehrten medizinischen Aberglauben und andere Quacksalbereien seiner Zeit zu Felde zieht. Der Duisburger Professor F. G. Barbeck hatte eine empfehlende Vorrede geschrieben (29. Oktober 1687); Holtmann hat an dieser Universität 1680 den Doktortitel erworben mit der Dissertation De Hemitritaea s. febri tertiana continua“. Dr. Werner Neuhausen geb. zu Hamm war Arzt in Emmerich; von ihm finden sich zwei Schriften „Homo melancholicus“ und „Homo hydrophobus“, 1688 und 1689 zu Hamm gedruckt. Dr. Joh. Overbeck aus Altena, war um diese Zeit Königl. Rat und Leibarzt zu Kleve; er starb etwas mehr als 50 Jahre alt am 27. Juli 1702. Johann Tiling, ein [p. 44*] Bremer Kind, (10. October 1668 — 13. September 1715), früh literarisch thätig, studierte in Holland und war 1693/94 fast ein Jahr in Mülheim am Rhein als Arzt thätig; er wurde darauf Prof. der Arzneikunde, später der Physik und endlich der Logik und Metaphysik, zuletzt 1704 Stadtarzt in seiner Vaterstadt. Er hat viele Dissertationen geschrieben und die chirurgischen Schriften eines Nuck und Scultetus wieder herausgegeben. Dr. Eustachius Joachim Haniel war Arzt in Düsseldorf und später in Emmerich; er disputierte 1677 zu Leyden „De Melancholia hippochondriaca“, gab 1692 in Düsseldorf ein Schriftchen Die preisswürdige Veronica“ heraus, worin er diese Pflanze als europäischen Theeersatz empfahl, und 1697 ebenda den „entlarvten Jacob Böhm“.

Wir schreiten ins 18. Jahrhundert. Ein Gottfr. Andreas Zahn in Unna im Märkischen liess 1708 zu Wesel bei Jakob von Wesel eine „Dissertatio de origine progressu et dignitate medicinae“ in 12° erscheinen. Johann Philipp Maul, in St. Goar geboren, in Leyden 1686 doktoriert (De abortu), war praktischer Arzt zu Lünen in der Mark und liess 1716 zu Dortmund und Schwelm „Acidulae Schwelmenses“ (159 SS. kl. 8°) und ein Jahr später „Praxis Schwelmensis“ erscheinen, worauf weiter unten bei den Bädern näher eingegangen wird. Seine „Mediz. und theolog. und physik. Gespräche vom Gold von Mitternacht“ seine „Medicina theologica chymico irenica et christiana cabbalistica“ und der „Job Chymicus“ alle drei zu Wesel 1709 erschienen, sind Specimina der alchemistischen Träumereien des 18. Jahrhunderts.

Die erste Elberfelder Bürgeraufnahme im Jahre 1702 ergab 1694 Einwohner, welche von 3 Chirurgen (Johann Lukas, Franz Heinrich de Foy, Friedrich Bormann) und 3 Doktoren der Medizin (Olimath, Johannes Plaum und Holterhoff) bedient wurden, wie mir Herr O. Schell gütigst mitteilte. Johann Hartmann Degener (Degner) aus Schweinfurt (19. IV. 1677 — 6. XI. 1756) soll direkt nach seiner Doktorpromotion in Utrecht 1717 (De notab. casu febris petechialis) ein Jahr in Elberfeld praktiziert haben; er ging dann nach Nymwegen, wo er Stadtphysikus und Bürgermeister wurde und starb. Er schrieb einen seit 1729 öfters aufgelegten Traktat über den Torf, über die Ruhrepidemie von 1736 und über den Gesundbrunnen von Ubbergen (1745). Um 1741 wird ein Dr. med. Scher in Elberfeld genannt (Z. d. B.G.- V. XV, S. 208). Ein Theodor Isaac Herzogenrat war seit 1696 Wundarzt in Solingen und gab dort 1714 ein geistliches Liederbuch heraus. Der Solinger Stadt- und Landphysikus Johann Daniel Erhard Brunner, gebildet unter Fried in Strassburg und 1730 dort promoviert (über placenta praevia) wurde im Jahre 1731 in Solingen angestellt und gab dort 1740 bei Johann Schmitz eine „Errorum et malitiarum obstetricum detectio, oder: Entdeckung der Irrthümer und Bossheiten der Hebammen . . . meistens in seiner Praxi erfahren“ (4 Bll + 110 SS. 8°) eine recht wackere und für ihre Zeit [p. 45*] recht notwendige Schrift, reich an kulturgeschichtlich wertvollen Notizen über die Ausübung der Geburtshülfe im Bergischen vor 160 Jahren, über den Gebrauch des Geburtsstuhles, Kinderwartung u. s. w. Er starb 1779 am 19. April. Vor ihm sind als Solinger Arzte überliefert: ein Dr. Zahn, der im Oktober 1692 dorthin kam, ein Johann Peter Kerksig (1720) und als Brunners direkter Vorgänger im Physikat Johann Coppenhagen. Als Chirurgen vor Herzogenrat werden dort genannt: Everard Dülcken und Johann Dülcken (s. oben S. 42*), Ludwig Palbrier, Diederich, Johann Hessel oder Hassel. Bei Lennep wird es noch 1729 rühmend hervorgehoben, dass die Stadt „ihren eigenen berühmten Doctorem Medicinae habe (Z. d. Berg. G.- Vereins, XIX, 119). In Rees war nach Urkunden des Düsseldorfer Staatsarchivs vom 23. März 1723 und 9. März 1725 ein Dr. med. Joh. Friedr. von den Sande Bürgermeister. Wynand Werner Weyermann, Pfarrersohn aus Kirchsteten im Jülich’schen, 1742 in Duisburg promoviert (De sternutatione) scheint in seiner Heimat praktiziert zu haben. Ein Peter Wilhelm Speck, geboren zu Urdenbach am Rhein, promovierte gleichfalls 1742 am 19. April in Duisburg (De nonnullis virginum morbis). In Düsseldorf wirkte damals Lorenz Rappolt, Dr. med. et phil., fürstl. Rat, Militär- und Stadtarzt; er prüfte am 25. Juni 1746 einen Österreicher Kaspar Melchior Wanco, wohnhaft in der freien Herrlichkeit Commern, als Operateur über allerhand Brüche, Staarstechen, Krebs und Hasenscharten schneiden, Gewächse abnehmen, Beinbrüche einzusetzen und zu kurieren“ (Beitr. z. G. d. Nieder-Rheins VII, 440—441). Johann Kaspar Albert Eichelberg, geboren den 15. Oktober 1749 als Sohn des gleichfalls naturwissenschaftlich gebildeten Gymnasialrektors zu Wesel Christoph Albrecht E. (geb. 1713 in Unna), studierte Medizin zu Utrecht, wo er 1774 den Doktortitel erwarb (De causis celeritatis actionis spirituum animalium in musculis), wurde 1788 der Nachfolger seines Vaters und starb am 12. August 1819. Es wird als Schrift des Vaters angeführt „De causis phaenom., quae observantur in progressione morborum epidemicorum“ Neomag. 1776. 8°. Ein anderer Dr. Eichelberg in Wesel ist mit geburtshülflichen Abhandlungen in Siebolds Journal Bd. V. und VIII. hervorgetreten. Friedrich Winter, geboren 1712 im Städtchen Uedem, Kreis Kleve, studierte in Duisburg und Leyden, wo er 1736 promovierte (De motu musculorum, von A. v. Haller der Aufnahme in seine Disp. anatom. select. gewürdigt!), 1740 Prof. in Herborn, 1744 in Franeker (Medizin, Chemie und Botanik), 1747 zu Leyden. Er war ein Mitarbeiter Hallers auf dem Gebiete der Irritabilitätslehre, eröffnete in Leyden zuerst eine medizinische Poliklinik und starb 1760. Ausser seiner Antrittsrede und Dissertationen seiner Schüler hat er nichts veröffentlicht.

[p. 46*] Karl Kaspar von Siebold, das Haupt der berühmten Würzburger Ärztefamilie, stammt vom Niederrhein; er ist in dem Marktflecken Niedeggen (Kreis Düren) im Herzogtum Jülich am 4. November 1736 geboren als Sohn des dortigen Wundarztes Johann Christoph Siebold, der ihn zwei Jahre selbst unterrichtete und dann auf 3 Jahre in französische Militärspitäler schickte. 1760 trat er bei dem Oberwundarzt des Juliusspitals in Würzburg als 1. Gehülfe für 3 Jahre ein und studierte gleichzeitig Medizin, bereiste von 1763—1766 Frankreich, England und die Niederlande, promovierte 1769 (Fasciculus observationum medico-chirurgicarum. Bamberg 4°, 70 SS.) und wirkte als Professor der Anatomie, Chirurgie und Geburtshülfe bis zu seinem Tode am 5. April 1807, weit berühmt und mit fürstlichen Titeln und Rangerhöhungen ausgezeichnet. In allen Fächern seines vielseitigen Lehrbereiches hat er die Wissenschaft gefördert und vor allem als Lehrer und Operateur Hervorragendes geleistet. Er liess 1791 sein „Chirurgisches Tagebuch“ in Würzburg 8° erscheinen und 1802 zu Frankfurt seine „Praktischen Bemerkungen über die Castration“, 8°. — Johann Heinrich Schütte geb. 11. Juni 1694 zu Soest, studierte in Jena (siehe unter Botanik und Mineralogie), in Altdorf (De superfluis et noxiis quibusdam in chirurgia observandis, Altdorf 1719) und in Utrecht (Dr. med. 1719, De cautelis quibusdam in chirurgia observandis), war dann ein Jahr lang Arzt in Soest, 3 Jahre Stadtphysikus in Vianen bei Utrecht, wo er eine Medizinalordnung schrieb (Ordonantie of de Oeffening der Geneeskunde in der Stadt Vianen, Utrecht 1723, 8°). Darauf liess er sich in Kleve nieder und schrieb dort „Die Nothwendigkeit und der Nutzen der Anatomie in der Republik“ (Leipzig und Duisburg 1726, 8°), und den „Medizinischen Unterricht von den Ursachen der Krankheit und des Todes“, der 1732 in Soest gedruckt wurde. 1731 wurde er königl. Brunnenmedikus in Schwelm und schrieb über den dortigen Brunnen eine kleine Brochüre (Iserlohn 1733), war vorübergehend Garnisonmedikus in Hamm und kehrte später nach Kleve zurück, wo er 1741 den Klevischen Gesundbrunnen entdeckte, über welchen er zuerst im Duisburger Intelligenzblatt 1741 Nr. 4 berichtete und 1741—1752 allerlei Brunnenschriften in deutscher, holländischer und französischer Sprache erscheinen liess (siehe unten bei den Bädern). Unter dem Pseudonym I. H. Sagittarius gab er 1745 ein Schriftchen gegen die jüdischen Ärzte heraus und schrieb noch „Die wohl unterrichtete Hebamme“ Frankfurt und Wesel 1765 und eine „Anthropologie“ Halle 1769. Die Universität Duisburg ernannte ihn 1756 zum Dr. phil. honoris causa; sein arbeitsreiches Leben schloss am 20. Jan. 1774. Sein Sohn Christian Heinrich Schütte, geboren zu Kleve, war Stadtphysikus daselbst; er schrieb 1765 „Anmerkungen“ gegen Hofrath C. L. Hoffmann’s in Köln „Nachricht von einer guten Heilart der Kinderblattern“, dessen sich wieder der Neffe desselben Dr. Karl Hoffmann in Gronau annahm in [p. 47*] einer „Bestätigung der besonderen Krafft des neuen Mittels“ (Münster 1765, 56 S. 4°), welches in äusserlicher Anwendung des Kampfers bestand. Schütte „der Jüngere“ gab ferner Watsons und Glass’ „Versuche und Abhandlungen von der neuesten und besten Art die Kinderblattern glücklich einzupfropfen“ aus dem Englischen übersetzt (Halle 1770. 8°) und seines Vaters Hebammenbuch 1773 zu Frankfurt a. M. vermehrt und verbessert heraus. — Theodor Gerhard Timmermann wurde als Sohn des Duisburger Professors Theod. Arnold Timmermann 1727 geboren und studierte in seiner Vaterstadt, wo er auch 1750 promovierte (De notandis circa naturae in humana machina lusus), war einige Jahre Arzt in Elberfeld und wurde dann 1760 als Professor der Anatomie nach Rintelen berufen, wo er 30 Jahre lehrte und eine Reihe von Disputationen erscheinen liess (1762—1786), welche in der Biographie mediale VII S. 340 f. verzeichnet stehn. Er ist am 4. September 1792 in Mörs gestorben.

Dr. Josef Sigismund Loeven, Stadtarzt zu Ratingen veröffentlichte 1779 den „Philosophischen Beweis der Möglichkeit, dass ausser den Seelenkräften die anziehende und elektrische Kraft ursprünglich die eigenthümlichen Kräfte des lebenden menschlichen Körpers einzig und allein sein können“ Düsseldorf (11 Bl. + SS. 8°). Ein zweiter Teil erschien 1786 ebenda bei Dänzer (16 Bll. + 143 SS. 8°); beide sind Professor Leidenfrost in Duisburg gewidmet. Als prakt. Arzt wirkte damals in Duisburg Dr. Jakob Theodor Schönenberg; er schrieb einige kleine Artikel über eine damals herrschende Viehseuche und über die Seife im Duisburger Intelligenzblatt von 1769, und mehr als 70jährig: „Freie Gedanken und Betrachtungen über einige theologische und biblische Stücke“, Duisburg 1778. Hervorragender als die meisten zuletzt genannten Ärzte ist Georg Florentin Heinrich Brüning, geboren 1734 zu Essen, der nach Vollendung seiner Studien in Leyden, London und Utrecht (Dissertatio sistens singultum, Traject 1758. 4°) zuerst Physikus zu Kettwig, dann zweiter Physikus zu Essen wurde und später den Hofrat- und Pfalzgrafentitel erhielt. Sein Hauptwerk, die „Constitutio epidemica Essendensis anni 1769—1770 sistens historiam febris scarlatino- miliaris anginosae eique adhibitam medelam“, Vesaliae et Lipsiae o. J. (16 Bll. + 128 SS. 8°), in welcher er eine Scharlachepidemie beschreibt, die vielfach zu Tonsillarabscessen führte und bei welcher er vom Gebrauch der Chinarinde günstige Erfolge sah, wird ihm immer eine geachtete Stelle in der Geschichte der Epidemieen sichern. Nach Sydenham’s Vorgang legte er grossen Wert auf die Beachtung der „constitutio epidemica“. Ausserdem schrieb er „De ictero spasmodico Essendiae anno 1772 epidemico“, Vesaliae 1773, 8° und die Abhandlung über die Schädlichkeit des Mohnsaftes in der Ruhr, Neuwied 1774, 8°. — Der Düsseldorfer Joh. Karl Insfeldt promovierte am 28. April 1772 zu Leyden (De lusibus naturae) und war [p. 48*] 1773 Bürger und Arzt in Amsterdam. Peter Delsauce, Dr. med. und kurpfälzischer Landphysikus im Jülich’schen Münstereifel, schrieb eine „Kurze Anweisung zur gerichtlichen Wundarzneikunst , Leipzig 1765. 8°. Dr. Gisbert Johann Beuth, Arzt in Kleve, auch Hebammenlehrer und Amtsphysikus daselbst, schrieb 1763 über die Einpfropfung der Pocken (Kleve 8°), Anmerkung zu Rübels wahrem Portrait eines geschickten Medici, Chirurgie oder Hebamme (Kleve 1769) Etwas vom Fieber (Düsseldorf und Kleve, 2. Abth. 1771 und 1772 gr. 8°) und endlich über die Viehseuche im Klevischen (Kleve 1796), sowie einiger Artikel in Zeitschriften. Auch ein Dr. Curtius war damals ausübender Arzt in Kleve und später der Vorgänger Rademachers in Goch. Er liess 1780 eine Schrift erscheinen „Antwoorden op de Vrag in hoe verre kan en Longheering geneeslyk zyn ..“

Dr. Karl Josef Wirtensohn, geboren zu Opladen, starb im April 1788 zu Münster als Mitglied des Collegium Medicum und Oberchirurg des Regiments Schaumburg-Lippe; er hat eine Abhandlung über den Einfluss des Opiums auf die Herzthätigkeit geschrieben (Harderwici 1775), welche C. L. Hoffmann (s. o.) in seinen „Opera latina medici argumenti“, Münster 1789, wieder abdrucken liess und Josef Fehr (s. u.) ins Deutsche übersetzte (Kassel 1778). Dr. Johannes Fabricius war Physikus in Mörs; sein Sohn Gottfried Wilhelm promovierte unter Leidenfrost am 11. Februar 1786 zu Duisburg mit einer Dissertation über die endemischen Krankheiten. Gleichfalls in Mörs geboren ist Johann Bernhard Keup (1755), der schon am 6. September 1773 in Duisburg promovierte (Quinam cibi proprie viscidi sint vocandi?) und der Reihe nach Arzt in Mühlheim, Solingen, Winterswyk (Grafschaft Zütphen), Duisburg und Deventer gewesen ist, wo er am 1. August 1802 verstarb. Verschiedene medizinische Schriften übersetzte er aus dem Holländischen ins Deutsche, so des Professors Mathias van Geuns (Harderwyk) Abhandlung über die epidemische Ruhr (Düsseldorf 1790, 367 SS. 8°), Peter Kampers Lebensgeschichte (Stendal 1791, 8°), W. von Barnefelds Abhandlung über die Bestandteile des Wassers nach Lavoisiers Grundsätzen (Stendal 1792, 8°), Übersicht der chem. Theorie des Herrn Lavoisier (ib. 1793), Jakob van der Haar, über die Beschaffenheit des Gehirns (ib. 1794, 8°), Joh. Veirac, Abhandlung über die Rachitis (ib. 1794 gr. 8°) und die arzneikundigen Beobachtungen eines Arztes in Amsterdam aus dem Latein (ib. 1794, 8°) und umgekehrt Samuel Gottlieb von Vogels Handbuch der praktischen Arzneiwissenschaft (3 Thle. ib. 1790—1792 und 1793) und Joh. Daniel Metzgers (Königsberg) System der gerichtl. Arzneiwissenschaft ins Lateinische (ib. 1794). Die Übersetzung der Schrift über die Ruhr, deren Vorwort vom 4. Juni 1788 aus Solingen datirt ist, hat zahlreiche Anmerkungen aus Keups Feder, teils literarische Zusätze, teils eigene Beobachtungen, die ihn als vernünftigen Prak- [p. 49*] tiker erweisen. Auch eigene Schriften von ihm sind überliefert: „Über die Kenntnis und die Heilung der Wasserscheu“ (Düsseldorf 1788), „Libellus pharmaceuticus composita et praeparata praecipua praeparandi modum et encheiresin exhibens“ (Duisburg 1789, 204 SS. 8°) und „Manuale pharmaceuticum principiis pharmaciae probatissimis superstructum“ (Stendal 1793 8°), endlich mehrere Artikel in Zeitschriften. — In der Mitte des 18. Jahrhunderts war A. Peipers ein geachteter Arzt in Wesel. Sein Sohn Heinrich Wilhelm Peipers studierte in Duisburg und Leyden, promovierte 1763 in Duisburg (De cortice Hippocastani) und liess sich gleichfalls als Arzt in Wesel nieder, zog aber später nach Köln, während dessen Sohn Goswin Friedrich Peipers, Dr. med. in Halle 1798 (über die Cervicalnerven etc.), in Elberfeld praktizierte. Ein Duisburger, Joh. Wilhelm Strickling, erwarb sich in seiner Vaterstadt im September 1781 den Doktorhut (De fluore albo climacterio vetularum).

Eine ganze Reihe bedeutender Ärzte wirkte in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in der Residenzstadt Düsseldorf, zum Teil auch Schriftsteller von Ruf. Seit 1740 praktizierte hier Dr. Schumacher, der gemeinsam mit Rappolt (s. S. 45*) schon 1746 Fachprüfungen abhielt. Er war schon damals Medizinalrat; über seine Lehrthätigkeit wird weiter unten berichtet werden. Er schrieb „Gesundes Düsseldorf“ 1771 und starb 1784. Einiges Schnurrige von ihm bringt der Briefwechsel Jacobis (Auserlesene Briefwechsel 1825 Nr. 143 S. 395). Ägidius Odendahl war prakt. Arzt in Düsseldorf, Direktor des Jülichbergischen Collegium Medicum und Garnisonmedikus. Er war ohne Wissen des behandelnden Arztes Hofrat Abel zu einem im Zweibrücker Hof an „fäulichtem Gallenfieber“ erkrankten irischen Edelmann namens Maxwell im September 1791 zugezogen worden und hat nachträglich noch mit Abel konsultirt, wobei es zu Dissidien kam, die zum Teil auf seit länger bestehender Spannung zwischen beiden beruhten. Odendahl brachte in einer „Berichtigung des zwischen hiesigem Arzte Tit. Hofrath Abel und Verfasser vorgefallenen bei Gelegenheit eines Kranken“ (24 SS. 8° o. O. und J., Vorrede unterzeichnet „Düsseldorf im November 1791“) die Sache in gehässiger Weise vor das grosse Publikum und warf darin seinem Kollegen vor, durch eine Gabe Kalomel (4 Gran = 0,24 grm.) den Tod des offenbar an Abdominaltyphus Erkrankten verschuldet zu haben: ein schwarzes Blatt in der Geschichte der ärztlichen Kollegialität! Abel antwortete in folgender Schrift: „Geschichte einer merkwürdigen Krankheit und Rechtfertigung der dabey gebrauchten Mittel samt einer Beylage über die von dem Herrn Medizinalrath Direktor Odendahl darüber herausgegebenen Schrift“, Düsseldorf bei Dänzer 1791 (VII + 128 SS. 8°). Das Schriftchen ist würdig gehalten und gut geschrieben; der wackere Mann gewinnt unsere Achtung beim Lesen seiner Verteidigungsschrift Johann Gotthelf Lebrecht Abel [p. 50*] war als Sohn des namhaften Arztes Friedr. Gotth. Abel (1714—1794) in Halberstadt um 1750 geboren und kam, nachdem er schon in seiner Heimat Physikus gewesen war, in den 70er Jahren des 18. Jahrhunderts nach Düsseldorf, wurde 1802 Direktor des Colleg. Medicum, 1816 preuss. Geh. Medizinalrat und Direktor der Sanitätskommission und starb am 27. September 1822 in Düsseldorf. — Ein vielseitiger Mann und eifriger Schriftsteller war Dr. Johann Peter Brinkmann, als Pfarrersohn um 1740 zu Orsoy im Klevischen geboren, studierte in Göttingen, wurde praktischer Arzt in Düsseldorf, Jül.-Berg. Hofrat und Direktor des Med. Collegiums. Er schrieb: „Beweis der Möglichkeit, dass einige Leute lebendig können begraben werden, nebst der Anzeige, wie man dergleichen Vorfälle verhüten kann“, Düsseldorf, Kleve und Leipzig, J. G. Bärstecher 8°; Münster 1777; Leipzig 1786; holländisch, Amsterdam 1778, 8°; „Abhandlung von der Gährung“, Kleve und Düsseldorf 1773, 8°; „Beyträge zu einer neuen Theorie der Gährungen“, Düsseldorf, Kleve und Leipzig 1774 (8 Bll. + 176 SS. 8°) und 1789. „Briefe über die Wirkungen des Blattereiters bey der Inoculation“, ib. 1774, 1789. „Patriotische Vorschläge zur Verbesserung der Medizinal-Anstalten hauptsächlich der Wundarznei und Hebammenkunst auf dem platten Lande“, Düsseldorf 1778 (60 + 38 SS. 8°). „Bemerkung über die neuerdings vorgeschlagene, und an einer Kreissenden verrichtete Operation der Durchschneidung der Symphyse der Schambeinen“, Düsseldorf, Ferd. Bauer 1778 (24 SS. 8°). „Patriotische Vorschläge zur Verbesserung der chirurgischen Anstalten und Verhütung des Einreissens der Epidemien bei den Armeen“, Düsseldorf 1780, 1784 und 1790. „Anweisung für Ärzte und Wundärzte, um bei gerichtlichen Untersuchungen vollständige Visa reperta zu liefern: und wie die Rechtsgelehrten wissen können, ob von Seiten der Ersteren das gehörige beobachtet werde“, Düsseldorf, Zehnpfennig 1781 (84 SS. 8°; wurde in Frankfurt nachgedruckt und erschien bei Dänzer 1791 in 2. Auflage, 85 SS.). „Vergleichung der Erziehung der Alten mit der heutigen und Untersuchung, welche von beiden mit der Natur am meisten übereinstimme“, Dessau und Leipzig 1784 (8 Bll. + 570 SS.) und Düsseldorf 1788, 8°, worin er namentlich den Nutzen der fast vergessenen Gymnastik eingehend hervorhebt. Schon dieses Titelverzeichniss zeigt, dass Brinkmann, seiner Zeit vorauseilend, vielerlei Verbesserungen im Chirurgen-, Hebammen-, Krankenhaus- und Erziehungswesen anstrebte, mehr noch der Inhalt der Schriften, auf den aber hier nicht weiter eingegangen werden kann. Hervorgehoben mag noch werden, dass die von ihm entworfene Medizinalordnung am 8. Juni 1773 genehmigt und erlassen wurde (s. unten) und dass er Mitglied der Berliner naturforschenden Gesellschaft gewesen ist. Seine vielfachen erstrebten Neuerungen, die auch den Beifall seines Herrn, des Kurfürsten Karl Theodor fanden, machten ihn unbeliebt, namentlich bei dem [p. 51*] Hofrat Bruinink, und dieser ergriff die Gelegenheit, als Brinkmann 1780 anonym ein etwas freies religiöses Schriftchen „Philosophische Betrachtungen eines, Christen über Toleranz in Religion zur Grundlage der Vereinigung sämmtlicher christlichen Religionen“ 8° hatte erscheinen lassen. Man konfiscierte das Büchlein und beantragte Brinkmanns Absetzung als Medizinal- Direktor. Die Verhandlungen liefen in Schriften und Gegenschriften von April 1781 bis Februar 1782. Die von den verschiedenen protestantischen Universitäten und Synoden eingeforderten Gutachten fielen vorwiegend zu seinen Gunsten aus und die Sache verlief im Sande (Düsseld. Staatsarchiv Jül.-Berg. Geistl. Sachen Generalia Nr. 81. Eine Gegenschrift von katholischer Seite „Ob die Duldung oder sogenannte Toleranz irriger Religion dem Charakter Christi und dem Geiste seiner Apostel gleichförmig sey“, gab Aloysius Merz 1781 in Köln heraus). Der Düsseldorfer Aufenthalt war Brinkmann infolgedessen verleidet. Ob er, wie berichtet wird, einen Ruf nach Göttingen erhalten hat, ist ungewiss. Er wurde 1784 als Leibarzt der Kaiserin nach Russland berufen und ist dort noch in guten Jahren am 26. Mai 1785 gestorben. Seine Frau, eine geborene Günther aus Solingen, zog nach seinem Tode wieder nach Düsseldorf. Seine Tochter Luise heiratete den Reg.-R. G. A. Jacobi.

Beachtung verdient weiter der kurpfälz.-bayerische General-Stabswundarzt Dr. Josef Naegele; er hielt seit 1784 anatomische und chirurg. Vorlesungen (s. u.) Eine Abhandlung von ihm über eine Blutung aus der beim Bruchschnitt durchschnittenen unteren Bauchdeckenarterie ist im 1. Bande der Johann Barthol. von Siebold’schen „Sammlung seltener und auserlesener chirurgischer Beobachtungen“ Rudolstadt 1805 an 3. Stelle aufgenommen. In seiner Lehrthätigkeit, die bis 1809 beglaubigt ist, wurde er von seinen beiden Söhnen Anton und Franz Karl unterstützt. Dr. Anton Naegele, geboren zu Düsseldorf, war Arzt und seit 1790 Hofarzt daselbst und lehrte gerichtliche Wundarznei und Physiologie. Er war ein Anhänger der John Brown’schen Erregungstheorie und schrieb in diesem Sinne über „Das Werden, das Leben, die Gesundheit, die Krankheit und den Tod des menschlichen Körpers“, Düsseldorf 1801 (130 SS. 8°); „Beitrag zu einer naturgeschichtlichen Darstellung der Entzündung am tierischen Körper“, Düsseldorf, Dänzer 1804 gr. 8°; „Einige wohlgemeinte Worte über die Kunst, das menschliche Leben nicht zu verkürzen“, Düsseldorf 1810 (86 SS. 8°). Weit bedeutender ist sein Bruder Franz Karl Naegele, geb. 12. Juli 1778, der von seinem Vater früh in das Studium der Medizin eingeführt und schon vor Beginn seiner Universitätsstudien Prosector und Repetitor der Anatomie am Düsseldorfer anatomischen Theater wurde. Er bezog dann die Hochschulen zu Strassburg, Freiburg und Bamberg und liess sich in Barmen nieder, wo er das Physikat der Ämter Barmen und [p. 52*] Beyenburg erhielt und sich mit besonderer Vorliebe mit Geburtshülfe und dem Unterricht der Hebammen und Chirurgen beschäftigte. Als Vorsteher der Armenanstalt führte er wichtige Reformen ein, die den Grund legten zu dem späteren grossen Rufe der Armenverpflegung in Barmen und Elberfeld. (Man vergleiche seine Schrift Über den Zweck, Nutzen und die Einrichtung von Armenanstalten. Eine Aufforderung an die Einwohner Barmens zur Einführung einer gemeinschaftlichen Armenpflege für die Armen sämtlicher Confessionen“, Barmen 1807, 8°). Schon im Jahre 1807 wurde er nach Heidelberg als ausserordentl. Professor berufen; 1810 wurde er ordentl. Professor und Direktor der Entbindungsanstalt. Über 40 Jahre wirkte er in dieser Stellung und starb am 21. Januar 1851, als grösste geburtshilfliche Autorität allgemein anerkannt. Sein Name ist auch in der heutigen Ärztegeneration noch lebendig und wir feiern in ihm einen der grössten Söhne bergischen Landes. Die Anführung seiner epochemachenden Werke kann ich hier unterlassen; sie stehen in allen Repertorien der Geschichte der Medizin. Die vorzüglichste Würdigung des Mannes gab Heinrich Rohlfs in seinen „Medizinischen Klassikern Deutschlands“ 2. Abth. Stuttgart 1880 S. 499—556.

Wilh. Xaver Jansen, den Abel in seiner Schrift gegen Odendahl mit Auszeichnung nennt, ist am 27. Sept. 1760 in Rees geboren, liess sich nach vollendeten Studien (Jena und Leyden) in Düsseldorf nieder und starb früh als Medizinalrat und Stadtphysikus am 19. Juni 1793. Seine Leydener Dissertation „Pinguedinis animalis consideratio physiologica et pathologica“ wurde von J. C. Jonas in’s Deutsche übersetzt, Halle 1786. Er selbst gab 1788 in Düsseldorf eine Arbeit über Pellagra heraus als Frucht einer italienischen wissenschaftlichen Reise, die er in Briefen an seinen Freund und Lehrer Sandifort holländisch und später deutsch in zwei Teilen schilderte (Leyden 1790 u. 1793; Aurich 1791 und Düsseldorf 1793 u. 94). Einiges andere übergehe ich. — A. J. Varnhagen, geb. in Düsseldorf 1756, studierte in Strassburg, wurde Arzt in seiner Vaterstadt, Medizinalrat und Stadtphysikus (1787), lebte zuletzt in Hamburg, wo er am 5. Juni 1799 starb. Er schrieb eine „Kurze Anweisung, die für Kranke und Gesunde dienlichen Nahrungsmittel und Getränke zu bereiten, Deutschlands Töchtern gewidmet“, Hamburg 1794, 8° und gab des Heidelberger Professors Gattenhof akademische Schriften gesammelt heraus, Düsseldorf 1795. Vermutlich ist der Doktor Varnhagen in Düsseldorf sein Vater gewesen, der 1752 vom Leibarzt des Abts von Werden und Helmstädt Dr. J. Joseph Hansen in Essen in einer Brochüre: „Entdeckter Ungrund Eines von Med. Doct. Varenhagen vor venerisch angegebenen Hals-Zustands ...“ (Essen, Sebastian Straube 48 SS. 4°) heftig angegriffen wurde. (Genannt werden hierin ausser den Med.-Räten Rappolt und Schumacher der Chirurgus Joh. Wilh. Frölig in Kaiserswerth und die Hebamme Lucia Krahe, die Quack- [p. 53*] salberin Kath. Judith Weyers, der Stadtchirurg J. M. Brewer, der Chirurg J. G. Zeck und der Regimentsfeldscherer Franz Wahl, alle in Düsseldorf.) — P. J. Melchior, geb. zu Duisburg als Sohn des Prof. der Philosophie und Mathematik Joh. Albrecht Melchior (s. oben S. 6), studierte in seiner Vaterstadt und erwarb sich dort den Doktortitel, soll in Düsseldorf Mathematik und Physik gelehrt haben (nach 1780) und später prakt. Arzt in Kappelen im Geldern’schen gewesen sein. Josef Fehr geb. 24. Juni 1742 in Düsseldorf und dort zuerst vom Stabsmedikus Dubaud angebildet, studierte 1759 in Duisburg, war während des 7-jährigen Krieges in franz. Spitälern zu Düsseldorf und Köln thätig, widmete sich später in Münster als Stabschirurg bei einem Kavallerie-Regiment besonders der Tierheilkunde, bereiste zum Studium der Rinderpest 1777 auf Staatskosten das nördl. Deutschland und wurde 1779 ordentl. Professor der Tierheilkunde in Münster, wo er 23. Nov. 1831 starb. Er hat 1778 „Auch noch ein Hebammen-Katechismus aus einer gefundenen Handschrift“ in Rothenburg an der Fulda erscheinen lassen, schrieb mehrfach über Hundswut und eine ganze Reihe tierärztlicher Schriften.

Dr. Bernhard Guerard, Stabschirurg, Garnisonsmedikus und Medizinalrat, geboren 1734 zu Pont-à-Mousson, hatte in Strassburg studiert und war Wundarzt im französischen Heere gewesen und Mitglied der chirurgischen Akademie zu Paris und des Colleg. Medicum in Mainz geworden. Auf seine Veranlassung errichtete der verdiente Statthalter Graf von Goltstein († 1774) die Düsseldorfer Hebammenschule (s. unten), deren Direktor Guerard wurde. Er schrieb „Anfangsgründe der Geburtshülfe, zum Gebrauche seiner Vorlesungen“ (Düsseldorf, Zehnpfennig 1775 12 Bll. + 300 SS. 8°; neue Auflage 1781) grossentheils nach Professor G. A. Frieds in Strassburg Lehrbuch gearbeitet. Am 11. Mai 1778 nahm er nach Sigaults Vorgange bei engem Becken die Symphysiotomie vor und beschrieb dieselbe in einem „Exposé du cas pour lequel la Section de la Simphyse fut fait à Düsseldorf“ (Stahl, 1778, 8° Bll. + 61 SS. 8°, das auch ins Deutsche übersetzt wurde: „Umständliche Nachricht des Zufalls“ u. s. w. Auch Brinkmann, der mit Stadt- und Garnisonsphysikus Philippi, Regimentsfeldscherer Nägele und dem Repetenten der Geburtshülfe Strein Augenzeuge der Operation gewesen war, hatte eine kleine Schrift darüber veröffentlicht (s. o.). Von Wundarzt Lukas Boogers wurde Guerard darob angegriffen, worauf er 1781 mit einer eingehenden „Untersuchung und Lehre über den Durchschnitt der Schaambeine“ (Münster, Perrenon 175 SS. 8°) antwortete. Er hat auch noch einen „Vorschlag rechtschaffene Wundärzte zu verschaffen“ (Düsseldorf 1779, 4°) geschrieben, ist aber schon am 13. Oktober 1782 gestorben. Sein Sohn Karl Guerard, geboren 17. März 1765 in Düsseldorf, studierte in Göttingen, Paris, Bonn und erwarb in Duisburg 1784 den Doktortitel (De hydrope), liess sich [p. 54*] in Elberfeld als Arzt nieder, war vorübergehend auch in Düsseldorf als Physikus (1794), dann wieder in Elberfeld seit 1795 ärztlich thätig. Er schrieb „Wöchentliche Unterhaltungen über Volks- und Thierheilkunde“ (1. Bd. Elberfeld 1798) und einen „Unterricht über die herrschende Rindviehseuche, den benachbarten Landbewohnern gewidmet“ (ib. 1797 und 1798). In Siebolds Journal Bd. X. schilderte er zwei Beobachtungen über kontagiöse Krankheiten des Fötus und ist am 30. Dezember 1828 als Medizinalrat gestorben. Im März 1794 kam Bernhard Josef Reyland als Medizinalrat nach Düsseldorf. Er war am 29. April 1766 in Jülich geboren, hatte in Düsseldorf, Köln, Bonn, Wien und Ingolstadt studiert und an letzterem Orte 1781 promoviert mit einer Dissertation „De inflammationibus latentibus“, welche er später erweitert deutsch erscheinen liess („Medizinisch-praktische Abhandlung von verborgenen und langwierigen Entzündungen“, Wien 1790, 8 Bll. + 221 SS. 8°). Er liess sich 1789 in Jülich nieder, wo man ihn in den Stadtrat wählte. 1794 gab er in Lemgo ein „Handbuch zur Erhaltung und Wiedererlangung der Gesundheit“ heraus und 1795 zu Düsseldorf bei Schreiner die populäre Schrift „Über den Nutzen der Pocken-Inokulation im Vergleich des Schadens der natürlichen Pocken, Eltern und Menschenfreunden zur Beherzigung“ (223 SS. 8°), des weiteren „Generalia medico-practica prima in morbos chronicos in usum medicorum neopracticorum“ (Düsseldorf 1795 8°) und „Gemeinnützige Bemerkungen und Aufsätze über einige Gegenstände der medizinischen Polizey“, Düsseldorf 1796 8°. Er wurde Stabs- und Garnisonsmedikus und Hofrat, hielt später Vorlesungen über Krankenpflege und wurde 1815 mit Josef Naegele Dirigent des Lazaretts für die Verwundeten von Belle-Alliance.

Auch in Elberfeld wirkte in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts eine Reihe namhafter Ärzte. Ausser dem oben S. 44 genannten Theodor Gerhard Timmermann nennen wir zunächst den Doktor Johann Simon Gottl. Dinkler, einen vielseitig gebildeten Mann, wie dic Themata seiner Vorträge in der dortigen Lesegesellschaft beweisen (s. oben S. 10 und Ztschr. d. berg. G.-V. I, 60). Als er im Mai 1791 sein 50jähriges Doktorjubiläum feierte, gab Dr. Karl Wilhelm Nose als Festschrift eine Rede „Von der Geduld besonders des Arztes am Krankenbette“ heraus (48 SS. 8°). Nose war zu Braunschweig 1753 geboren, hatte seit 1774 in Helmstädt, Strassburg und Wien studiert (1777 Dr. med.) und später in Augsburg praktiziert. Wir finden ihn schon 1781 in Elberfeld, wo er sich hauptsächlich wissenschaftlichen Arbeiten, besonders geologischen und mineralogischen (s. o.), widmete und Vorträge hielt. Er zog später nach Köln, wo er am 22. Juni 1835 starb. Von seinen zahlreichen Arbeiten seien nur folgende genannt: „Über die Behandlung des venerischen Übels“, Augsburg 1780; „Abhandlung über die Gonorrhö ib. 1781; „Über Brechmittel in hitzigen Krankheiten“ ib. 1781 und „Der Werth der [p. 55*] Anstalten gegen das Blatternübel“, Frankfurt a. M. 1800. Der Physikus Dr. Cramer war schon 1775 in Elberfeld und schrieb in Hufelands Journal „Über die Inflatio ventriculi“ (1798). Dr. Weyershaus ist uns nur durch seine Vorlesungen in der „Lesegesellschaft“ bekannt geworden (1785). Auch ein Dr. Ludw. Leidenfrost, Sohn des Duisburger Professors, war Arzt in Elberfeld. Im Jahre 1772 liess sich dort nieder der bekannte Schriftsteller und Augenarzt Johann Heinrich Jung gen. Stilling (geb. am 12. Sept. 1740 im Dorfe Grund im Nassauischen), zuerst Schneider, dann Hauslehrer, endlich stud. med. in Strassburg, wo er mit Goethe und Herder bekannt und befreundet wurde. Trotzdem er sich durch seine glücklichen Staaroperationen nach der Extractionsmethode einen berechtigten Ruf weithin verschaffte, ging es ihm doch kümmerlich in Elberfeld, wohin er sich solange gesehnt hatte, sodass er es 1778 schon wieder verliess. Seine weiteren Schicksale als Kameralist in Lautern, Marburg, Heidelberg und zuletzt als vortragender Rat in Karlsruhe gehen über den Rahmen dieser Skizze hinaus; er starb am 2. April 1817. Staaroperationen hat er auch, nachdem er Elberfeld verlassen hatte, noch mit Glück ausgeführt. Seine „sämmtlichen Werke“, worunter die Herausgeber aber nur die „religiösen“ begriffen wissen wollen, sind in 13 Bänden und einem Ergänzungsband 1835—1838 in Stuttgart erschienen. Als medizinische Schriften sind zu nennen: „Günstige Erfolge mit dem Daviel’schen Verfahren der Cataract-Extraction“, Frankfurt 1775 und „Methode den grauen Staar auszuziehen und zu heilen“, Marburg 1791 (134 SS. kl. 8°) mit 4 Tafeln. Diese beachtenswerten Arbeiten sind nicht ohne Verdienst und werden in der Geschichte der Ophthalmiatrie allzeit mit Ehren genannt werden. - Heinrich Wilh. Theod. Pottgiesser, geb. 21. Aug. 1766 in Vörde bei Schwelm, studierte in Halle und Duisburg, wurde 1787 Dr. med. (De signis ex sputis) und übersetzte Prof. Daniel Erhard Günthers „Kurzen Entwurf der anatomischen Nervenlehre“ aus dem Lateinischen, Düsseldorf bei Dänzer 1789 (176 SS. 8°) mit einigen Zusätzen Günthers. Er hat mediz. Artikel in der Westfäl. Zeitung, astronomische in Bodes astronom. Jahrbuch und musikalische in der allg. mus. Zeitung geschrieben und ist 1829 gestorben. Josef Stephan Anton Diemel, der Begründer der Elberfelder Hardtanlagen, geb. Ende 1763 in Soest, war Wundarzt in Elberfeld und bekannter Botaniker, 1817 Ehrendoktor der Philosophie von Heidelberg; er starb am 31. März 1821. Als Elberfelder Wundärzte sind gleichzeitig zu nennen Lucas und der Stadtaccoucheur Willig, welcher 1787 durch einen Kaiserschnitt lokale Berühmtheit erlangte. Ein Chirurgensohn aus Gemarke (Mittel-Barmen) war Georg Wilhelm Grollmann, der zu Frankfurt a. d. Oder doktorierte (De putredine signo mortis minus certo 1794), sich 1795 in Elberfeld niederliess, aber schon am 12. Februar 1802 im 34. Lebensjahre [p. 56*] starb. Auch das benachbarte Barmen hatte damals Ärzte von Ruf. Gerhard Wilhelm von Eicken aus Langenberg war zuerst Kaufmann, besuchte dann das Gymnasium in Mörs und studierte 1787—1789 in Göttingen und Jena. Er wurde 1790 Arzt in Mannheim und 1796 Hofrat und soll in Düsseldorf, Gemarke, Solingen, Haan und seit 1804 in Mülheim a. Rhein praktiziert haben. Vielleicht beruhen diese Angaben aber z. T. auf einer Verwechselung mit Johann Wilh. von Eicken, gleichfalls aus Langenberg, der 27. Dezbr. 1809 in Solingen 49 Jahre alt starb. Jedenfalls ist die Vorrede des 1. Bandes seiner „Sammlung interessanter Aufsätze und Beobachtungen für praktische Ärzte und Wundärzte“ aus Elberfeld im März 1797 datirt (Elberf. 4 Bll + 418 S. + Bl.). eigenen Arbeiten von Eickens hierin beschäftigen sich mit „Darminfarkten“ und „Wurmreiz“ und deren Allgemeinerscheinungen; freimütige Briefe über das Brownisch-Weickard’sche System sind ohne Autornennung beigefügt. Schon in Mannheim hat er ein „Neues medizinisches Archiv für Leser aller Stände“ in drei Stücken herausgegeben (1793, 1794 1798), später „Gedächtnissblätter. Enthaltend Nachricht von dem Leben und Charakter verdienter Ärzte und Naturforscher“ (1797) und „Grundlinien zur Kenntniss der wichtigsten Krankheiten des Menschen ... für angehende Ärzte“ (1797). Er übersetzte das „diätetische Tagebuch für Gelehrte“ des le Camus (1797) und „Der Mensch physisch und moralisch betrachtet“ des Ambrosius Ganne (1796). — Samuel Collenbusch, geboren in (Barmen-) Wichlinghausen 24. Sept. 1724, war lange Jahre ausübender Arzt in Barmen und starb, nachdem er 10 Jahre blind gewesen, am 1. Sept. 1803. Die Bibelstunden waren von Jugend auf seine Hauptbeschäftigung; bekannt ist seine mehrfach aufgelegte „Erklärung biblischer Wahrheit“ in 8 Heften (Elberfeld 1807). Medizinisch hat er nur „Erfahrungen über den Nutzen und Schaden des Schwelmer Gesundbrunnens“, Hagen, Voigt 1791 (47 SS. 8°) veröffentlicht, die „Dahle im Juni 1791“ datirt sind. Sein Namensvetter Daniel Collenbusch ist am 19. Sept. 1759 in Duisburg geboren, wurde 1789 zu Jena Dr. med., dann prakt. Arzt in Eisenberg, 1803 Physikus von Stadt und Amt Kahla in Sachsen-Altenburg (auch Arzt an dem Irren- und Zuchthaus Leuchtenberg), und ist dort am 14. April 1841 als Geh. Hofrat gestorben. Er gab 1794 und 1797 „Merkwürdige Abhandlungen holländischer Ärzte“, teils ganz, teils auszugsweise übersetzt heraus und schrieb zahlreiche treffliche medizinische Volksbücher, so den „Aufrichtigen Volksarzt“ (2 Tle. Eisenberg 1796 und 98), die „Mildheimische Gesundheitslehre“ (3 Tle. Gotha 1799—1802), arbeitete Hufelands Makrobiotik „für den Bürger und Landmann“ um (Altenburg 1801) und gab populäre medizinische Zeitschriften heraus. Ferdinand Anton Bernhard Heuser, geb. im Jülich’schen, studierte und [p. 57*] promovierte in Heidelberg (De aeris nimis calidi et aestuantis in corpus human. effectibus 1791) und wurde prakt. Arzt in Gemarke.

Christian Rudolf Hannes, geb. am 26. Mai 1734 zu Wesel, studierte in Duisburg, Halle und Berlin, promovierte in Duisburg 1756 (Foetum in utero per os nutriri) und liess sich danach in seiner Vaterstadt nieder, wo er 1763 Stadt- und Landphysikus wurde und am 27./28. Januar 1789 starb. Er gab heraus: „Beweis, dass man von der Mittagsbewegung keine allgemeine Regel geben könne“, Wesel 1758, 4°; „De puero epileptico foliis aurantiorum recentibus servato“, Vesal et Lipsiae 1766, 8° (Roeder); „Die Unschuld des Obstes in Erzeugung der Ruhr“, Wesel 1766, 8°, „Briefe an Baldinger über das Friesel“, Wesel und Leipzig 1768, 8°; „De insitione variolarum in urbe patria Vesaliensi“, ib. 1772, 8° und verschiedene Journalartikel. Joh. Jakob Moujé, gleichfalls zu Wesel geboren, wurde Dr. med. in Leyden 1785 (De animi pathematibus). Heinrich Christian August Osthoff wurde ebenfalls in Wesel geboren (1772), studierte und promovierte in Duisburg (De morbo maculoso haemorrhagico) 1798 und war Arzt in Vlotho an der Weser und Bassum bei Bremen und seit 1809 Landphysikus im westphäl. Weserdepartement. Er hat eine ganze Reihe von Schriften verfasst (siehe bei Enslin und Callisen).

Karl Anton Kortum, der Dichter der „Jobsiade“ und auch sonst als Dichter und Schriftsteller bekannt, ist am 5. Juli 1745 als Sohn eines Apothekers in Mülheim a. d. Ruhr geboren, studierte seit 1763 in Duisburg, wo er 1765 promovierte. Er liess sich dann in seiner Vaterstadt nieder, zog aber schon 1770 nach Bochum, wo er nach mehr als einem halben Jahrhundert praktischer (Bergarzt seit 1792) und schriftstellerischer Thätigkeit am 15. August 1824 (als Kgl. Hofrat) weit und breit berühmt und verehrt gestorben ist. Ein vollständiges Bild seiner vielseitigen schriftstellerischen Thätigkeit gibt die mit der 70. Naturforscherversammlung verbundene niederrheinische historisch-medizinische Ausstellung, deren Katalog im Folgenden vielfach unsere im Raum sehr beschränkten Ausführungen ergänzen muss. Seine meisten medizinischen Schriften sind populärer Natur und fast alle in Duisburg erschienen; genannt sei hier noch besonders seine „Skizze einer Zeit- und Literaturgeschichte der Arzneikunst“ Unna 1809 und 1819. Ueber seine „hermet. Gesellschaft“ siehe unter Chemie. Auch sein Verwandter Karl Georg Theodor Kortum war gleichfalls Apothekerssohn. Geboren in Dortmund am 29. Mai 1765, promovierte er 1785 in Göttingen, praktizierte zuerst in seiner Geburtsstadt und wurde 1790 Physikus in Stollberg im Jülich’schen, wo er am 9. Februar 1847 gestorben ist. Zahlreich sind auch seine schriftstellerischen Arbeiten, davon die wichtigsten: die zuerst lateinisch, später deutsch erschienene, von Paris preisgekrönte Arbeit über die Skrofeln 2 Bde. (1789 90 und 1793), die „Medizinisch-praktische Bibliothek“ 3 Bde. (1789 1791), das „Handbuch der Augen- [p. 58*] krankheiten“ 2 Bde. (1791—1794), die „Beiträge zur praktischen Arzneiwissenschaft“ (1796) und seine Schrift über die Bäder von Aachen und Burtscheid 1798 und 1818. (Ueber beide Kortum verweise ich besonders auf die „Allg. deutsche Biographie“, in welcher unsere Niederrheinischen vielleicht etwas zahlreicher vertreten sein könnten.)

Als einer der bedeutendsten damaligen Ärzte am Niederrhein ist trotz allem Johann Gottfried Rademacher zu nennen, geboren am 4. August 1772 zu Hamm. Er studierte in Jena und Berlin, promovierte 18. April 1794 in Jena (Utrum differat rheumatismus ab arthritide), liess sich 1796 in Kleve nieder und siedelte schon am 19. April 1797 nach Goch über, wo er bis zu seinem Tode am 9. Februar 1850 als pflichttreuer Arzt wirkte. Er schrieb eine Reihe von Abhandlungen in Hufelands Journal und Loders Journal für Chirurgie und gab heraus: „Beschreibung einer neuen Heilart der Nervenfieber“, Berlin 1803 (noch in Brown’schen Geleisen); „Briefe für Ärzte und Nichtärzte über die Aftermedizin und deren Nothwendigkeit im Staate“, Köln 1804 (gut beobachtet und gut geschrieben); „Libellus de dysenteria“, Köln 1806 8° und endlich: „Rechtfertigung der von den Gelehrten misskannten verstandesrechten Erfahrungsheillehre der alten scheidekünstigen Geheimärzte und treue Mitteilung des Ergebnisses einer 25jährigen Erprobung dieser Lehre am Krankenbette“, 2 Bde., Berlin 1841, 1846, 1847, 1849. Aus dem Studium des Paracelsus und anderer Iatrochemiker und eigener Beobachtung war ihm ein System der Behandlung mit „Universalmitteln“ und „Organmitteln“ (und deren Indikation nach einer ganz eigenthümlichen Art von epidemischer Konstitution) verwachsen, das, durchaus nicht dem Paracelsus entlehnt, viel Anhänger gefunden hat und auch heute noch einige spärliche Vertreter besitzt. Mag man auch über seine Schrullen lächeln, so wird doch jeder, der das Buch ernsthaft vorgenommen hat, ihm die Anerkennung nicht versagen können, dass man es hier mit einem durchaus tüchtigen Manne von Geist und Herz zu thun hat, aber auch mit einem scharfen gut beobachtenden Verstande, dem man mit Genuss zuhört, auch wenn man anderer Ansicht ist. Sein Nachfolger in Goch Bergrath hat ihm eine pietätvolle kleine biographische Skizze gewidmet, Berlin 1850. — Ein guter Beobachter war Dr. Joh. Christ. Jonas, geboren in Kleve nach 1760, prakt. Arzt in Krefeld und seit 1790 Amtsphysikus zu Montjoie im Jülich’schen, wie seine Arbeiten in Zeitschriften über Erkrankungen der Tucharbeiter, Kotverhärtungen u. s. w., beweisen. Josef Ferdinand Michels, Arzt in Jülich, schrieb über die Nutzbarkeit des Aachener Mineralwassers, Köln 1785. In Nideggen im Jülich’schen ist auch am 17. April 1761 der Würzburger Professor der Chirurgie Hermann Josef Brünninghausen geboren, bekannt durch seine Verbesserungen der Geburtszange (1802) und zahlreiche chirurgische Schriften aus den Jahren 1789—1818. [p. 59*] Er ist am 7. Februar 1834 gestorben. Johann Georg Mögling aus Düren wurde 1781 in Duisburg Dr. med. (De noxis quae ex mala administratione rei publicae in sanitatem et vitam incolarum redundant) und praktischer Arzt in seiner Vaterstadt. Im selben Jahre promovierte in Duisburg Joh. Wilh. Lauterbach aus Gruiten, der sich in Mettmann niederliess. Joh. Wilhelm Arnold Frowein war zuerst Arzt in Stolberg, dann in Haan und später an den preussischen Lazaretten in Köln thätig. Er schrieb; „Versuch, was sind Fieber“ 2 Tle. Elberfeld 1805, Hamm 1806. 8°; „Beweis des absoluten Lebens, des Daseins und der Unsterblichkeit“ Köln 1805, 8°.

Joh. Wynand Theod. Zanders, geboren in Solingen, wo sein Vater Joh. Friedr. Theodor Zanders aus Düsseldorf gebürtig (1737), Arzt und Physikus war (1770—1807), praktizierte in seiner Heimatstadt und schrieb „Rhapsodien physiologischen Inhalts“ in Röschlaubs Magazin (Bd. 8) und „Beiträge zur Geschichte der Thiermetamorphosen“ Köln 1807, 8°. Er starb 29. Januar 1819.

Wilhelm Kruse, Amtmannssohn aus Wevelinghoven, praktizierte gleichfalls in Solingen und schrieb in Hufelands Journal. Weitere Solinger Ärzte aus jener Zeit sind Johann Zwicky (1769) und Joh. Clemens Dinger (1775). Als Solinger Wundärzte in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts wären zu nennen: Johann Gisbert Kramp aus Düsseldorf (1707—5. I. 1756), Christoph Gottschalk († 1790), Johann Fries zu Heesten († 1777), Guilleaume, Clemens, Anton und Johann Nicolai, Johann Matthias Willig († 1794), Joh. Wilh. Jacobs († 1794), Johann Christian Finzinger aus der Schweiz († 1789), Andreas Johann Kayser aus Haan (seit 1792), Wilhelm und Samuel Willig (beide seit 1795), Tillmann Haas (seit 1797) und Jos. Wilh. Joisten aus Düsseldorf (seit 1798). Zu Löhdorf, Amt Solingen, wirkte als Wundarzt J. H. Scheller, der an den Ritter v. Zimmermann Fridericianischen Angedenkens ein Sendschreiben richtete: „Über den vorteilhaften Einfluss einer gemässigten und gut geordneten Ausübung der Wissenschaft auf die Beförderung unserer Gesundheit“, Stendal 1793, 8°. Dr. Franz Josef Brunner, seit 1889 Physikus der bergischen Ämter Blankenberg und Beyenburg, schrieb „Vorschläge einer zweckmässigen Heilart der Kopfverletzungen“, Düsseldorf 1806, 232 SS. 8°. Peter Friedrich Weyland, geboren zu Meinertshagen im Märkischen, wurde 1797 Dr. med. in Duisburg (De curatione gangliorum), Arzt in Honrath im Oberbergischen und später Physikus in Siegburg. Johann Jakob Günther, geboren in Neviges in den 70er Jahren des 18. Jahrhunderts, anfangs Schullehrer in Solingen, studierte Cameralia in Marburg, dann Theologie in Duisburg, wurde Vikar in Oberkassel bei Bonn, ergriff dann das Studium der Medizin in Bonn und Marburg (1801 Dr. med.), wurde Arzt in Oberkassel, Physikus in Deutz (wo ihn Goethe besuchte), Kreisphysikus in Köln und Nassauischer Medizinalrat. Am 13. Juli 1862 ist er „lebensmüde [p. 60*] und mit sich und der Welt zerfallen“ gestorben, einer der fruchtbarsten und vielseitigsten medizinischen Schriftsteller, aber hier nicht weiter zu besprechen, da er nach dem Jahre 1800 promoviert ist, welches Jahr ich des schon zu sehr in Anspruch genommenen Raumes halber mir als Grenze gesetzt habe. Sein Bruder Karl Günther, gleichfalls aus Neviges gebürtig, war Chirurg in der Napoleonischen Armee und später zu Montjoie; er schrieb „Etwas zur richtigen Würdigung der Schmucker’schen Fomentationen und der übrigen bisherigen Verfahrungsarten bei Kopfverletzungen“, Frankfurt a. M. 1805, 28 SS. 8°. Georg Christian Theophil Wedekind, geb. 8. Januar 1761 zu Göttingen als Sohn eines Professors der Philosophie daselbst, wurde dort 1780 Dr. med., war in den 80er Jahren vorübergehend Arzt und Physikus zu Mülheim am Rhein. Auf sein wechselreiches und mit reicher schriftstellerischer Thätigkeit gesegnetes Leben, das sich meist in Mainz bei der französischen Armee und am Darmstädter Hofe abspielte, kann hier nicht näher eingegangen werden; alles Nähere ist im „Biogr. Lexikon der Ärzte“ von Gurlt mitgeteilt (VI. 216 f). Ich breche hier ab, indem ich noch kurz erwähne den Dr. med. C. W. Scholten, geb. zu Mörs, der 1768—1779 allerlei Nichtmedizinisches geschrieben hat, und den Dr. L. Castringius in Schwelm, den Verfasser einer Schwelmer Brunnenschrift (1799).

Es ist eine lange Reihe tüchtiger Männer (leider gewiss nicht lückenlos), die an uns vorübergezogen ist; nicht wenige darunter hervorragend und im weiteren Deutschland gleichfalls berühmt geworden. Auch im 19. Jahrhundert hat es am Niederrhein an tüchtigen Aerzten nicht gefehlt, und mancher hätte eine eingehende Schilderung wohl verdient, so der grosse Gräfrather Augenarzt I. H. de Leuw (1792—1861), der Hofrath Joh. Heinr. Bongard in Erkrath (1779—1857), denen man im Bergischen Lande noch ein treues Andenken bewahrt; der Düsseldorfer Max Jacobi (1775—1858), der Sohn des Philosophen Goethi’schen Angedenkens und grosse rheinische Irrenarzt (s. u.) und der Psychiater Friedrich Bird aus Wesel (1793—1851 s. u.), der Düsseldorfer Künstleranatom Josef Neunzig (geb. 1797), die beiden Ebermeier, Heinrich Gerhardy, der Düsselthaler pietistische Sonderling Ernst Josef Gustav de Valenti, der geniale Martin Wilhelm von Mandt (1800—1858), die Brüder Friedrich Emil und Adolf Sander aus Wichlinghausen, Pagenstecher Vater (Heinrich Karl Alexander 1799—1869) und Sohn (Karl 1824— 1865) in Elberfeld, unser unvergesslicher Eduard Graf und die wahrhaft grossen Theodor Schwann aus Neuss (1810—1882), der Begründer der tierischen Zellenlehre, und Bernhard Gudden (1824—1886) aus Kleve, der grosse Hirnanatom tragischsten Endes. Ihnen allen und vielen andern bewahrt ihr engeres [p. 61*] Vaterland ein treues Gedächtnis und zählt sie mit Stolz zu seinen Söhnen. So weit es uns möglich war, — und wir haben uns keine Mühe verdriessen lassen und auch recht vielfach freudiges und rührendes Entgegenkommen gefunden — haben wir allen Söhnen Jülich - Kleve - Bergischen Landes, die auf ärztlichem oder naturwissenschaftlichem Gebiete irgend hervorragend gewirkt haben, in einer besonderen Abteilung der historischen Ausstellung auf der diesjährigen Naturforscher- und Ärzteversammlung in Schriften und Bildnissen und sonstigen Erinnerungen ein pietätvolles Denkmal zu errichten gesucht. Dieser Teil der Ausstellung und sein Katalog wird allen Abteilungen der Festschrift als Illustration und willkommene Ergänzung dienen.

Quellen:

Benutzt sind ausser den bekannten Lehrbüchern und Handbüchern der Geschichte der Medizin von Sprengel, Isensee, Häser u. s. w. die Bibliotheca von Gesner-Simler-Fries, Tiguri 1583; die Bibliotheca medica v. Paschalis Gallus, Basil. 1590; Melch. Adam, Vitae german. medicorum Heidelb. 1620 und Francof. 1706; Paul Freher, Theatrum, Norimberg. 1688; F. A. Mercklin Lindenius renovatus, Norimb. 1686; J. Fr. Reimmann, Einl. in d. hist. liter. derer Teutschen Halle i. M. 1713; Chr. W. Kestner, mediz. Gelehrten Lexicon, Jena 1740; Chr. G. Jöcher, Allg. Gel. Lexicon, Leipzig 1750—51; Jos. Hartzheim, Biblioth. Coloniensis, Colon 1747; Eloy, Dictionnaire historique, Liége et Francf. 1755, Mons 1778; A. Haller, Biblioth. Chirugica, Basil. et Bernae 1774—75, Bibl. med. pract. ib. 1776—1788; St. H. de Vigiliis von Creutzenfeld, Bibl. chirurg. Vindab. 1781 4°; Biographie médicale, Paris 1820—1825; Biograph. Sk. Bremischer Ärzte, Bremen 1844; Bayle et Thillaye, Biogr. médicale, 1855; Allg. deutsche Biographie Leipzig 1875— 1898; Biogr. Lexikon der hervorr. Ärzte, Wien und Leipzig 1884—1888; J. K. Proksch, Gesch. der vener. Krankheit, Bonn 1895; B. Schönneshöfer, Gesch. d. Berg. Landes, Elberfeld 1895; und die gleichfalls auf gedrucktem Material beruhende Beckhaus’sche Collectaneen-Sammlung auf der Landesbibliothek in Düsseldorf.